Lebenslauf:
AUSBILDUNG UND BERUFLICHER WERDEGANG
Moll wurde als Sohn eines Lehrers an der Übungsvolksschule des Lehrerseminars (Lehrerbildungsanstalt) Bozen geboren und besuchte auch diese Volksschule. Danach absolvierte er in Bozen das renommierte Franziskaner-Gymnasium, wo er 1891 maturierte. Anschließend begann er das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1896), wo er der Carolina beitrat (Couleurname Wolfram), Im Studienjahr 1893/94 war er zweimal deren Senior. Einer seiner Leibfüchse war der spätere deutsche Zentrumspolitiker Prälat Karl Ulitzka (Cl). Er wurde zwar als Einjährig-Freiwilliger dem 2. Regiment der Tiroler Kaiserjäger zugeteilt, jedoch wegen des Studiums nicht eingezogen.
Von März bis Dezember 1896 war Moll Rechtspraktikant am Bezirksgericht Bozen. Danach begann er eine Richterlaufbahn und war am Bezirksgericht Meran eingesetzt, Im Oktober 1907 wechselte er zur Staatsanwaltschaft Innsbruck und war zuerst Staatsanwaltssubstitut. Im November 1911 erfolgte seine Ernennung zum Staatsanwalt und im Juli 1919 zum Leitenden Staatsanwalt. Während des Ersten Weltkriegs wurde er nicht eingezogen. Nachdem er bereits im April zum Hofrat ernannt wurde, erfolgte am 5. Oktober 1925 die Ernennung zum Oberstaatsanwalt.
Mit 31. Juli 1935 wurde Moll zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck für Tirol, Vorarlberg und Salzburg ernannt. In der Folge wurde er noch 1935 zum Präsidenten des Gefällsgerichts Innsbruck berufen. Obwohl er 1937 die Altersgrenze für die Pensionierung erreicht hatte, verblieb er auf Wunsch des Justizministeriums in dieser Funktion. Nach dem Anschluß wurde er schließlich mit 25. März 1938 pensioniert.
MOLLS ROLLE IN DER FRÜHZEIT DER CAROLINA
Moll war ab Herbst 1893 Senior der Carolina. In dieser Zeit begannen die Auseinandersetzungen zwischen dieser und den Schlagenden. Am Samstagbummel des 28. Oktober 1893 fielen mehrere hundert Studenten auf ca. 20 Carolinen her und hieben mit Fäusten und Stöcken auf sie ein. Die Polizei erwies sich als machtlos. Als ein Schlagender einen Hieb bekommen hatte, verklagte er den damaligen Fuchsen Friedrich Funder (Cl), der aber aufgrund der Zeugenaussage von Prof. Franz Seraph Gutjahr (Cl EM) freigesprochen wurde. Für Funder hätte eine Verurteilung die Relegation bedeutet. In der Historiographie der Carolina wurde behauptet, ein Schlagender hätte versehentlich einen eigenen Bundesgenossen getroffen.
Tatsächlich hat aber Moll (Cl) den betreffenden Hieb mit einem Schlagring durchgeführt. Weil seine Tat unbemerkt geblieben war, hat er geschwiegen und sie 1953 – 60 Jahre später – Funder in einem Brief gestanden, der sich in dessen Nachlaß im Staatsarchiv befindet. Moll hatte dort versichert, wäre Funder verurteilt worden, dann hätte er sich sofort gestellt. Damit wäre aber Molls spätere berufliche Karriere wohl nicht so verlaufen. Der Brief lautete
„[…] Du standest einmal vor dem Grazer Bezirksgerichte unter der Anklage der Übertretung nach § 411 StG [vorsätzliche und die bei Raufhändeln vorkommenden körperlichen Beschädigung, Anm. d. Verf.], weil Du beschuldigt wurdest, bei einer Keilerei vor der alten Universität einem Gegner ein Loch in den Schädel geschlagen zu haben. Du warst unschuldig. Unrichtig ist aber auch die Behauptung in der Carolinengeschichte, daß einer unserer Gegner dem anderen das Loch geschlagen habe und eine aberratio ictus vorliege.
Richtig ist vielmehr, daß ich der Täter war. Ich stack [sic!] arg in der Keilerei, und meine Mütze war mir bereits geraubt worden. Das machte mich wild. Ich nahm meinen vierfingrigen Aluminiumschlagring, den ich Graz stets bei mir führte, u. versetzte dem wildesten, großkopferten Gegner von mir einen damit kräftigen Hieb, daß ihm gleich viel Blut vom Schädel rann. Darob gleich großes Geschrei u. Einschreiten der Polizei. […] Als Du dann fälschlicherweise als Missetäter bezeichnet wurdest und eine Verhandlung beim Gericht durchgeführt wurde, war ich in Angst, denn im Falle Deines Schuldspruches hätte ich mich natürlich als Täter melden müssen. […] Meine Missetat, dieweil in Notwehr überhaupt straflos, ist abgesehen davon vielfach verjährt u. amnestiert.“
In dem Brief schildert Moll noch eine andere „Tat“. Er und ein Caroline gingen um Mitternacht über eine Murbrücke nach Hause und gerieten mit zwei Angehörigen der Burschenschaft Stiria in eine Rauferei. Moll erhielt daraufhin 18 Stunden Polizeiarrest. Gegen Ende seines Studiums verpaßte er jemanden eine kräftige Ohrfeige, als dieser über zwei vor ihm gehenden Carolinen abfällige Bemerkung machte. Er erhielt eine Geldstrafe, gab aber einen falschen Namen und eine falsche Adresse an, so daß er die nicht bezahlt hatte.
Fast genau 60 Jahre nach der Tat hat Moll den genauen Hergang vom Herbst 1893 Funder gestanden. Es ist davon auszugehen, daß Moll die falsche Darstellung dieser Begebenheit in der Carolinengeschichte von 1928) gelesen hat. Er hat aber weiter geschwiegen, um seine Stellung als inzwischen Oberstaatsanwalt nicht zu gefährden. Funder hat nach Erhalt dieses Briefes auch nichts unternommen, um den tatsächlichen Hergang bekannt zu machen, denn dann wäre ja die Carolinengeschichte von 1963 in einem so bedeutenden Punkt korrigiert worden. Zufällig wurde dieser Brief vom Archivar der Norcia, Georg Schmitz (Nc), entdeckt.
Aus dem Brief gehen jedoch noch andere Umstände hervor. Moll führte offenbar in Graz immer einen Schlagring bei sich. Das läßt den Schluß zu, daß dort zu dieser Zeit der „Holzkomment“ bereits derartige Ausmaße angenommen hat, daß die Mitführung eines solchen schon unter dem Aspekt der Notwehr geboten schien. Sein Verhalten bei den beiden anderen Vorfällen zeigt aber auch, daß die Carolinen nicht immer „unschuldig“ waren und zumindest gelegentlich in die Offensive gegangen sind.
Moll war 1927 bei der Gründung der Rheno-Danubia beteiligt und gilt als deren Stifter. Er starb während eines längeren Aufenthalts in seinem geliebten Südtirol und wurde auf dem Stadtfriedhof Meran (III/15) begraben.
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Carolina. Carolinas Tote VII, 201–219.Kriss, Simon–Zathammer, Stefan: Austriae mortuis I. Die Verstorbenen Austrier der Rezeptionsjahrgänge von 1864–1910. Innsbruck 2024, 417f. und 537.
Hartmann, Gerhard (Baj)–Simmerstatter, Markus (Cl): Ein großes Gehen Hand in Hand. 125 Jahre Carolina. 1888 bis 2013. Hg. von der K. Ö. H. V. Carolina und dem Altherrenverband Carolina Graz 2013, 27–29.