Lebenslauf:
Lehner wurde als ältester Sohn eines Großbauern (Schreinergut) geboren, jedoch galt im oberösterreichischen Zentralraum das Jüngsten-Erbrecht. Den älteren Kindern wurde dafür eine entsprechende Ausbildung ermöglicht. Nach der Volksschule wurde daher Lehner ab 1936 auf das bischöfliche Gymnasium Petrinum in Linz geschickt, wechselte aber nach dem Anschluß 1938 auf das staatliche Gymnasium, wo er 1943 die „Kriegsmatura“ ablegte. Danach wurde er zu Kriegsmarine eingezogen und auf einem Torpedoboot vor der Atlantikküste eingesetzt.
Nachdem sein Boot versenkt und Lehner gerettet wurde, konnte er an der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen ein Semester Medizin studieren, bevor er wieder zur Marine mußte und 1945 in Dänemark in britische Gefangenschaft geriet, aus der (in Ostfriesland) er im Februar 1946 fliehen konnte. Im Oktober 1946 setzte er sein Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck fort (Dr. med. 1952), wo er der KV-Vebindung Tirolia beitrat.
Nach seiner Promotion war Lehner Sekundararzt in Linz. 1954 heiratete er die Erbin eines Gutshofes in Breitbrunn bei Hörsching und entschied sich, diesen für seine Frau zu bewirtschaften. Nicht zuletzt aufgrund seiner akademischen Bildung und seiner Sprachkenntnisse sowie durch das Vorbild seines Vaters engagierte er sich rasch im bäuerlichen Genossenschaftswesen und in der landwirtschaftlichen Interessensvertretung, so daß er am 11. März 1966 gerade mit 40 Jahren zum Präsidenten der oberösterreichischen Landwirtschaftskammer gewählt wurde.
Nach der Wahlniederlage der ÖVP im Jahr 1970 wurde Lehner am 14. Mai 1970 zum Vorsitzenden der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern gewählt. Damit gehörte er zur Spitzen-Quadriga der österreichischen Sozialpartnerschaft. Im Gegensatz zu den Wirtschaftkammern gibt es bei den Landwirtschaftskammern keine Bundeskammer, sondern lediglich einen Dachverband. Angesichts der damaligen SPÖ-Alleinregierung war es nicht leicht, die bäuerlichen Interessen zu vertreten. Hier wurde er vom fast zeigleich wie er gewählten Präsidenten des Österreichischen Bauernbundes, Roland Minkowitch (Pan EM), unterstützt.
Am 1. April 1978 wurde Lehner zum Obmann des oberösterreichischen Bauernbundes und am 24. November zum Vizepräsidenten des österreichischen Bauernbundes gewählt. Abgesehen von seinem Amt als Vizebürgermeister von Hörsching, das er von 1955 bis zu seinem Tod ausübte, bekleidete er ansonsten – eher ungewöhnlich für seine Stellung in der landwirtschaftlichen Interessensvertretung – kein politisches Amt bzw. Mandat.
Seit 1966 war Lehner Mitglied der Landesparteilung der ÖVP Oberösterreichs und ab 1978 Mitglied dessen Landesparteivorstandes. Seit 1970 war er auch Mitglied der ÖVP-Bundesparteilung. Alle die genannten Ämter bekleidete er bis zu seinem Tod.
„Im nachhinein betrachtet hat die österreichische Agrarpolitik in der Amtszeit Lehners europaweite Pionierleistungen zustande gebracht, die oftmals später auch zum Vorbild für ähnliche Regelungen in der EU wurden: der Bergbauernzuschuß, die Milchkontingentierung, die Flächengebundenheit in der Viehhaltung, der Ölsaatenanbau, der Einsieg in die erneuerbare Energie u. v. a. m.“ (Alfred Stockinger)
Durch sein Studium in Innsbruck und aufgrund des Umstands, daß in Oberösterreich maßgebliche Politiker der Alpinia angehörten, wie z. B. die Landeshauptleute Erwin Wenzl (AlIN) und Josef Ratzenböck (AlIn EM), kam Lehner in Kontakt zu dieser Verbindung, die ihm das Ehrenband verlieh.
Am Vorabend der Hochzeit eines seiner Söhne brach Lehner zusammen und starb durch Lungenembolie auf dem Transport ins Krankenhaus.
Quellen und Literatur:
Slapnicka, Harry: Oberösterreich. Die politische Führungsschicht ab 1945 (= Beiträge zur Zeitgeschichte Oberösterreichs). Linz 1989, S. 164f.Stockinger, Alfred: Hans Lehner, in: Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik. Hg. von Herbert Dachs, Peter Gerlich und Wolfgang C. Müller. Wien 1995, S. 381–390.