Lebenslauf:
Keßler wurde als Sohn des Hermann Keßler (R-B), Gemeindearzt im benachbarten Thüringen, sowie einer Apothekerin geboren. Nachdem die Familie 1927 nach Rankweil gezogen war, absolvierte er dort die Volksschule. Von 1935 bis 1938 besuchte er das Jesuitengymnasium Stella matutina in Feldkirch und danach die Oberschule (Gymnasium) in Feldkirch. Nach der Matura im März 1943 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und anschließend zur Deutschen Wehrmacht (Gebirgsjäger) eingezogen. Er war in Oberitalien und in Frankreich eingesetzt. Nach Ende des Krieges begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck (Dr. iur. 1949). Während dieser Zeit absolvierte er auch einen Abiturientenkurs.
Nach Beendigung des Studiums und des Gerichtsjahres 1949/50 (in Feldkirch und Bludenz) trat Keßler mit 1. April 1950 in den Dienst der Vorarlberger Landesregierung und war an der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch und in der Finanz- sowie Sozialabteilung eingesetzt. Er trat bereits Ende 1945 in die ÖVP bzw. den ÖAAB ein und engagierte sich zuerst auf kommunaler Ebene. Ende 1952 wurde er ÖVP-Ortsparteiobmann von Rankweil, wodurch er auch Mitglied der ÖVP-Landesparteileitung war. 1954 kandidierte er im Wahlkreis Feldkirch für die Wahlen zum Vorarlberger Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem nach Wiederwahlen ununterbrochen vom 26. November 1954 bis zum 10. Juli 1987 (Niederlegung) an.
Keßler wurde 1955 Mitglied des Gemeinderates von Rankweil, der ihn am 14. Dezember 1957 zum Bürgermeister wählte. Dieses Amt bekleidete er bis zum 31. Oktober 1964. Mit der Wahl zum Bürgermeister wurde er als Beamter dienstfreigestellt. In dieser Zeit profilierte er sich innerhalb der ÖVP Vorarlbergs, so daß er schließlich am 4. April 1964 zum Landesparteiobmann gewählt wurde, welches Amt er mehr als 22 Jahre bis zum 18. Oktober 1986 ausübte. Sein Nachfolger in dieser Funktion wurde der spätere Landeshauptmann Herbert Sausgruber (Le EM). Aufgrund dieser Funktion war er von 1964 bis 1980 Mitglied des Bundesparteivorstands der ÖVP.
Keßlers Funktion als Landesparteiobmann führte am 29. Oktober 1964 zu seiner Wahl zum Landeshauptmann von Vorarlberg. Dieses Amt bekleidete er bis zum 9. Juli 1987. Als Ressortleiter war er u. a. für Präsidialangelegenheiten, Kultur und Schule zuständig. Zusätzlich bekleidete er das Amt eines Präsidenten des Landesschulrates. Darüber hinaus war er u. a. von 1967 bis 1995 Aufsichtsratsvorsitzender der Vorarlberger Illwerke AG sowie auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Arlbergstraßentunnel AG.
Keßlers Amtszeit als Landeshauptmann begann mit den Auseinandersetzungen um die Namensgebung eines Bodenseeschiffes („Affäre Fußach“). Der SPÖ-Verkehrsminister Otto Probsr wollte dieses Karl Renner benennen. In Vorarlberg war man darüber empört. Als der Minister zur Schiffstaufe anreiste, wurde er von wütenden Demonstranten empfangen. Da für ihn die Situation bedrohlich wurde, reiste er ab (der „Probst von Fußach“). Das Schiff erhielt daraufhin den Namen „Vorarlberg“. Eine der Folgen dieser Affäre war, daß bei den Arbeiterkammerwahlen im Jahr 1969 der ÖAAB zulegen konnte. Mit Hilfe der FPÖ wurde Bertram Jäger (Le EM) zum Präsidenten gewählt. Es war das zum ersten Mal, daß kein Angehöriger der SPÖ in ein solches Amt kam. Vorarlberg war damals das einzige Bundesland, das keine proportionale Landesregierung nach der Parteienstärke kannte. Trotzdem war die SPÖ seit 1945 mit einem Landesrat vertreten. Nach den Landtagswahlen 1974, bei denen die ÖVP zulegen konnte, mußte die SPÖ die Landesregierung verlassen.
In Keßlers mehr als zwanzigjährigen Amtszeit hat sich Vorarlberg dynamisch entwickelt. Die Einwohnerzahl stieg von 240.000 auf 320.000, und die Zahl der Beschäftigten verdoppelte sich fast. Während seiner Landeshauptmannschaft wurde das Festspielhaus Bregenz, das Bildungszentrum Schloß Hofen in Lochau, die Landesbibliothek in Bregenz, das Landeskonservatorium in Feldkirch, das Landhaus in Bregenz sowie das Landeskrankenhaus in Feldkirch errichtet. Mit der Rheintalautobahn sowie dem Arlbergtunnel wurde die Verkehrsinfrastruktur Vorarlbergs entscheidend verbessert. Dank seines Einsatzes wurde 1968 das Generalvikariat Feldkirch zur Diözese erhoben. Erster Bischof wurde Bruno Wechner (AIn EM). Während Keßlers Amtszeit war Siegfried Gasser (AIn) Landesrat bzw. Landeshauptmannstellvertreter.
Keßler regierte umsichtig und unspektakulär aber auch bescheiden. Seine Amtsräume im Landhaus war im Vergleich zu denen in anderen Bundesländern relativ schlicht. Die Laudatio anläßlich der Verleihung des Bandes der Austria Innsbruck an ihn im Rahmen eines VCV-Festes hielt Karl Kohlegger (AIn). Keßler wurde auf dem St. Michael-Friedhof in Rankweil begraben.
Quellen und Literatur:
Austrier-Blätter, 87. Jg. 2018, 213–215.http://www.vorarlberg.at/landtag/landtag/recherche/recherche.htm
https://diepresse.com/home/innenpolitik/5472404/Vorarlbergs-AltLandeshauptmann-Herbert-Kesselr-verstorben (Abruf 30. 7. 2018).
Der Clunier 37 (2018), Nr. 3 (Oktober), 25.
Die Presse, 31. 1. 2015 (Hans Werner Scheidl).