Lebenslauf:
Hierhammer wurde als Sohn eines Lithografie- und Steindruckers in bescheidenen kleinbürgerlichen Verhältnissen geboren. Nach dem Besuch der Volks- und Unterrealschule (letztere von 1868 bis 1872) begann er eine Lehre in jenem Betrieb, wo sein Vater arbeitete. Nach Ende seiner Lehre war er in verschiedenen Firmen als Angestellter tätig. 1868 gründete sein Vater zusammen mit einem Compagnon (Anton Guberner) die Steindruckerei Guberner & Hierhammer, die auch die Buchdruckerei Melchior & Co, übernahm. Hierhammer stieg in die Firma seines Vaters ein.
Hierhammer betätigte sich nebenbei als Amateurschauspieler sowie Unterhalter und kam dadurch in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre mit Karl Lueger (Nc EM) und der damaligen antiliberalen Bewegung in Kontakt. Zuerst sympathisierte er mit dem Alldeutschen Georg von Schönerer, schloß sich aber bald Lueger und der aufstrebenden christlichsozialen Bewegung an. Bereits 1891 kandidierte er – allerdings vergeblich – bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus des Reichsrates. Der Kontakt zu den damals führenden Christlichsozialen brachte ihm für seine Druckerei vermehrt Aufträge, so daß er – in den achtziger Jahren noch ein bescheidener Kleinbürger – bis 1900 den Aufstieg in das Mittelbürgertum schaffen konnte.
1898 wurde Hierhammer erstmals in den Wiener Gemeinderat gewählt, dem er dann nach Wiederwahlen bis zum Ende der Monarchie angehört hatte. In der Folge stieg er in der Gunst Luegers, so daß er am 19. Dezember 1905 zum Dritten Vizebürgermeister von Wien gewählt wurde. Als 1910 der bisherige Zweite Vizebürgermeister Josef Porzer (AW EM) zum Ersten Vizebürgermeister aufrückte, folgte ihm Hierhammer nach. Für ihn war das ein weiterer Aufstieg, denn nach der Hofrangordnung entsprach diese Position einem Generalmajor. Das kam dann im Rahmen des Hofzeremoniells bei Veranstaltungen zur Wirkung, an denen der Kaiser oder Mitglieder des Erzhauses teilnahmen.
Aus seinem persönlichen Leben ist anmerkenswert, daß Hierhammer eine Jüdin ehelichte. Aus diesem Grund hielt er sich mit den bei den Christlichsozialen damals üblichen antisemitischen Äußerungen stark zurück. Interessant ist es jedenfalls, daß unter Bürgermeister Lueger zwei von dessen drei Vizebürgermeistern „jüdisch versippt“ waren, wie sich die Nazis abschätzig auszudrücken pflegten. Neben Hierhammer, der eine jüdische Frau hatte, war die Mutter von Vizebürgermeister Porzer Jüdin, womit er also „Halbjude“ war. Das wirft insgesamt ein differenzierteres Bild auf den antisemitischen Kurs Luegers und der Christlichsozialen Partei. Der oft holzschnittartig gegen diese vorgebrachte Antisemitismus-Vorwurf erscheint somit in einem etwas anderen Licht.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurde aufgrund einer Parteienvereinbarung im Dezember 1918 ein provisorischer Gemeinderat von Wien gebildet, dem Hierhammer noch angehörte. Bei den im Mai 1919 stattgefundenen ersten Wahlen zum neuen Gemeinderat nach dem allgemeinen Wahlrecht kandidierte er nicht mehr und zog sich – inzwischen über 60 – sowohl aus dem politischen wie dann später auch aus dem beruflichen Leben zurück.
Hierhammer kam noch als Gemeinderat und als der zweiten Führungsgarnitur der Wiener Christlichsozialen angehörend in Kontakt zum Verbandskatholizismus, aufgrund dessen dann die Ehrenmitgliedschaftsverleihung der Rudolfina erfolgte (Couleurname Götz), bevor er Vizebürgermeister wurde. Er wurde in einem Ehrengrab auf dem Hernalser Friedhof begraben.
Quellen und Literatur:
Hafner, Herta: Vizebürgermeister Heinrich Hierhammer – bürgerlicher Aufsteiger, in: Christliche Demokratie 6 (1988), S. 185–196.Boyer, John W.: Karl Lueger (1844–1910). Christlichsoziale Politik als Beruf. Eine Biographie (= Studien zu Politik und Verwaltung Band 93). Wien 2010, S. 256–258.