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LHStv. a.D. Josef Zwetzbacher

LHStv. a.D. Josef Zwetzbacher

Ehrenmitgliedschaften: Franco-Bavaria, Pflug

Geboren: 17.10.1874, Oberwagram (damals Gemeinde Stattersdorf, nunmehr ein Stadtteil von St. Pölten)
Gestorben: 25.12.1942, Wien
Landeshauptmannstellvertreter (Niederösterreich), Vorsitzender des Bundesrates, Landtagsabgeordneter (Niederösterreich), Präsident der Landwirtschaftskammer (Niederösterreich), Wirtschafts- und Mühlenbesitzer
Politische Haft: 1938/39 Gefängnis

Lebenslauf:

Zwetzbacher wurde als Sohn eines wohlhabenden Wirtschaft- und Mühlenbesitzers geboren (seit 1679 „Zwetzbachmühle“). Er besuchte nach der Volksschule eine Handelsschule und engagierte sich schon sehr früh politisch. 1894 errichtete er in seinem Ort eine Freiwillige Feuerwehr und übernahm 1897 den elterlichen Betrieb.

1906 wurde Zwetzbacher in den Ausschuß des niederösterreichischen Bauernbundes gewählt und gründete 1908 einen christlichsozialen Verein für die Bauern im Umland von St. Pölten. Ende dieses Jahres wurde er in den niederösterreichischen Landtag gewählt, dem er vom 8. Januar 1909 bis zum 8. Januar 1915 angehörte. Dadurch war er auch vom 5. November 1918 bis zum 4. Mai 1919 Mitglied der Provisorischen Landesversammlung. Bei den ersten Wahlen nach dem Krieg kandidierte er neuerlich für den Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem vom 20. Mai 1919 bis zum 4. Februar 1925 an (Niederösterreichischer Landtag [inkl. Wien], Landtag von Niederösterreich-Land, Landtag I. Wahlperiode). Dort war er vom 11. Mai 1921 bis zu seinem Ausscheiden Klubobmann der Christlichsozialen.

1914 wurde Zwetzbacher zum Kriegsdienst einberufen, gehörte zuerst der 12. Landsturmbrigade und ab 1915 der 59. Gebirgsbrigade an, die in den Julischen Alpen an der nördlichen Isonzofront eingesetzt war (letzter Dienstgrad Oberleutnant der Reserve).

1918/19 war Zwetzbacher der erste demokratisch gewählte Bürgermeister von Stattersdorf. Außerdem wurde er von der Provisorischen Landesversammlung als Landesrat in die Provisorische Landesregierung gewählt, welches Amt er vom 5. November 1918 bis zum 4. November 1920 ausübte. Die Trennung von Wien und Niederösterreich in je ein eigenes Bundesland soll auf ihn zurückgegangen sein. Bei der anschließenden Konstituierung von Niederösterreich-Land wurde er am 10. November 1920 zum Landeshauptmannstellvertreter gewählt, welches Amt er auch nach der endgültigen Trennung von Wien und Niederösterreich am 11. Mai 1921 bis zu seinem Rücktritt am 30. Januar 1925 ausübte. Sein Nachfolger in der Landesregierung wurde Josef Reither (F-B EM).

Bei der Konstituierung des Bundesrates wurde Zwetzbacher in diesen vom niederösterreichischen Landtag gewählt, dem er dann vom 1. Dezember 1920 bis zum 30. Januar 1925 angehörte. Vom 22. Februar 1922 bis zum 30. Mai 1922 war er dessen Vorsitzender.

Zwetzbacher war nach dem Krieg der kommende Mann im Niederösterreichischen Bauernbund. 1919 wurde er dessen Kassier und 1922 dann zum ersten Präsidenten der Landwirtschaftskammer für Niederösterreich gewählt, welches Amt er bis Anfang Februar 1925 bekleidete. In dieser Zeit förderte er auch den jungen Engelbert Dollfuß (F-B). Von 1923 bis 1925 war er auch Vorsitzender der Präsidentenkonferenz der landwirtschaftlichen Hauptkörperschaften (Landwirtschaftskammern). Auch in diesen Funktionen wurde Reither sein Nachfolger.

Anfang 1925 startet die den damaligen Nationalsozialisten nahestehende „Deutschösterreichische Tages-Zeitung“ eine Kampagne gegen Zwetzbacher. Ihm wurden Verfehlungen bei seinen Tätigkeiten bei der Niederösterreichischen Brandschadenversicherung und der Niederösterreichischen Bauernbank vorgeworfen. Daraufhin trat er Ende Januar/Anfang Februar 1925 von allen seinen Ämtern bzw. Mandaten zurück. Dies soll auch auf Druck der Christlichsozialen Parteileitung geschehen sein. Er widmete sich wieder seinem Unternehmen und war dann von 1934 bis 1938 Präsident der Wiener Produktenbörse.

Nach dem Anschluß wurde Zwetzbacher von einem ehemaligen Arbeiter in seiner Mühle angezeigt, weil er als „Illegaler“ nach dem Dollfuß-Attentat fristlos gekündigt wurde. Zwetzbacher wurde verhaftet und kurz vor Weihnachten 1938 als „berüchtigter Systembonze“ zu sieben Monaten schweren Kerkers verurteilt.

Zwetzbacher wurde 1923 Ehrenmitglied der zwei Jahre zuvor speziell für Studenten an der Hochschule für Bodenkultur gegründeten CV-Verbindung Pflug. Nachdem diese nach 1945 nicht mehr reaktiviert wurde, werden deren Mitglieder auch posthum unter der Mutterverbindung Franco-Bavaria geführt. Er war auch Ehrenmitglied der MKV-Verbindung Rhaeto-Norica Klosterneuburg.

Hätte es Anfang 1925 den Rücktritt Zwetzbachers nicht gegeben, dann hätte er wahrscheinlich in den kommenden Jahren jene Positionen eingenommen, die sein ihm nachfolgender Josef Reither erreicht hatte.

Werke:

24 Jahre Landwirtschaftliches Genossenschaftswesen in Niederösterreich (1929).

Quellen und Literatur:

Reichspost, 31. 1. 1925.
Neue Freie Presse, 31. 1. und 4. 2. 1925.
Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934–1945. Eine Dokumentation. Band 3. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. Wien 1987, S. 35.
Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, S. 672.
Krause, Otto: Biographisches Handbuch des nö. Landtages 1861–1921 (online: Landtag Niederösterreich). St. Pölten 1995. Enderle-Burcel, Gertrude–Schmitz, Georg (Nc): Politische Eliten in Niederösterreich im 20. Jahrhundert, in: Eminger, Stefan–Langthaler, Ernst (Hg.): Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 1: Politik. Wien 2008, S. 245.
Bezemek, Ernst–Dippelreiter, Michael: Politische Eliten in Niederösterreich. Bei biografisches Handbuch 1921 bis zur Gegenwart (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Band 38). Wien 2011, S. 385
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 411f.