Lebenslauf:
Aigner wurde als Sohn eines Delikatessenhändlers geboren und absolvierte 1904 in Linz das Gymnasium (Petrinum). Danach studierte er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1909), wo er der Carolina beitrat (Couleurname Walter). Jeweils in den Sommersemestern der Jahre 1906 und 1907 war er Senior. In diesen Jahren strebte der akademische Kulturkampf auf der Universität Graz seinem Höhepunkt zu. Aigner geriet dadurch in die Auseinandersetzungen zwischen der Carolina und den Schlagenden. Nach Studienende trat er am 26. Juli 1909 in den oberösterreichischen Landesdienst.
Den Ersten Weltkrieg machte Aigner von 1915 bis 1918 beim Infanterieregiment Großherzog von Hessen und bei Rhein Nr. 14 mit (letzter Dienstgrad: Leutnant der Reserve; Auszeichnungen: Signum laudis am Band mit Schwertern, Karl-Truppenkreuz).
Nach dem Krieg wurde Aigner, der als ausgezeichneter Redner galt, politisch tätig und am 10. August 1920 als Nachfolger von Max Mayr (AIn) zum Obmann des Katholischen Volksvereins für Oberösterreich gewählt, deren Vorstand zugleich die christlichsoziale Landesleitung für Oberösterreich darstellte. Unter seiner Obmannschaft wurde der Volksverein organisatorisch ausgebaut. Auch war er damit Mitglied der Christlichsozialen Reichsparteileitung und 1923 Präsident des Linzer Katholikentages.
Im Februar 1919 wurde Aigner in die Konstituierende Nationalversammlung und im Oktober 1920 in den Nationalrat gewählt. Diesen Körperschaften gehörte er vom 4. März 1919 bis zum 2. Mai 1934 an.
Nach den Landeshauptleuten Johann N. Hauser (AW EM) und Josef Schlegel (Nc) war Aigner die wichtigste politische Persönlichkeit der Christlichsozialen in Oberösterreich während der republikanischen Ära der Zwischenkriegszeit. In den Jahren 1933/34 war er neben Schlegel und Karl Aubert Salzmann (Cl) im Klubvorstand der Christlichsozialen Partei einer der stärksten Befürworter eines demokratischen Kurses.
Von diesem Zeitpunkt an begann sein politischer Abstieg. Im Mai 1933 wäre Aigner als Nachfolger von Anton Rintelen (ehemals Trn EM) für das Unterrichtsressort vorgesehen gewesen. Doch die Heimwehr war gegen ihn, so daß Kurt von Schuschnigg (AIn) als Justizminister noch zusätzlich dieses Portefeuille übernahm. Mit 8. Januar 1934 wurde Aigner nicht zuletzt durch den Linzer Bischof Josef Gföllner zum Rücktritt als Volksvereinsobmann gezwungen, der den Volksverein in die Katholische Aktion eingliedern wollte. Von da an zog er sich von der Politik zurück. Bereits 1933 zum wirklichen Hofrat ernannt blieb er weiterhin im Landesdienst.
Nach dem Anschluß mußte Aigner am 14. März 1938 eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen und wurde in der Folge mit halben Bezügen pensioniert. Nach dem Hitler-Attentat war er vom 23. August bis zum 5. September 1944 im Polizeigefängnis Linz inhaftiert. 1945 wurde er als Beamter reaktiviert, doch ging er bereits mit 31. Dezember 1946 in Pension, die er – zuletzt fast erblindet – nicht lange genießen konnte. Seine Söhne waren Josef Aigner jr. (Cl) und Ernst Aigner (Kb), dessen Sohn wiederum Kurt Aigner (Kb) ist.
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Carolina, Carolinas Tote III, S. 213–228.Slapnicka, Harry: Oberösterreich. Die politische Führungsschicht 1918 bis 1938 (= Beiträge zur Zeitgeschichte Oberösterreichs 3). Linz 1976, S. 31f.
Hartmann, Gerhard (Baj): Im Gestern bewährt. Im Heute bereit. 100 Jahre Carolina. Zur Geschichte des Verbandskatholizismus. Unter Mitarbeit von Dieter A. Binder. Herausgegeben von Maximilian Liebmann (Cl) im Auftrag des Altherrenbundes der K. Ö. H. V. Carolina (= Grazer Beiträge zur Theologiegeschichte und Kirchlichen Zeitgeschichte Band 2). Graz 1988, S. 90, 112, 179, 296, 301, 322–324, 340, 362, 371, 386, 389, 400 und 402.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 19.