Lebenslauf:
AUSBILDUNG UND NAZI-ZEIT
Stepantschitz absolvierte 1935 das Gymnasium in Graz und begann danach das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1939), wo er der Carolina beitrat (Couleurname Dr. cer. Tschick). Dort wurde er hintereinander für das Sommersemester 1937, das Wintersemester 1937/38 sowie das Sommersemester 1938 zum Senior gewählt. Dadurch bekleidete er auch die Funktion eines Vorsitzenden der Katholisch-Deutschen Hochschülerschaft (KDHÖ) in Graz.
In dieser Eigenschaft war Stepantschitz kurz vor dem Anschluß bei der Abwehr des Nationalsozialismus maßgeblich engagiert. Das Carolinenhaus bildete damals eines der organisatorischen Zentren der Werbung für die von Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg (AIn) angesetzten Volksabstimmung am 13. März 1938, weswegen es auch zu Ausschreitungen gegen das Carolinenhaus und CVer kam. Es wundert daher nicht, daß er am 12. März 1938 verhaftet und für einige Zeit ins Polizeigefängnis Graz gebracht wurde.
Stepantschitz blieb nach dem Anschluß formell weiter Senior der Carolina und begann mit dem Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz (Dr. med. 1945), da er als CVer und als Jurist keine Berufschancen sah. Schon 1939 hatte sich in Graz unter der hauptsächlichen Einflußnahme von Carolinen, vor allem von Stepantschitz, eine Gruppe katholischer Hochschüler zusammengefunden, aus der Carolina nun seinen „illegalen“ Nachwuchs nehmen konnte. Sie traf sich regelmäßig in der Barbarakapelle des Domes („Barbaragemeinde“) und später in der Leechkirche. Es gab zahlreiche Zusammenkünfte in Privatwohnungen, wo Vorträge, Diskussionen, Einkehrtage etc. abgehalten wurden. So fanden sich fast an die 100 Studentinnen und Studenten zusammen, die – unbemerkt von der Gestapo – ihrer katholischen Glaubensüberzeugung nachgingen und nach ihr in Gemeinschaft zu leben versuchten. Einer der spirituellen Mittelpunkte war der Medizinstudent Fritz Mankowski (Cl).
Er wundert daher nicht, daß in der Wohnung von Stepantschitz am 15. Juni 1941, wenige Tage vor Beginn des Rußlandfeldzuges, beschlossen wurde, die Verbindung zu reaktivieren. Nach dem Fall von Stalingrad Anfang 1943 versuchten einige Carolinen, darunter auch Stepantschitz sowie der VOP Gerald Grinschgl (Cl), in einer April-Nacht die sechs Meter hohe Hitler-Eiche in der Grazer Opernringkurve unschädlich zu machen. Zuerst gaben sie der Eiche eine Giftsspritze. Als der Baum in der Folge trotzdem austrieb, entschloß man sich, ihn eines Nachts umzusägen, was dann auch geschah. Den Beteiligten war die Gefährlichkeit dieser Aktion nicht bewußt.
Im Februar 1945 machte sich eine Grazer Gruppe gegen Westen auf, der u. a. Stepantschitz und Grinschgl angehörten. Man gelangte Ende April bis in den Lungau. Als am 24. April 1945 Hermann Göring von Hitler abgesetzt wurde, was man ja im Rundfunk erfuhr, schickte Stepantschitz Grinschgl nach Innsbruck zu der schon hochaktiven Widerstandsbewegung, um einen Haftbefehl für Göring zu bekommen, der sich in Mauterndorf (Lungau, Salzburg) verschanzt hatte. Noch bevor die britischen Truppen einmarschierten, war der Lungau aufgrund der Initiative von Stepantschitz befreit, überall wehten die rotweißroten Fahnen.
BRUFLICHER UND POLITISCHER WERDEGANG
Nach Kriegsende blieb Stepantschitz zuerst im Lungau und wurde, da er das Medizinstudium bereits beendet hatte, in Tamsweg Sekundararzt. Bald kehrte er jedoch nach Graz zurück, wurde 1948 Assistenzarzt am Landeskrankenhaus und machte eine Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin, die er 1953 abschloß. Bereits 1954 wurde er zum Primarius der IV. Medizinischen Klinik am Landeskrankenhaus Graz ernannt, welche Funktion er bis zu seiner offiziellen Pensionierung 1982 bekleidete. 1977 wurde er zusätzlich zum Ärztlichen Leiter des Landeskrankenhauses bestellt.
1985 wurde die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m. b. H. gegründet, die im 100prozentigen Besitz des Landes Steiermark steht und das Landeskrankenhaus betreibt. Stepantschitz wurde zum ersten Medizinischen Direktor diese Gesellschaft berufen.
Bereits für die steirischen Landtagswahlen des Jahres 1953 wurde Stepantschitz seitens des Sprechers der Arbeitsgemeinschaft für öffentliche Angelegenheiten der Katholischen Aktion (KA), Alfred Berger (C1), der damals auch Philistersenior der Carolina war, beim damaligen ÖVP-Landesparteiobmann Alfons Gorbach (Cl) in Vorschlag gebracht. Dies ist insofern bemerkenswert, weil 1949 Stepantschitz wie viele andere Carolinen auch mit der Demokratischen Union von Josef Dobretsberger (Cl [ehemals Nc]) sympathisierte.
Jedoch erst 1957 sollte der Einzug in den steirischen Landtag klappen, dem er zuerst zwei Wahlperioden vom 9. April 1957 bis 7. April 1965 angehörte. Nach einer Pause von zwei Wahlperioden war er dann neuerlich in drei Wahlperioden vom 12. November 1974 bis zum 9. Mai 1983 Landtagsabgeordneter. Mitten in der Wahlperiode wechselte er in den Bundesrat, dessen Mitglied er vom 10. Mai 1983 bis zum 5. Dezember 1986 war. Insgesamt war er über 20 Jahre politischer Mandatar. Parteipolitisch hatte er ab 1980 lediglich die Position eines stellvertretenden ÖVP-Stadtparteiobmanns von Graz inne.
Stepantschitz engagierte sich von Anfang an für den CV. So war er, wie erwähnt, mehrere Semester Senior der Carolina, vor allem im Untergrund nach dem Anschluß. Nach Kriegsende wurde er im Oktober 1945 als 1. Vorortsbeisitzer in den Vorortsausschuß gewählt, mußte aber dieses Amt zur Jahreswenden 1945/46 aufgeben, nachdem die britische Besatzungsmacht in der Steiermark alle Studentenverbindungen verboten hatte. Damit besaß Carolina keine Rechtspersönlichkeit mehr und konnte daher auch nicht mehr Vorortsverbindung sein. Von 1964 bis 1967 war er Leiter des Amtes für allgemeine CV-Fragen im ÖCV-Beirat (entsprach ungefähr dem heutigen Amt für Gesellschaftspolitik). Seine Wahl zu diesem Amt stand wohl auch im Zusammenhang mit seinem Landtagsmandat. Er trat jedoch vorzeitig von diesem Amt zurück.
Stepantschitz wurde 1971 Ehrenphilister der MKV-Verbindung Gothia Seckau. Sein Sohn ist Peter Stepantschitz.
Quellen und Literatur:
Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, S. 571.www.landesarchiv.steiermark.at/Landtag Kurzbiographien
Hartmann, Gerhard (Baj): Im Gestern bewährt. Im Heute bereit. 100 Jahre Carolina. Zur Geschichte des Verbandskatholizismus. Unter Mitarbeit von Dieter A. Binder. Herausgegeben von Maximilian Liebmann im Auftrag des Altherrenbundes der K. Ö. H. V. Carolina (= Grazer Beiträge zur Theologiegeschichte und Kirchlichen Zeitgeschichte Band 2). Graz 1988, SS. 303, 355, 392, 402 – 404, 412, 420, 432, 443, 453, 472, 475, 482 und 528.
Hartmann, Gerhard (Baj) – Simmerstatter, Markus (Cl): Ein großes Gehen Hand in Hand. 125 Jahre Carolina 1888 bis 2013. Graz 1913, S. 354f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 346f.