Lebenslauf:
Nach seiner Matura an der Lehrerbildungsanstalt in Wien-Landstraße (Sophienbrückenstraße, nunmehr Kundmanngasse) und dem Einjährig-Freiwilligenjahr bei den Kaiserjägern trat Krammer mit 1. Dezember 1900 in den Dienst der k. k. österreichischen Staatsbahn. Nach Ablegung der vorgeschriebenen Fachprüfungen wurde er teils als Verkehrs-, teils als Stationsbeamter im Direktionsbereich Wien verwendet. Ab 1903 war er in den für die Einnahmenkontrolle und den Rechnungsdienst zuständigen Abteilungen der Staatsbahn-Direktion Wien tätig. Im Juni 1908 wurde er als Assistent zur probeweisen Dienstleistung in das k. k. Eisenbahnministerium einberufen und dem Ministerial-Rechnungsdepartement zugewiesen.
Mit 28. Oktober 1910 wurde Krammer als Rechnungsrevident (damalige IX. Dienstklasse) in den k. k. Obersten Rechnungshof (für die österreichische Reichshälfte) aufgenommen. Am 1. August 1914 wurde Krammer zur k. u. k. Armee eingezogen und war – als ehemaliger Staatsbahnbediensteter – bei der k. k. Lok-Feldbahn Nr. 1 eingesetzt (letzter Dienstgrad: Hauptmann der Reserve). Nach seiner Abrüstung im Februar 1919 trat er wieder in den Dienst am Rechnungshof. Er durchlief die übliche Beamtenlaufbahn (Hofvizesekretär, Hofsekretär). 1921 wurde er unter Nachsicht, kein Hochschulstudium absolviert zu haben, zum Sektionsrat ernannt. 1923 wurde ihm der Berufstitel Hofrat verliehen, und schließlich wurde er 1929 zum Ministerialrat ernannt. Zuerst leitete er die Abteilung, die die Post- und Telegraphenverwaltung kontrollierte, danach jene, die für die Bundesbahnen zuständig war. Präsident des Rechnungshofes war nach dem Ersten Weltkrieg zuerst der ehemalige k. k. Ministerpräsident Max Vladimir Frhr. von Beck. Ab 1934 bekleidete diese Funktion der ehemalige Bundeskanzler Otto Ender (AIn).
Krammer engagierte sich nach dem Krieg in der Bezirksorganisation der Christlichsozialen Partei in Wien-Landstraße. Bezirksparteiobmann war dort anfänglich der spätere Vizekanzler und Bürgermeister von Wien Richard Schmitz (Nc). Krammer wurde in der Folge Klubobmann im Bezirksschulrat sowie Bezirksfürsorgerat. Bei den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen im April 1927 kandidierte er im Wahlkreis III. Bezirk an aussichtsloser zehnter Stelle. Nach dem Tod eines Gemeinderates nominierte die Bezirksparteileitung Krammer als Nachfolger. Er rückte somit in den Landtag bzw. Gemeinderat nach und gehörte diesem rund elf Monate vom Juni 1931 bis 24. Mai 1932 an. Er kandidierte zwar bei den Gemeinderatswahlen im April 1932, erhielt aber wegen des schlechten Abschneidens der Christlichsozialen kein Mandat.
Nach dem Anschluß wurde Krammer aus politischen Gründen Ende 1938 zwangspensioniert. Allerdings wurde auch der Rechnungshof als solcher aufgelassen, da Österreich seine Selbständigkeit verloren hatte. Nach dem Hitler-Attentat wurde er am 23. August 1944 verhaftet und war mehrere Wochen in Polizeihaft. Nach dem Krieg wurde Krammer mit Wirkung 1. Mai 1945 wieder in den Dienststand des Rechnungshofes aufgenommen und mit 31. Dezember 1945 in den Ruhestand versetzt. Aus diesem Anlaß erhielt er den Titel eines Vizepräsidenten des Rechnungshofes verliehen.
Krammers Sohn war Otto Krammer (Baj), Gründer der Bajuvaria und Studentenhistoriker. Durch ihn kam er zwangsläufig in Kontakt mit dieser Verbindung, die ihm dann die Ehrenmitgliedschaft verliehen hatte (Couleurname Nestor). In seinen letzten Lebensjahrzehnten blieb Krammer als eine durch seinen Vollbart gekennzeichnete würdige Erscheinung in Erinnerung. Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben (62A/6(4).
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Bajuvaria. Personalakte Verstorbene.Reichspost, 3. 4. 1927, S. 2, 12. 6. 1931 und 3. 4. 1932, S. 1.
Mitteilung von Min.-Rat Mg. Anton Lerchner, Rechnungshof, 14. 11. 2017
Krammer, Otto (Baj): Geschichte der Katholischen Akademischen Verbindung Bajuvaria 1920 – 1980. Fünf Teile. Als Manuskript vervielfältigt (= Wiener Katholische Akademie – Miscellanea Dritte Reihe Nr. 24). Wien 1984, S. 649.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 386.