Lebenslauf:
KINDHEIT UND FLUCHT
Werner wurde als Sohn eines Eisengroßhändlers geboren. Dieser wuchs in einem Waisenhaus in Zillingdorf (Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich) auf, wobei seine beiden Eltern als Juden angegeben wurden. Die Anstaltsleitung bezweifelte das jedoch und stellte noch vor dem Ersten Weltkrieg Untersuchungen an. Die näheren Lebensumstände der angeblich jüdischen Eltern blieben jedoch zweifelhaft. Werners Vater wurde katholisch getauft sowie erzogen und wußte von seiner angeblichen Herkunft nichts. Erst nach dem Anschluß wurde seine (angebliche) jüdische Abstammung bekannt. Er wurde im Mai 1938 verhaftet und kam ins KZ Dachau, aus dem er im Dezember 1938 gesundheitlich angeschlagen entlassen wurde. Er starb später an einem Magendurchbruch.
Werner besuchte in Wien die Volksschule sowie die erste Klasse der Realschule und galt nun als Halbjude. Er hatte bald mit Schwierigkeiten in der Schule zu kämpfen. Die Eltern entschlossen sich daher, ihn mit einem Kindertransport einer Quäker-Organisation nach England zu schicken. Das gelang mit einem der letzten derartigen Transporte, der am 8. Juni 1939 London erreichte. Spätestens mit Beginn des Zweiten Weltkriegs war das nicht mehr möglich.
Werner kam zu einem Arzt nach Cornwall und besuchte ab Herbst 1939 ein Internat. Im Juli 1941 wurde sein Pflegevater als Militärarzt zur British Army nach Kairo eingezogen und wurde von seiner Frau dorthin begleitet. Werner verlor dadurch seine Pflegefamilie. Nach einem für ihn unbefriedigenden Aufenthalt bei einer Bauernfamilie meldete er sich im September 1943 zum Dienst bei der British Army, wobei er in dieser Angelegenheit sogar einen Brief an den britischen Premierminister Winston Churchill geschrieben hatte.
WIDERSTANDSKÄMPFER IM BRITISCHEN DIENST
Werner kam aufgrund seiner Sprachkenntnisse – neben Deutsch sprach er inzwischen fließend Englisch – in eine „Special Training School“ der „Special Operations Executive“ (SOE)., Diese wurde 1940 für Spezialeinsätze bzw. zur subversiven Kriegsführung gegründet, d. h. vor allem für Sabotageaktionen hinter feindlichen Linien. Er durchlief ein intensives Training, zu dem auch gehörte, wie man in einem besetzten Land untertaucht, wie man Verfolger abschüttelt und wie man die Folter der Gestapo 48 Stunden lang erträgt, um den noch nicht gefangengenommenen Kameraden die Flucht zu ermöglichen. Und natürlich gehörten auch die verschiedenen Kampftechniken dazu.
Werners erster (und letzter) Einsatz erfolgte im Januar 1945. Er wurde mit einem zweiten Soldaten mit dem Fallschirm über Berlin abgesetzt. Sein Auftrag lautete, ein Treibstofflager der Wehrmacht zu zerstören, was auch gelang. Bei der anschließenden Flucht wurde er verwundet, aber es gelang ihm, mit dem Zug Richtung Schweiz zu entkommen. Bei einer Kontrolle in einem Bahnhof durch die SS stellte sich jedoch heraus, daß seine von den Engländern bereitgestellten gefälschten Papiere fehlerhaft waren. Jedoch ließ man ihn weiterfahren. Von der Schweiz kehrte er – gerade mal 18 Jahre alt – nach England zurück und quittierte am 5. April 1945 den Dienst bei der British Army.
ZURÜCK IN DER HEIMAT
Werner schlug sich in London als Gelegenheits- und Hilfsarbeiter durch und konnte schließlich am 6. Dezember 1946 nach Wien zurückkehren. Dort arbeitete er zuerst im Lebensmittelgeschäft seiner Mutter und versuchte, die Externistenmatura abzulegen, was ihm jedoch vorerst nicht gelang. Schließlich trat er mit 1. März 1951 in den Polizeidienst (Bundespolizeidirektion Wien) ein und konnte parallel dazu im Dezember 1955 die sog. „Beamtenmatura“ (B-Matura) ablegen. Bereits im Juni 1954 trat er der Alpenland bei (Couleurname Rüdiger). Mit ihm wurden damals 17 Füchse rezipiert, eine für diese Verbindung enorme Zahl, darunter Joseph Ernst Görlich (Alp).
Nach der Errichtung des Bundesheeres wechselte Werner dorthin und begann mit 1. Oktober 1956 eine Offiziersausbildung in der damals sich noch in Enns befindlichen Militärakademie. Mit 1. Januar 1958 wurde er zum Leutnant ausgemustert. Als solcher tat er zuerst beim damaligen Feldjägerbataillon 25 in Klagenfurt Dienst. Als Oberleutnant (ab 1. Januar 1958) wechselte er ins Kommando der 7. Jägerbrigade in Klagenfurt. Später war er Hauptlehroffizier an der Heereskraftfahrschule. 1970/71 absolvierte er den Stabsoffizierskurs (Abschlußprüfung am 3. April 1971) und wurde mit 1. Januar 1972 zum Major ernannt.
Werner absolvierte 1973 den Einweisungskurs für UN-Einsätze und befand sich dann vom 13. Juni 1973 bis 9. September 1974 (fast 15 Monate) auf einem solchen als Logistikoffizier in Zypern. Dort lernte er einen britischen Offizier kennen, dem er von seinem Dienst in der British Army erzählte. Die Folge war, daß er 1974 in Nikosia vom dortigen britischen Militärattaché die englische Kriegsmedaille 1939–1945 verliehen bekam.
Nach seiner Rückkehr war Werner Kommandant des 9. Panzerstabsbataillons in Götzendorf (Bezirk Bruck/Leitha, Niederösterreich). Seit 1. Juni 1982 war er Hauptreferatsleiter der Attaché-Abteilung im Bundesministerium für Landesverteidigung. Mit 1. Januar 1983 wurde er zum Oberst ernannt. Als solcher ging er 1988 mit 61 Jahren in Pension. Er wurde auf dem Friedhof in Orth/Donau begraben.
Quellen und Literatur:
Strigl, Mario (AW): Als Widerstandskämpfer in britischen Diensten, in: Academia intern September 2023, 5f.Mitteilung Mario Strigl, 28. 9. 2023.
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 25. 9. 2023).