Lebenslauf:
Helmer wurde als unehelicher Sohn eines Müllers geboren und auf den Namen Johann Baptist getauft. Erst nach Heirat der Eltern 1865 wurde er legitimiert. Er absolvierte das deutsche Gymnasium in Pilsen, trat 1884 in das westböhmische Prämonstratenserstift Tepl ein und nahm den Ordensnamen Gilbert an. Er studierte nach dem Noviziat zuerst an der von 1985 bis 1987 an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt des Stiftes sowie dann ab 1987 an Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck (abs. theol. 1889) und wurde am 28. Juli 1889 zum Priester geweiht. Gleich anschließende begann er das Studium der Germaniskus und Klassichen Philologie an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck (Dr. phil. 1893, Lehramtsprüfung 1894).
Eigentlich für eine wissenschaftliche Laufbahn vorgesehen, mußte Helmer wegen eines Augenleidens auf diese verzichten (er war ein Spezialist altgermanischer Dialekte) und war dann ab 1894 Supplent und ab 1896 Professor für Deutsch, Latein und Griechisch am deutschen Staatsgymnasium in Pilsen, dessen Lehrkörper vom Stift Tepl gestellt wurde.
Im Oktober 1900 wurde Helmer in relativ jungen Jahren (36 Jahre) zum 49. Abt des Stiftes Tepl gewählt, was auf seine außergewöhnliche Persönlichkeit schließen läßt. In der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg ließ er die Stiftsbibliothek mit Prunksaal und Museum neu errichten. Damals hatte das Stift an die 100 Chorherren, und 25 Pfarren waren ihm inkorporiert. Er wurde 1905 zum Generalvikar der Vereinigung der österreichischen Prämonstratenserstifte gewählt, seit 1927 war er das für die tschechoslowakische Vereinigung.
Tepl zählte damals zu den bedeutendsten böhmischen Klöstern. Der Kurort Marienbad (Mariánské Lázne) geht auf eine Gründung des Stiftes zurück, das dort auch über entsprechenden Grundbesitz verfügte. Im Ausklang der Monarchie wurde Marienbad zu einem bedeutenden Treffpunkt des europäischen Adels und des Großbürgertums. So war Helmer u. a. mit dem dort regelmäßig kurenden englischen König Eduard VII. befreundet, der ihn nach London einlud und mit einem hohen Orden auszeichnete. Von 1906 bis 1916 war er Präsident der Eisenbahn Marienbad–Karlsbad.
1921 erwarb Tepl das 1803 säkularisierte Kloster Speinshart bei Eschenbach in der Oberpfalz (Bayern). Helmer wurde dort 1923 Administrator, wo dann deutschsprachige Tepler Chorherren unterkommen konnten, als der Druck der Tschechoslowakei größer wurde.
Als Abt von Tepl wurde Helmer auch rasch in die Politik involviert. Vom Großgrundbesitz wurde er 1901 in den Böhmischen Landtag gewählt, dem er dann vom 28. Dezember 1901 sowie nach Wiederwahl im Jahr 1908 bis 1913 angehörte (es wurde in der Folge kein weiterer böhmischer Landtag mehr gewählt). Bereits am 16. August 1905 wurde er vom Kaiser Franz Joseph zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt. 1912 war er auch Mitglied der Delegationen. Nach dem Krieg engagierte er sich in der Deutschen Christlichsozialen Partei und war ab 1928 Mitglied der Landesvertretung der Partei in Prag.
Helmer war Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Prag und erhielt von der deutschen Karls-Universität in Prag die Ehrendoktorwürde verliehen.
Helmer unterstützte zusammen mit dem Prager Weihbischof Wenzel Anton Frind (Fd EM) den Prager CV und war wesentlich an der Gründung der Vandalia beteiligt. Da er während seiner Innsbrucker Studienzeit nicht der Austria beitreten durfte, verlieh ihm dann diese 1929 die Ehrenmitgliedschaft.
Helmer starb im Stift Tepl, das von den Nazis größtenteils unbehelligt blieb, und erlebte dessen Auflösung nach 1945 durch den Kommunismus nicht mehr. Er wurde in der Gruft der Stiftskirche Tepl beerdigt. Der Nachruf auf ihn in den Austrier-Blättern endete mit der Feststellung: „In der Äbtegruft ruht nun der große letzte Abte des Stiftes, und die Wälder um Marienbad rauschen ihre Trauerklage. Eine jahrhundertealte Kulturperiode Böhmens ist mit Abt Helmer zu Grabe getragen worden.“ Das sollte sich – Gott sei Dank – als unwahr herausstellen. 2011 wurde nach 67-jähriger Vakanz wieder ein Abt von Tepl gewählt.
Werke:
Sprache, Stil und Metrik des jungen Schiller in der Anthologie (Diss. 1893).Die Herz-Jesu-Verehrung im deutschen Volke vom 12. bis zum 18. Jahrhundert (1914).
Quellen und Literatur:
Austrier-Blätter Nr. 16, 1947, S. 144f.Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 2, Wien 1958, S. 268f.
Huber, Augustinus Kurt: Johann Gilbert Helmer, in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969; S. 493f.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Helmer.shtml(abgerufen am 08.07.2022)