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RA Mag. Dr. Max Riccabona

RA Mag. Dr. Max Riccabona

Urverbindung: Traungau (24.11.1934)

Geboren: 31.03.1915, Feldkirch (Vorarlberg)
Gestorben: 04.10.1997, Lochau (Bezirk Bregenz, Vorarlberg)
Schriftsteller, Maler, Rechtsanwalt
Politische Haft: 1941 Polizeihaft, 1942 bis 1945 KZ Dachau

Lebenslauf:

HERKUNFT, AUSBILDUNG UND BERUFSLAUFBAHN

Riccabona wurde als Sohn eines Rechtsanwaltes geboren. Seine Mutter war eine Jüdin, deren Eltern sich aber bereits katholisch taufen ließen. Nach dem Anschluß Österreichs im März 1938 galt er im Sinne der 1. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 (sog. „Nürnberger Rassegesetze“) als ein „Mischling 1. Grades“ (sog. „Halbjude“). Riccabona besuchte die Volksschule und das Gymnasium in Feldkirch, wo er 1934 die Matura ablegte. Während dieser Zeit war er Konkneipant bei der katholischen Pennalie (später MKV) Clunia, mußte aber 1933 auf Druck seines liberal gesinnten Vaters (Corpsstudent in dritter Generation) austreten. Riccabona litt seit früher Kindheit an Lungen- bzw. Bronchialproblemen und war deswegen 1927 und 1932 in Schweizer Sanatorien.

Als am 29. Juni 1934 der damalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (F-B) in Feldkirch eine Rede hielt, war Riccabona dabei und konnte mit ihm sogar persönlich sprechen, was ihn sehr beeindruckt hat. Im Herbst 1934 begann er das Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz, wo er dem Traungau beitrat (Couleurname Putsch, offenbar nach dem kurz davor stattgefundenen Juli-Putsch der Nationalsozialisten, bei dem Dollfuß ermordet wurde). Seine Begegnung mit Dollfuß sowie andere Umstände (Bekannte) haben zu seinem CV-Beitritt geführt.

Zu Beginn des Sommersemesters 1936 ging Riccabona studienhalber nach Paris, wo er Kontakt mit dem dortigen österreichischen Presseattaché Erwin Wasserbäck (Trn) hatte, der ihn „väterlich betreute“ (Helmut Haidacher). Dieser bemühte sich u. a. um eine diplomatische Lösung des Spanischen Bürgerkriegs, wobei ihm Riccabona wegen seiner Spanischkenntnisse behilflich war. Er hatte dann mit Wasserbäck in Wien wieder Kontakt, bis dieser im Oktober 1938 verstarb.

Im Herbst 1936 kehrte Riccabona nach Wien zurück und studierte an der Konsularakademie in Wien. In dieser Zeit war er bei der Marco-Danubia verkehrsaktiv, erhielt aber kein Band. Im Mai 1938 absolvierte er diese als Diplomkonsul und setzte das Studium in Wien fort. Anfang 1939 hielt er sich neuerlich in Paris auf und hatte dort u. a. Kontakte zu monarchistischen Kreisen um Otto Habsburg-Lothringen (NbW EM) und den Schriftsteller Joseph Roth. Im Juni 1939 kehrte er nach Wien zurück, um sein Studium fortzusetzen. Er hegte zu dieser Zeit (noch vor Kriegsausbruch) den Plan, aufgrund seiner Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ins ausländische Exil zu gehen.

Anfang 1940 wurde Riccabona zur Deutschen Wehrmacht einberufen und war unterschiedlich eingesetzt, so zuerst an der vorerst ruhigen Grenze zu Frankreich in der Pfalz. Gegen Ende des Westfeldzuges rückte er mit seiner Einheit in das nördliche Lothringen vor. Nach Lazarett- und Urlaubsaufenthalten kam er Anfang September 1940 in das Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch bei Bruck/Leitha, wo über 40.000 Franzosen interniert waren. Dort war er als Dolmetscher eingesetzt. Dort bildete sich eine Widerstandsgruppe, der neben Riccabona u. a. auch der spätere Staatssekretär und Diplomat Carl Heinrich Bobleter (AIn), ebenfalls Vorarlberger, angehörte. Ab 12. November 1940 war er wegen eines Magenleides im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien-Leopoldstadt, wo ein Lazarett untergebracht war. Am 28. November konnte er als „garnisonsverwendungsfähig Heimat“ verlassen und wurde bereits am 3. Dezember als „asthenischer Psychopath“ aus der Wehrmacht entlassen, wobei aus Selbstzeugnissen zu entnehmen ist, daß für die Entlassung auch Beziehungen eine Rolle gespielt haben dürften. Seine nicht „vollarische“ Abstammung dürfte dabei keine Rolle gespielt haben.

Am 28. Mai 1941 wurde er aufgrund der Denunziation eines Gestapospitzels wegen seiner Pariser Kontakte im Jahr 1939 verhaftet und war eine zeitlang in Untersuchungshaft in Salzburg. Am 19. Januar 1942 wurde er ins KZ Dachau eingeliefert, wo er bis zur dessen Befreiung am 29. April 1945 inhaftiert war. Dort erkrankte er kurz vor Kriegsende an Flecktyphus, an dessen Folgen er sein Leben lang laborieren sollte. Nach seiner Rückkehr nach Vorarlberg war er deswegen bis Anfang 1946 im Reservelazarett Valduna in Behandlung. Im Juni 1945 wurde er stellvertretender Landesobmann der Österreichischen Widerstandsbewegung Vorarlberg.

Nach weiterer Rekonvaleszenz setzte Riccabona 1947 sein Studium in Innsbruck fort und beendete es dort 1949 (Dr. iur.). Nach kurzer Gerichtspraxis trat er als Rechtsanwaltsanwärter in die Kanzlei seines Vaters in Feldkirch ein, die er nach der Anwaltsprüfung im Jahr 1960 übernahm. 1965 beendete er jedoch seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und war nur mehr als Schriftsteller sowie gelegentlich bildender Künstler tätig.

RICCABONA ALS SCHRIFTSTELLER

Riccabona begann ab ca. 1960, sich schriftstellerisch zu betätigen. In der Hauptsache veröffentlichte er Lyrik und kurze Prosatexte in literarischen Zeitschriften. In den siebziger Jahren wurde er zu einem Begriff in der österreichischen Literaturszene in Wien und vor allem in Graz, wo er Mitglied der dortigen Autorenversammlung war. Der Schriftsteller Wolfgang Bauer widmete ihm sogar ein Theaterstück. Riccabona betätigte sich auch als Maler (Collagen), und es gab sogar einige Ausstellungen seiner Werke.

„Während seiner letzten Labensjahre galt Max Riccabona über die Landesgrenzen [Vorarlbergs, Anm. d. Verf.] hinaus als ungewöhnlicher Schriftsteller und origineller Erzähler. Die literarische Welt schätzte seine Sprachmacht und seine nicht zu versiegen scheinende satirische Energie, doch auch seinem unmittelbaren Umfeld sollte sich Riccabona durch seinen großen Reichtum an Geschichte und Geschichten nachhaltig einprägen.“ (Petra Nachbaur)

Riccabona hat in seinen Texten bestimmte Ereignisse geschildert, die sich nach näherer Überprüfung nicht als objektiv gegeben herausgestellt haben. So dürften einige von ihm erzählten Begebenheiten und Begegnungen (u. a. mit James Joyce in Feldkirch) nicht der Wahrheit entsprochen haben. Diese Darstellungen wurden dann später in verschiedenen Lebensbeschreibungen über ihn übernommen, so daß diese mit großer Vorsicht zu genießen sind. Aus diesem Grunde gelingt es derzeit nicht, eine eindeutige Biographie über ihn bzw. eine Bewertung seiner Person zu verfassen.

Allerdings gibt es Indizien, daß Riccabonas Bekanntschaft mit Joseph Roth doch enger gewesen sein dürfte. Dieser hat in seinen letzten Lebenswochen (er starb am 27. Mai 1939) an einer Novelle gearbeitet, in der eine Figur namens „Rikar Bona“ bzw. „Rocarboni“ vorkommt bzw. die so genannt hätte werden sollen. Es ist aber kein Text (oder Fragment davon) erhalten geblieben, so daß über den Inhalt nur spekuliert werden kann. Auch hat Roth Riccabona einen Ring des k. u. k. Infanterieregiment FM Otto Graf Abensberg und Traun Nr. 21 geschenkt.

Riccabona war mit Sicherheit psychisch nicht gesund. Er war bereits als Gymnasiast in Behandlung. Sein Entlassungsgrund aus der Deutschen Wehrmacht deutet auch darauf hin. Der mehr als dreijährige Aufenthalt im KZ Dachau hat mit Sicherheit seinen diesbezüglichen Zustand noch befördert. Nicht zuletzt wegen seiner angeschlagenen Konstitution hat er dann 1965 seinen Anwaltsberuf aufgegeben, wurde 1967 teilentmündigt, um juristische Folgen zu vermeiden, und lebte danach im Herz-Jesu-Heim in Lochau bei Bregenz, wo er auch starb. Er wurde auf dem Friedhof St. Peter und Paul in Feldkirch begraben.

Werke:

(Auswahl)
Bauelemente zur Tragikkomödie des x-fachen Dr. von Halbgreyffer oder Protokolle einer progressivsten Halbbildungsinfektion Hg. von Vintila Ivanceanu und Joseph Schweickhardt (1980).
Poetatastrophen. Hg. von Wilhelm Meusburger und Helmut Swozilek (1993).
Auf dem Nebengeleise. Erinnerungen und Ausflüchte [Erinnerungan an das KZ Dachau]. Hg. von Ulrike Längle (1994).


Quellen und Literatur:

Foto: Franz-Michael-Felder-Archiv, Bregenz.
Mitteilung von Dr. Ulrike Längle, Franz-Michael-Felder Archiv Bregenz (Email vom 12. und 25. 1. 2017).
„Max Riccabona“ zur Ausstellung im Vorarlberger Landesmuseum 1989. Bregenz 1989.
Max Riccabona. Bohémien. Schriftsteller. Zeitzeuge. Hrsg. von Johann Holzner und Barbara Hoiß. Innsbruck 2006.
Scheichl, Sigurd Paul: Rikar Bona. Eine Miszelle zu Joseph Roth und Max Riccabona, in: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 27 (2008), S. 187–189 (http://diglib.uibk.ac.at/miba/periodical/pageview/464764).
Hagn, Dietmar: Qui ante nos. Biografien der verstorbenen Mitglieder. K. Ö. St. V. Traungau Graz, Landeszirkel Vorarlberg. 1908–2012. Mit einer Einleitung, Mitgliederlisten und Bilddokumentation. Feldkirch 2013, S. 259f.
Nachbaur, Petra: Max Riccabona: www.uibk.ac.at/brenner-archiv/projekte/biographie/kurzbiographie
Der Fall Riccabona. Eine Familiengeschichte zwischen Akzeptanz und Bedrohung im 20. Jahrhundert. Hg. von Peter Melichar und Nikolaus Hagen. Wien 2017 (hier vor allem: Längle, Ulrike: Das Leichenbegängnis meiner Illusionen. Max Riccabonas Militärzeit 1940, S. 316–343).
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 283–285.