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Leg.R Dr. Erwin Wasserbäck

Leg.R Dr. Erwin Wasserbäck

Urverbindung: Traungau (18.05.1920)

Geboren: 13.06.1896, Irdning (Bezirk Liezen, Steiermark)
Gestorben: 07.10.1938, Wien
Diplomat, Weltpriester
Politische Haft: 1933 Polizeigefängnis Berlin

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Wasserbäck wurde als Sohn eines Finanzbeamten geboren. Die Familie zog beruflich nach Leoben, wo sie der Familie des späteren Bundesministers und Landeshauptmannstellvertreters Jakob Ahrer (ehemals Trn) benachbart war. Wasserbäck besuchte zuerst das Realgymnasium in Leoben und wechselte 1909 an das fürstbischöfliche Gymnasium in Graz, wo er 1914 die Matura ablegte.

Danach begann Wasserbäck als Priesteramtskandidat mit dem Studium der Theologie in Rom. Nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn im Mai 1915 wechselte er zuerst an die Theologische Fakultät der Universität Innsbruck (Dr. phil. fac. theol. 1919) und schließlich an die Theologische Fakultät der Universität Graz (abs. theol. 1920), wo er dem Traungau beitrat.

Nach seiner Priesterweihe am 26. Dezember 1920 konnte Wasserbäck auf Fürsprache von Landeshauptmann Anton Rintelen (ehemals Trn EM) im Juni 1921 zu weiteren staats- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien nach Berlin gehen. Da er dafür seitens der Diözese Seckau keine Unterstützung bekam, erhielt er ab 1. September 1921 eine Stellung bei der Presseabteilung der österreichischen Gesandtschaft in Berlin. 1924 wurde er in den Beamtenstatus übernommen und 1925 bereits zum Sektionsrat ernannt.

DIE „AFFÄRE WASSERBÄCK“

Im Juni 1933 gelangte Wasserbäck ohne sein Zutun in die Schlagzeilen. Ende Mai sollte der Landesleiter der NSDAP Österreichs, der Reichsdeutsche Theo Habicht, der deutschen Gesandtschaft in Wien zugeteilt werden, um den diplomatischen Schutz für seine Agitationstätigkeit zu erhalten. Das durchschaute die österreichische Bundesregierung und erteilte ihm nicht das Agrément. Habicht reiste trotzdem ein und wurde im Zusammenhang mit den von Nazis damals verübten Sprengstoffattentaten verhaftet. Daraufhin ordnete Hitler als Gegenmaßnahme („Retorsion“) die Verhaftung Wasserbäcks an. Diese erfolgte am 14. Juni 1933 gegen 2 Uhr in der Früh.

Vorher gelang es Wasserbäck, einen telefonischen Kontakt mit den in London weilenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (F-B) herzustellen, so daß dieser via Telefonverbindung die Verhaftung Wasserbäcks quasi „live“ miterleben konnte. Er blieb bis 14 Uhr dieses Tages im Berliner Polizeigefängnis am Alexanderplatz inhaftiert. Dieser Vorfall hat als „Affäre Wasserbäck“ in die Historiographie Eingang gefunden.

WEITERE DIPLOMATISCHE LAUFBAHN

Wasserbäck wurde daraufhin als österreichischer Presseattaché nach Paris versetzt, wo er 1936 versuchte, zwischen den Streitparteien des Spanischen Bürgerkriegs diplomatisch zu vermitteln. Dabei unterstützte ihn der damals in Paris weilende Max Riccabona (Trn). Ende 1936 beabsichtigte Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg (AIn), Wasserbäck zum Bundeskommissar für Kulturfragen zu machen, was dann aber nicht realisiert wurde. Daraufhin wollte man ihn Anfang 1937 zum österreichischen Gesandten in Athen machen, und die Ernennung passierte bereits den Ministerrat. Wahrscheinlich aufgrund einer Intrige des Ballhausplatzes (Bundeskanzleramt/Auswärtige Angelegenheiten) intervenierte der Heilige Stuhl dagegen, so daß das Vorhaben nicht umgesetzt wurde.

Wasserbäck, der bereits im März 1936 ein Laisierungsgesuch eingereicht hatte, wurde daraufhin mit 1. Juli 1937 zum Ministerialrat ernannt und dem Präsidium des Generalsekretariats für auswärtige Angelegenheiten im Bundeskanzleramt zugeteilt. Berichten zufolge (Nachlaß Heinrich Wildner) war Wasserbäck allerdings nicht sehr beliebt. Nach dem Anschluß wurde er entlassen. Max Riccabona hatte mit ihm bis zu seinem Tod Kontakt. Er starb relativ jung, vereinsamt und kränklich am Rosenkranzfest in Wien – das Laisierungsgesuch war noch nicht erledigt. Er wurde auf dem Döblinger Friedhof begraben.

In seiner Pariser Zeit hatte Wasserbäck mit dem dort lebenden Schriftsteller Josef Roth Kontakt. Dieser schrieb am 1. Mai 1939 im „Schwarz-gelben Tagebuch“ in der „Österreichischen Post“ einen kurzen Nachruf: „Mein lieber Freund Erwin Wasserbäck ist gestorben. (Er war Legationsrat in der österreichischen Gesandtschaft in Paris, früher in Berlin „Presse-Chef“.) Er war ein beurlaubter Priester. Er war ein Weltmann und ein Geistlicher zugleich; einer der edelsten, besten Österreicher. Er war in Berlin von Hitler verhaftet worden: Opfer seines reinen, christlichen Glaubens an die immanente Reinheit der Menschen – die in der Tat vorhanden ist, die aber durch die Eingriffe des Antichrists vorläufig unsichtbar bleibt – ist er gestorben, mein lieber Wasserbäck. Gott habe ihn selig! Ich glaube fest: er hat ihn selig!“ (Joseph Roth Werke). Möglicherweise hat er von Riccabona von Wasserbäcks Tod erfahren.

Wasserbäck übte den für einen Priester ungewöhnlichen Beruf eines Diplomaten aus, geriet im Juni 1933 in den Blick der Öffentlichkeit. Allem Anschein nach war er der erste CVer, der österreichischer Staatsbürger war, und der erste österreichische Beamte, der von den Nazis inhaftiert wurde.

Quellen und Literatur:

Haidacher, Helmut (Trn): Vor fünfzig Jahren, in: 80 Jahre Traungau. 1908-1988 (Ad fundum Nr. 5/1988). Graz 1988, S. 16.
Hartmann, Gerhard (Baj): Die „Affäre Wasserbäck“ (1933). Die ungewöhnliche Karriere eines steirischen Priesters, in: Blätter für Heimatkunde 79 (2005), S. 85–98.
ÖStA, AVA, Nachlaß Heinrich Wildner, Tagebucheintragungen vom 30. 1., 10. 4., 20. 4., 1. 5., 29. 5. und 11. 6. 1937.
Joseph Roth Werke 3: Das journalistische Werk 1929–1939. Köln 1991, S. 913.
Mitteilung von Dr. Ulrike Längle, Franz-Michael-Felder Archiv Bregenz betr. Riccabona-Wasserbäck und Roth-Wasserbäck (Email 12. 1. und 20. 10. 2017).
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 377.