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Gen.-Dir.-Stv. i.R. Komm.R Dkfm. DDr. Josef Koliander

Gen.-Dir.-Stv. i.R. Komm.R Dkfm. DDr. Josef Koliander

Urverbindung: Rhaeto-Danubia (10.06.1940)

Geboren: 14.01.1921, Wien
Gestorben: 02.01.2011, Kritzendorf (Gemeinde Klosterneuburg, Bezirk Tulln, Niederösterreich)
Generaldirektorstellvertreter (Länderbank AG)

Lebenslauf:

Koliander legte im März 1939 die Reifeprüfung an der Realschule Wien-Simmering (Gottschalkgasse) ab und begann anschließend das Studium an der Hochschule für Welthandel (Dkfm. 1942, Dr. rer. comm. 1944). 1940 trat er der verbotenen Rhaeto-Danubia bei (Couleurname Wolfdietrich) und gehörte damit zu jenen mutigen 72 CVern, die lt. Gesamtverzeichnis 1949 zwischen März 1938 und April 1945 im Geheimen rezipiert wurden. Er trat zu einem Zeitpunkt einer verbotenen katholischen Verbindung bei, als die Niederlage Frankreichs bereits feststand und dementsprechend eine Hochstimmung in Deutschland herrschte.

Koliander trat parallel zu seinem Studium mit 1. Juli 1939 in den Dienst der Länderbank AG, welchem Geldinstitut er sein ganzes berufliches Leben verbunden blieb und wo er eine beachtliche Karriere machte. Am 10. Oktober 1948 erhielt er die Handlungsvollmacht und am 1. Februar 1950 die Prokura. Daneben begann er ein Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur. 1951). Am 13. Mai 1955 wurde er zum Abteilungsdirektor und am 14. November 1960 zum Direktor ernannt. Am 8. Februar 1961 wurde er in den Vorstand der Länderbank AG berufen und am 17. Februar 1965 zum stellvertretenden Generaldirektor bestellt.

1946 wurden die drei österreichischen Großbanken Creditanstalt-Bankverein AG, Länderbank AG und Österreichisches Credit-Institut AG verstaatlicht, wobei 1955 bei der Creditanstalt und der Länderbank je 40 Prozent des Aktienkapitals wieder entstaatlicht wurde („Volksaktien“). Im Zuge der seit 1945 amtierenden Großen Koalition wurde auch die verstaatlichte Wirtschaft proporzmäßig aufgeteilt. Die Creditanstalt hatte einen der ÖVP nahestehenden Generaldirektor, wie nach 1945 Josef Joham (Cl), und einen der SPÖ nahestehenden Generaldirektorstellvertreter. Bei der Länderbank war es umgekehrt, daher war für Koliander dort der Posten eines Generaldirektorstellvertreters das Ende der Stufenleiter seiner Karriere.

Als Koliander 1960 Vorstandsmitglied wurde, wies die Länderbank eine Bilanzsumme von rd. 9 Milliarden Schilling aus, 1975 betrug sie bereits 56,4 Milliarden Schilling, wobei man auch die zwischenzeitliche Inflation berücksichtigen mußte. Die österreichischen Banken besaßen bereits in der Monarchie ehebliche Beteiligungen an Industrieunternehmungen. Diese Übung setzte sich nach 1918 bzw. nach 1945 fort. Als die drei genannten österreichischen Großbanken verstaatlicht wurden, traf dies auch indirekt auf jene Unternehmungen zu, bei denen sie mehr als 50 Prozent des Aktienkapitals hielten. Die Länderbank hatte zwar nicht so viele Beteiligungen wie die Creditanstalt, aber nach 1945 standen die J. M. Voith AG, die Waagner-Biró AG, die Perlmoser Zementfabrik AG, die Steyrermühl Papierfabriks AG und die Zellwolle Lenzing AG in ihrem Einflußbereich. Seit 1975 gehörte das Österreichische Credit-Institut zur Gänze der Länderbank.

In der Länderbank war Koliander mit der Führung des Geschäftes der Wiener Zweigstellen, des kreditorischen Geschäftes der Bank, des Geldhandels und großen Teilen des Auslandsgeschäftes betraut. Darüber hinaus übte er noch weitere Funktionen aus. So war er Vorsteher des Fachverbandes Banken und Bankiers in der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und Obmann-Stellvertreter der Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Wien. Weiters war er u. a. Vorsitzender des Aufsichtsrates der Simmering-Graz-Pauker AG, der Eisenstädter Bank AG und der Österreichischen Automobilfabrik ÖAF Gräf & Stift AG.

Koliander ging bei der Länderbank 1981 in den Ruhestand und erhielt 1987 den Titel Kommerzialrat verliehen. 1991 wurde die Länderbank mit der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien zur Bank Austria fusioniert. Diese übernahm 1997 mehrheitlich die Creditanstalt-Bankverein. Dieser Bankenverbund wurde 2001 von der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank übernommen, die ihrerseits 2005 an die italienische Unicredit ging. Damit endete die Stellung Wiens als bedeutender Bankenplatz, die sie seit der Monarchie innegehabt hatte. Das alles hat Koliander noch erlebt, der auf dem Ortsfriedhof von Kritzendorf begraben wurde.

Quellen und Literatur:

Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 10. 3. 2021.)
Wallner, Leopold (Dan): Die öffentliche Hand als Unternehmer. 2. Teil. Wien 1963, S. 42–51.