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LHStv. a.D. HR i.R. Sylvester Leer

LHStv. a.D. HR i.R. Sylvester Leer

Ehrenmitgliedschaften: Rudolfina

Geboren: 28.12.1880, Edelbach (nunmehr Allentsteig, Bezirk Zwettl, Niederösterreich)
Gestorben: 30.12.1957, Klagenfurt
Landeshauptmannstellvertreter (Kärnten), Landtagsabgeordneter (Kärnten)
Politische Haft: 1938/39 Polizeihaft Klagenfurt, 1939 KZ Buchenwald

Lebenslauf:

Leer wurde als Sohn eines Kleinbauern („Kleinhausbesitzer“) geboren und stammte aus Edelbach, einem jener Orte im „Ahnengau des Führers“, deren Einwohner 1938 ausgesiedelt wurden, um für den Truppenübungsplatz Döllersheim (bzw. nunmehr Allentsteig) Platz zu machen. Nach der Pflichtschule machte er eine Schlosserlehre. Den Wehrdienst absolvierte er beim k. u. k. Infanterieregiment Feldmarschall Ludwig Andreas Graf von Khevenhüller Nr. 7, dem Klagenfurter Hausregiment. Dort kam er in Kontakt mit dem Verbandskatholizismus und fand 1901 eine Anstellung beim Katholischen Preßverein St. Josef (Verlag Carinthia). 1903 übernahm er die Leitung der Filiale in Wolfsberg (Druckerei und Buchhandlung)

Aufgrund seiner beruflichen Stellung stand Leer in Kontakt mit den beiden Priesterpolitikern Konrad Walcher (Rd EM) und Michael Paulitsch (Rd EM), die hintereinander Chefredakteure des zum St.-Josef-Vereins gehörenden „Kärntner Tagblatts“ waren. Im Ersten Weltkrieg war er eingerückt (letzter Dienstgrad Unteroffizier). Nach dem Krieg wurde er in St. Andrä im Lavanttal Leiter der Zweigstelle der Kriegsgetreideverkehrsanstalt sowie Geschäftsführer der 1. Kärntner Viehverkaufsgenossenschaft.

Ebenso wurde Leer für die Christlichsoziale Partei politisch tätig und wurde am 11. November 1918 in die Vorläufige Kärntner Landesversammlung entsandt, die ihm am selben Tag in den Landesausschuß (provisorische Landesregierung) wählte. Bei den Abwehrkämpfen gegen Jugoslawien beteiligte er sich. 1921 kandidierte er bei den Wahlen für den Kärntner Landtag, wurde gewählt und gehörte diesem nach Wiederwahlen vom 5. Juli 1921 bis zum 3. Oktober 1934 an.

Leer war in der demokratischen Ära der Ersten Republik der Spitzenrepräsentant der Christlichsozialen in der Kärntner Landesregierung. So war er vom 22. Juli 1921 bis zum 21, Januar 1931 Landeshauptmannstellvertreter und dann vom 22. Januar 1931 bis zum 2. November 1934 Landesrat. Als am 23. Februar 1934 Landeshauptmann Ferdinand Kernmaier vom Landbund abgesetzt wurde, leitete Leer bis 7. März provisorisch die Geschäfte der Landesregierung. Nach seinem Ausscheiden aus ihr wurde er Leiter der Abteilung 9 der Kärntner Landesregierung mit der Funktionsbezeichnung Generalverwalter der Fürsorgeanstalten des Landes Kärnten und bekam den Titel Hofrat.

Zu seinen politischen Funktionen war Leer noch von 1927 bis 1934 Obmann der Allgemeinen landwirtschaftlichen Genossenschaftskasse und ab 1936 Obmann der Landeskrankenkasse für Kärnten. Er war auch Landesführer des Freiheitsbundes, der Wehrorganisation der christlichen Gewerkschaften.

Im Zuge des Anschlusses wurde Leer am 12. März 1938 verhaftet und befand sich dann im Polizeigefängnis Klagenfurt. 1939 wurde er in das KZ Buchenwald überstellt. Nach seiner Entlassung noch im selben Jahr war er als Buchhalter tätig.

Nach dem Krieg wurde Leer rehabilitiert und von der britischen Besatzungsmacht in die erste Provisorische Kärntner Landesregierung berufen, der er vom 8. Mai bis 6. Juni 1945 als Sozialreferent angehörte. Gleichzeitig wirkte er bei der Gründung der Kärntner ÖVP mit. In den ersten Wochen nach dem Krieg gab es Bestrebungen, die Christlichsozialen und den Landbund als jeweils selbständige Partei wieder zu errichten, wobei Leer bei den Christlichsozialen mitwirkte. Erst Anfang Juli 1945 wurde dann die ÖVP gegründet, und Leer zog sich aus der Politik zurück.

Leer wurde aufgrund der damaligen Verbindungen der Rudolfina zu Kärnten von ihr zum Ehrenmitglied ernannt. Er war auch Ehrenphilister der MKV-Verbindungen Gothia und Gral zu Klagenfurt und wurde auf dem Friedhof Klagenfurt-Annabichl begraben.

Quellen und Literatur:

Drobesch, Werner (Ca): Die Geschichte der Kärntner ÖVP 1945 bis 1994, in: Volkspartei – Anspruch und Realität. Zur Geschichte der ÖVP seit 1945 (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Band 2). Hg. von Robert Kriechbaumer (R-J) und Franz Schausberger (Rp). Wien 1995, 327f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, 408f.
Siegl, Rudolf: Die Abgeordneten zum Kärntner Landtag 1848–1938. Sozialprofil–Karrieren–Landtagstätigkeit–„Vernetzungen“. Klagenfurt phil. Diss. 2022.