Lebenslauf:
Wiesinger stammte aus Wien-Alsergrund. Nach seiner Matura am Realgymnasium begann er das Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (Dr. med. 1954), wo er dem Nordgau beitrat (Couleurname Dr. cer. Swing) und im Studienjahre 1951/52 durch zwei Semester Senior war. Sein Leibfuchs war Alfred Biolek (ehemals NdW). In dieser Zeit erhielt er das Band des kurz zuvor in Stuttgart reaktivierten Nordgau Prag, der Tochterverbindung des Nordgau Wien.
Wiesinger engagierte sich bald in der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH), zuerst im Rahmen der Medizinischen Fakultät, und wurde Mandatar im Hauptausschuß der Universität Wien. Das war die Zeit der Rivalitäten zwischen dem ÖCV und dem KV um die Vormacht im Wahlblock bzw. damit in der ÖH. Im Rahmen des „wechselseitigen Proporzes“ zwischen CV und KV kam es 1954 zu einem Wechsel in den Spitzenpositionen der ÖH. Damals gab es eine Personalunion beim Vorsitz im Hauptausschuß an der Universität Wien und dem Vorsitz des Zentralausschusses. Man einigte sich im Wahlblock auf Wiesinger als neuen Doppelvorsitzenden. Am 16. Februar 1954 wurde er Vorsitzender des Hauptausschusses und am 26. Juni 1954 Vorsitzender des Zentralausschusses. Bei den ÖH-Wahlen im Januar 1955 konnte der Wahlblock wieder die absolute Mehrheit zu Lasten des VSStÖ und des RFS gewinnen, was sicherlich auch Wiesingers Verdienst war. Aufgrund einer den KV tangierenden Personalentscheidung geriet er jedoch bald danach derart in das Kreuzfeuer des KV, so daß er im Juni 1955 von beiden Ämtern zurücktrat.
Das war insofern für Wiesinger naheliegend, denn nach Beendigung seines Studiums (1954) absolvierte er den sog. Turnus und begann eine Ausbildung als Facharzt für Innere Medizin. Das hinderte ihn aber nicht, im Studienjahr 1956/57 das Amt eines WCV-Seniors auszuüben. In dieser Zeit verliehen ihm die Verbindungen Mercuria, Rhaeto-Danubia und Waltharia ihr Band. Gleichzeitig engagierte er sich in der Wiener Ärztekammer und war von 1956 bis 1960 als Vertreter der Jung-Ärzte Mitglied der Vollversammlung und des Vorstands. In der Folge wurde er Generalsekretär der Vereinigung Österreichischer Ärzte. Zudem fand er noch Zeit, Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre die Funktion eines Generalsekretärs der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) auszuüben.
Nachdem Wiesinger seine Ausbildung als Facharzt für Innere Medizin abgeschlossen hatte, eröffnete er eine eigene Praxis. Er spezialisierte sich u. a. auf die nichtmedikamentöse Rheumatherapie und errichtete zu diesem Zweck zahlreiche Ambulatorien in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich. Daneben betrieb er noch ein privates Sanatorium und übernahm das Kur- und Schloßhotel in Strobl am Wolfangsee.
Nach diesen unterschiedlichen Engagements wundert es nicht, daß Wiesinger auch politisch aktiv wurde. Der 1971 zum ÖVP-Bundesparteiobmann gewählte Karl Schleinzer errichtete im Rahmen der ÖVP-Bundesparteileitung Arbeitsausschüsse und machte Wiesinger zum Vorsitzenden des Ausschusses für Gesundheit und Umwelt. Somit wurde er zum Gesundheitssprecher der ÖVP. Er kandidierte daher bei den im Herbst 1971 stattgefundenen Nationalratswahlen, wurde aber noch nicht gewählt. Er rückte erst am 26. November 1973 nach und wurde 1975 und 1979 wiedergewählt. Mit 18. Mai 1983 schied er am Ende der Legislaturperiode aus dem Nationalrat. Das waren die Jahre der Alleinregierung Kreisky, wo er der Widerpart der Gesundheitsministerin Ingrid Leodolter war.
Nach seinem Ausscheiden widmete sich Wiesinger wieder voll seinem Beruf sowie seinen zahlreichen Einrichtungen und engagierte sich auch wieder in seiner Verbindung, wo er von 1990 bis 2001 Philistersenior war. Er war auch Ehrenphilister der MKV-Verbindung Ostgau Wien und wurde auf dem Neustifter Friedhof in Wien begraben. Sein Sohn ist Günther Wiesinger (NdW), sein Schwiegersohn ist der ehemalige Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (A-P).
Quellen und Literatur:
Forster, Christine: Die Geschichte der Österreichischen Hochschülerschaft 1945–1955. (= Dissertationen der Universität Wien 166). Wien 1984 (Wien Phil. Diss. 1981), S. 257 – 274.Biographisches Handbuch der österreichischen Parlamentarier 1918–1993. Hg. von der Parlamentsdirektion. Wien 1993, S. 645f.
Das Band, das uns umschlingt. 1900–2000. Festschrift der K. Ö. H. V. Nordgau Wien. Wien 2000, S. 62.