Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND COULERUSTUDENTISCHER WERDEGANG
Alfred Franz Maria Biolek, so sein voller Name, wurde als Sohn des aus Österreich-Schlesien stammenden Rechtsanwalts und 1921 Mitbegründers des Nordgau Prag, Josef Biolek (NdW) (1894–1975), geboren. Freistadt war bis 1918 Sitz einer k. k. Bezirkshauptmannschaft und gehörte zum westlichen Teil des Kronlands Österreichisch-Schlesien. Nach 1918 kam dieser zur neu gegründeten Tschechoslowakei, der östliche Teil hingegen zu Polen. Nach 1945 wurde Freistadt in die Stadt Karwin (Karviná) eingemeindet. Biolek erlebte dort eine glückliche Kindheit, wurde katholisch erzogen und war Meßdiener. Nach dem Krieg wurde die Familie aus der Tschechoslowakei vertrieben und zog über Wien 1946 nach Waiblingen (Baden-Württemberg).
Biolek besuchte dort das Staufer-Gymnasium und war in seiner Schulzeit einer der ersten deutschen Austauschschüler in den USA (West-Virginia). Er legte vor Ostern (zu welchem Zeitpunkt in Deutschland damals das Schuljahr üblicherweise bzw. weitgehend endete) 1954 das Abitur ab und begann zu Anfang des anschließenden Sommersemesters 1954 das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität München, wo er am 14. Mai der dort reaktivierten Vandalia Prag beitrat. Bioleks ältester Bruder Herbert trat 1947 der Vindelicia München bei, wo er im Sommersemester 1949 Senior war. Im Sommersemester 1950 war er dann Reaktivierungssenior der Vandalia, starb jedoch schon 1951. In diesem Jahr trat auch der zweitälteste Bruder Josef der Vandalia bei, der im Sommersemester 1952 und im Wintersemester 1952/53 deren Senior war.
Biolek studierte im Wintersemester 1954/55 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, wo er dem Nordgau beitrat (Couleurname Schwipsi). Sein Leibbursch war der spätere ÖVP-Politiker Günther Wiesinger (NdW), und der spätere Vorsitzende der ÖCV-Verbandsführung Johann Schmid (NdW) saß im selben Fuchsenstall. Der nahezu parallele Beitritt bei der Vandalia und dem Nordgau Wien war dem Umstand geschuldet, daß zum einen der in Deutschland wiederentstandene CV sowie der ÖCV völlig getrennte und unabhängige Organisationen waren und daß zum anderen zwischen den beiden noch kein Verbändeabkommen abgeschlossen war (das gab es erst seit 1957). Wäre damals dieses bereits vorhanden gewesen bzw. hätte es den gemeinsamen CV noch gegeben, dann wäre folgende Bestimmung des CV-Rechts zum Tragen gekommen: Wechselt während einer Fuchsenzeit jemand den Studienort und meldet sich als solcher vorschriftsmäßig am neuen Ort bei einer CV-Verbindung, dann wird dieser Fuchs bei dieser Verbindung geburscht und dann Urmitglied derselben, allerdings mit dem Rezeptionsdatum der Ursprungsverbindung. Bei Biolek wäre in diesem Fall im Gesamtverzeichnis NdW 13. 5. 1954 gestanden.
Im ersten 1955 erschienenen deutschen CV-Gesamtverzeichnis (Stichtag 1. 1. 1955) steht Biolek als Urmitglied bei der Vandalia mit dem og. Eintrittsdatum. Er steht erstmals im österreichischen Gesamtverzeichnis des Jahres 1959 als Studierender beim Nordgau Wien mit dem Eintrittsdatum 21. Oktober 1954. Da nach dem Verbändeabkommen zwischen CV und ÖCV von 1957 niemand gleichzeitig Urmitglied von zwei Verbindungen sein kann, steht er im deutschen Gesamtverzeichnis von 1958 bei Vandalia als Bandinhaber mit der Urmitgliedschaft Nordgau. Das ist nach den genannten Bestimmungen korrekt, denn er wurde ja bei Vandalia nicht geburscht. Biolek und sein Bruder Josef stehen letztmalig bei der Vandalia im deutschen Gesamtverzeichnis 1961, ab dem Gesamtverzeichnis 1964 fehlen beide und tauchen nicht mehr auf. Warum das so war, ist nicht eruierbar. Jedenfalls war Josef Biolek später beim Deutschlandfunk in Köln, wo er die Redaktion Religion bzw. Kirche leitete.
Ab dem Sommersmester 1955 studierte Alfred Biolek wieder zwei Semester in München und war bei Vandalia verkehrsaktiv. In einem dieser beiden Semester bekleidete er die Charge eines Conseniors. Ab dem Sommersemester 1956 studierte er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg/Br, weiter, nach seiner Aussage deshalb, weil das im Gegensatz zu München ein ruhigerer Studienort war. Er wollte sich bei Hercynia verkehrsaktiv melden, doch diese hatte nach seiner Aussage für Verkehrsaktive einen Numerus Clausus. Aus diesem Grund beantragte er bei seiner Urverbindung Nordgau die Inaktivierung, um als Verkehrsinaktiver zur Hercynia zu gehen, die eine Patenverbindung der Vandalia war. Ob er tatsächlich ein solcher wurde bzw. war, ist nicht nachzuweisen. Fest steht aber, daß er bei ihr nicht Bandinhaber war.
1958 legte Biolex das erste juristische Staatsexamen mit Prädikat ab und war dann am dortigen Lehrstuhl für ausländisches privates Recht wissenschaftlicher Assistent. 1962 wurde er mit einer Arbeit zum internationalen Privatrecht promoviert (siehe Publikationsverzeichnis unten) und legte 1963 das zweite juristische Staatsexamen ab. In dieser Zeit vertrat er seinen an Krebs erkrankten Vater als Referendar in dessen Anwaltskanzlei. Im Februar 1963 trat er als Justitiar in der Rechtsabteilung in den Dienst des 1961 gegründeten Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in Mainz.
BERUFLICHER WERDEGANG
Biolek war für die darstellende Kunst begabt, wobei er seit jeher auf der humoristischen Seite stand. Als er beim Beitritt zum Nordgau das Standesblatt ausfüllte, gab er unter Religion „buddhistisch!!!!!!!“ an. In Freiburg war er Mitbegründer des Studenten-Kabaretts „Das trojanische Pferd“. Seine diesbezügliche Begabung dürfte er von seiner Mutter mitbekommen haben, die Laienschauspielerin war. Daher wechselte er im ZDF schon bald zu redaktionellen Tätigkeiten, die ihm naturgemäß mehr reizten.
1970 ging Biolek nach München zur Bavaria Atelier GmbH, deren Gesellschafter hauptsächlich ARD-Rundfunkanstalten waren bzw. sind. Dieser Ortswechsel führte zu einer erheblichen Veränderung seines Lebensstils und einer Abwendung von seiner bisherigen bürgerlich-konservativen Lebensweise. Die Folge war u. a. sein Austritt aus der CDU und später seine Abwendung vom CV (siehe unten). Ab 1974 produzierte er dort die Sendung „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell. Bald wechselte er zum WDR nach Köln, wo er die Talkshow „Kölner Treff“ moderierte. Ab Februar 1978 produzierte und moderierte er die TV-Sendung „Bio’s Bahnhof“ (aus einer Depothalle der ehemaligen Köln-Frechen-Benzelrather-Bahn), wo er sich als Entdecker von Talenten betätigte, wie u. a. Anke Engelke oder Kate Bush und Paolo Conte. Es folgten beim WDR die Talkshow „Bei Bio“ (1983–1985), die Sendung „Show Bühne“ (1983–1987) und die Spiel-Show „Mensch Meier“ (1985–1991).
Der Höhepunkt seines Fernsehschaffens war die wöchentliche Talkshow „Boulevard Bio“, wo im Vergleich zu jetzigen Talkshows auf hohem Niveau eine gepflegte Unterhaltung geboten wurde (1991–2003). Bei dieser war 1996 Bundeskanzler Helmut Kohl zu Gast, wobei Biolek beanstandet wurde, weil er keine kritischen Fragen gestellt hätte. Ende Dezember 1994 startete seine Kochsendung „alfredissimo!“, in der mehr oder minder prominente Gäste ihre Lieblingsgerichte vorstellten, während Biolek sich mit ihnen unterhielt und parallel dazu ein eigenes Gericht kochte („Pfeffer nur aus der Mühle!“). Im Herbst 2006 wurde die letzte Staffel dieser beliebten Sendung produziert.
1979 gründete Biolek die Pro GmbH, die Künstlermanagement betrieb sowie TV-Sendungen bzw. -Serien entwickelte und produzierte. Sie war auch zu 25 Prozent am Restaurant „Alter Wartesaal“ im Kölner Hauptbahnhof beteiligt. Seit Oktober 1990 war er Honorarprofessor an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Im Oktober 2005 gründete er die „Alfred-Biolek-Stiftung“, die sich für junge Menschen in Afrika einsetzte. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so u. a. den Adolf-Grimme-Preis, den Bambi, den Karl-Valentin-Orden, zweimal die Goldene Kamera und den Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk. In den sechziger Jahren wurde ihm bewußt, daß er homosexuell veranlagt ist, ging aber damit diskret um und thematisierte das nicht öffentlich. Im Dezember 1991 wurde er in der RTL-plus Talkshow „Explosiv – der heiße Stuhl“ vom Filmemacher Rosa von Praunheim geoutet, was für ihn unangenehm, aber letztlich heilsam war.
Biolek beeinflußte im ersten Programm der ARD und im WDR den bis heute anhaltenden Boom der Talk- und Kochshows, wobei sein Markenzeichen darin bestand, sich wirklich für seine Gäste zu interessieren. „Er hörte zu, wollte Prominente als Privatmenschen kennenlernen. ohne das Privateste hervorzukehren. Sein ‚Boulevard‘ war einer mit Maß, Vornehmheit und Zurückhaltung, ohne Sensationsgier und Bloßstellung.“ (Frankfurter Allgemeine).
Biolek zählte zu jener Riege von TV-Moderatoren und Showmaster, die in den achtziger Jahren Karriere machten sowie in ihrer Kindheit und Jugend stark katholische geprägt wurden und teilweise Meßdiener waren. Dazu zählen u. a. auch Frank Elstner, Thomas Gottschalk (TsM), Günther Jauch, Johannes B. Kerner und Harald Schmidt. In einer TV-Dokumentation Ende der neunziger Jahre wurde dieser Umstand thematisiert, und aus den damaligen Äußerungen Bioleks konnte man entnehmen, daß der katholische Einfluß, insbesondere durch die Liturgie, seine darstellende künstlerische Begabung befördert hätte.
Biolek gab als seine Berufswünsche Priester, Zirkusdirektor und Dirigent an. „Und ich bin von allem etwas geworden.“ In einem Interview mit der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) betonte er, daß der katholische Glaube für ihn eine große Rolle spielte. Solche und ähnliche Äußerungen sind mehrfach von ihm überliefert. So auch in der im Juni 2014 in der ARD ausgestrahlten Fernsehdokumentation „Mensch Bio!“ von der von ihm geförderten Sandra Maischberger aus Anlaß seines 80. Geburtstages.
BIOLEK UND DER CV
Als 1983 der Standesführer des ÖCV-Altherrenlandesbundes Deutschland, ein Rundfunkjournalist, mit Biolek wegen seines CV-Status Kontakt aufnahm, hat er diesem erzählt, daß er sich vom CV bzw. seiner Verbindung wegen seiner Veranlagung zurückgezogen hätte, um diese deshalb nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Er hätte aber nichts gegen diese und erinnere sich gerne an diese Zeiten zurück. Das deckte sich mit andernorts gemachten Aussagen von ihm, so etwa in der erwähnten TV-Dokumentation von Maischberger. In dieser äußerte er sich auch sehr positiv über seine Zeit 1954/55 beim Nordgau Wien. Beeindruckt hatten ihn damals auch das Agieren von Bundeskanzler Julius Raab (Nc) und Außenminister Leopold Figl (Nc).
In seinen, im Archiv des Nordgau befindlichen verschiedenen Schreiben wird deutlich, daß Biolek offenbar ein begeisterter Couleurstudent war. So schreibt er in seinem Inaktivierungsgesuch, daß er vorhat, während seiner Vorbereitung zum zweiten juristischen Staatsexamen bei der in Stuttgart reaktivierten Verbindung Nordgau Prag aktiv zu werden und seine Dissertation in Wien zu schreiben, und „ich verspreche schon jetzt fest, […] aktiv am Verbindungsleben meiner geliebten Urverbindung teilzunehmen“. Biolek steht letztmalig im österreichischen Gesamtverzeichnis 1980. Wann tatsächlich sein formeller Austritt erfolgt ist, kann nicht eruiert werden. Möglicherweise fand er nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1975 statt.
Biolek stürzte 2010 auf einer Wendeltreppe und lag mit schweren Schädelverletzungen im Krankenhaus eine Zeitlang im Koma. Seitdem geschwächt lebte er weitgehend zurückgezogen und starb („friedlich eingeschlafen“) in seiner Kölner Wohnung. Sein Leichnam wurde eingeäschert. Nach der Möglichkeit, am 5. August in einem Kölner Bestattungshaus von ihm Abschied zu nehmen, wurde er im engsten Familien- und Freundeskreis auf dem Kölner Friedhof Melaten beigesetzt.
Werke:
(Auswahl)Die Schadensersatzpflicht des Verkäufers und Herstellers mangelhafter Waren nach englischem Recht (1962).
Pasta, Spaghetti, Penne & Co (2002).
Kartographie des Boulvards (2003).
Meine neuen Rezepte und Wein, wie ich ihn mag (2006).
Bio. Mein Leben (2006).
Die Rezepte meines Lebens (2018).
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Nordgau Wien. Standesblätter, Rezeptionsgesuch, Inaktivierungsgesuch und Philistrierungsgesuch (Gerhard Labschütz, 10. 8. 2021).ÖCV-Archiv (Mitteilung Karl Wolfgang Schrammel, 30. 7. 2021)
Frankfurter Allgemeine, 24. 7. 2021, S. 16.
https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Biolek (Abgerufen am 06.07.2022)