Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND AKADEMISCHE LAUFBAHN
Weiß wurde als Sohn eines Landwirts geboren, besuchte in seinem Geburtsort die Volksschule und kam 1862 ans bischöfliche Knabenseminar und Gymnasium in Graz, wo er 1869 maturierte. Danach trat er in das Priesterseminar ein und studierte an der Theologischen Fakultät der Universität Graz (abs. theol. 1874, Dr. theol. 1883). Am 20. Juli 1873 wurde er zum Priester geweiht. Nach Studienende 1874 wurde er Kaplan in Wolfsberg im Schwarzautal (Bezirk Leibnitz).
Wegen seiner musikalischen Begabung wurde Weiß schon im Frühjahr 1874 an die Chordirigentenschule Regensburg geschickt. Von dort kam er Mitte 1876 nach Graz zurück, war dann zuerst am Bischöflichen Gymnasium als Lehrer für Religion, Mathematik, Geschichte, Geographie und Gesang eingesetzt und vollendete daneben an der Theologischen Fakultät sein Doktoratsstudium. 1885 wurde er zum Domkaplan ernannt, ab 1890 wirkte er am Dom als Chorvikar. Darüber hinaus war er Religionslehrer an verschiedenen Grazer Gymnasien und Schulen. 1891 wurde er zum Domkapellmeister ernannt.
Daneben bereitete sich Weiß auf eine akademische Laufbahn vor. 1892 habilitierte er sich für das Fach Altes Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Graz und war gleich als Supplent eingesetzt. Bereits am 1. April 1893 wurde er dort zum ordentlichen Universitätsprofessor dieses Faches ernannt. In den Studienjahren 1894/95 und 1906/07 war er Dekan der Theologischen Fakultät.
WEISS UND DIE CAROLINA
Für das Studienjahr 1900/01 wurde Weiß zum Rektor der Universität Graz gewählt. Damit war ein Sitz im Steiermärkischen Landtag verbunden (Virilist). Weiß wurde nun in die Auseinandersetzungen zwischen der Carolina und den schlagenden Verbindungen hineingezogen. Die Rektoratsinauguration sollte am 5. November 1900 stattfinden. Nachdem Carolina in den Jahren zuvor nicht zur Teilnahme in Vollwichs zu dieser Feier eingeladen worden war, hoffte die Verbindung wegen eines Theologen, nun diesmal eingeladen zu werden.
Die Vertreter Carolinas ließen sich nun bei Weiß melden und überreichten ihm ein Schreiben, in dem die Teilnahme an der Inaugurationsfeier in vollen Farben verlangt wurde. Weiß erklärte, daß er das Anliegen der Verbindung unterstützen werde. Er wollte nur deshalb die schlagenden Verbindungen alleine zu sich bitten, um sie so eher zum Nachgeben zu bewegen. Aber bei dieser Besprechung beharrten die schlagenden Verbindungen auf ihrem alten Standpunkt und lehnten eine Teilnahme Carolinas an.
Mit Datum vom 27. Oktober 1900 ließ nun Weiß kundmachen, daß die Feier verschoben werde. Daraufhin verlangten die übrigen Fakultäten die Einberufung des Senats. Auf dieser Sitzung versuchte Weiß nun durchzusetzen, daß, wenn die Carolina nicht kommen könne, auch die anderen Verbindungen nicht erscheinen dürfen. Daraufhin beschloß der Senat mit den Stimmen der weltlichen Fakultäten, „daß die Inauguration in der bisher üblichen Form abgehalten werde“. Daraufhin reichte Weiß mit 16. November sein Demissionsgesuch beim Unterrichtsministerium ein.
In der Öffentlichkeit, vor allem in der Presse, entstand wiederum eine breite Diskussion. Durch das kluge Vorgehen des Ministeriums und der Statthalterei konnte Weiß bewogen werden, seine Demission zurückzunehmen. Die Folge war nun, daß die drei weltlichen Fakultäten in Hinkunft bei der Rektoratswahl die Theologische Fakultät übergingen, die traditionsgemäß jedes vierte Jahr den Rektor hätte stellen sollen. Erst 1921 wurde wiederum ein Theologe dazu gewählt.
Die Carolina verlieh Weiß nach seinem Rektorat als Dank für sein mutiges Eintreten die Ehrenmitgliedschaft. Der Beschluß hierzu erfolgte am 22. November 1901, die Verleihung geschah am Weihnachtskommers, dem 12. Dezember. Im Jahr 1918 ließ er sich von seiner Lehrverpflichtung gesundheitshalber beurlauben und starb ein Jahr später in seinem Geburtsort kurz vor seiner endgültigen Versetzung in den Ruhestand. Er wurde in St. Ruprecht begraben. Sein Bruder Anton Weiß war ebenfalls Professor an der Theologischen Fakultät der Universität Graz. Sein Nachfolger auf der Lehrkanzle für Altes Testament wurde Alois Hudal (BbG EM).
Werke:
Das Buch Exodus übersetzt und erklärt (1911).Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Carolina. Carolinas Tote 2, 187f.Academia 14 (1901/02), S. 292.
Hartmann, Gerhard (Baj): Im Gestern bewährt. Im Heute bereit. 100 Jahre Carolina. Zur Geschichte des Verbandskatholizismus. Unter Mitarbeit von Dieter A. Binder. Herausgegeben von Maximilian Liebmann im Auftrag des Altherrenbundes der K. Ö. H. V. Carolina (= Grazer Beiträge zur Theologiegeschichte und Kirchlichen Zeitgeschichte Band 2). Graz 1988, S. 69, 80f., 92, 147 und 257.
Hartmann, Gerhard (Baj) – Simmerstatter, Markus (Cl): Ein großes Gehen Hand in Hand. 125 Jahre Carolina 1888 bis 2013. Graz 1913, S. 364