Lebenslauf:
Bettinger wurde als Sohn eines Hufschmieds geboren und absolvierte 1869 das Gymnasium in Speyer (bischöfliches Seminar). Danach studierte er an Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck, wo er der Austria beitrat (Couleurname Firdusi), und ab dem Wintersemester 1871/72 in Würzburg, wo er der gerade bei der am 7. Februar 1871 gegründeten Markomannia aktiv wurde. Dort bekleidete er zwei Semester lang sogar eine Charge (Schriftführer und Consenior). Im Herbst 1872 kehrte er nach Speyer zurück und beendete sein Studium an der dortigen Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt.
Am 17. August 1873 erhielt Bettinger in Speyer die Priesterweihe und war danach im Bistum Speyer verschiedentlich in der Seelsorge tätig, u. a. in Zweibrücken und Kaiserslautern. Von 1982 und 1995 war er auch Distriktsschulinspektor. Aufgrund seiner erfolgreichen Seelsorgetätigkeit, seines ungewöhnlichen Organisationstalents sowie seines sozialen Interesses wurde er am 21. Mai 1895 vom Prinzregenten Luitpold von Bayern zum Mitglied des Speyerer Domkapitels ernannt (die Pfalz gehörte bis 1945 zu Bayern). Gleichzeitig wurde er Dompfarrer von Speyer und im Januar 1909 auch Domdekan des Kapitels.
Am 23. Mai 1909 wurde Bettinger überraschend als Nachfolger des am 4. Mai verstorbenen Münchener Erzbischofs Franz Joseph von Stein vom Prinzregenten Luitpold zum Erzbischof von München und Freising ernannt, die päpstliche Bestätigung erfolgte am 26. Juni und die Bischofsweihe am 15. August durch den Nuntius in München, den aus der Steiermark stammenden späteren Kurienkardinal Andreas Frühwirth. Bei der Bischofsweihe in der Münchener Frauenkirche (Dom) chargierte die Austria. Im selben Jahr wurde Bettinger geadelt und Mitglied des Reichsrates der Krone Bayerns (das war die Erste Kammer des bayerischen Landtags). Am 25. Mai 1914 wurde er zum Kardinal erhoben und war somit nach 119 Jahren der erste in Bayern residierende Kardinal. Er war das erste Urmitglied des CV, das zum Kardinal kreiert wurde. Am selben Tag erhielt auch der Wiener Erzbischof, Friedrich Gustav Piffl (Wl EM), die Kardinalswürde.
Bettinger hat sich um die Großstadt- und Arbeiterseelsorge verdient gemacht und trat für die interkonfessionellen Christlichen Gewerkschaften ein (gegen die integrale Berliner Richtung). Ebenso förderte er die katholischen Vereine. 1914 wurde er zum Feldpropst des bayerischen Heeres ernannt. Zeit seines Lebens blieb Bettinger der Idee des katholischen Farbstudententums verbunden. So legte er beim Festkommers anläßlich des Katholikentages 1910 in Augsburg ein begeistertes Bekenntnis zum CV ab. Bettinger war das erste Urmitglied einer österreichischen Verbindung, der zum Bischof ernannt wurde. Er war auch Ehrenmitglied der KV-Verbindung Alemannia München.
Bettinger litt ab 1912 an einer Herzerkrankung und starb für die Öffentlichkeit unerwartet. Er konnte sich wegen des 1914 begonnenen Ersten Weltkrieges und seiner relativ kurzen Regierungszeit nicht in ausreichendem Maße entfalten. Nicht zuletzt auch wegen seiner mangelnden Rednergabe wird er in der Historiographie zurückhaltend beurteilt. Er wurde in der Krypta des Münchener Liebfrauendoms beigesetzt.
Quellen und Literatur:
Academia 22 (1909/10), 41; 22 (1909/10), 195; 27 (1914/15), 1, und 30 (1917/18), 7, 59–64.Kriss, Simon–Zathammer, Stefan: Austriae mortuis I. Die Verstorbenen Austrier der Rezeptionsjahrgänge von 1864–1910. Innsbruck 2024, 62 und 522.
Preysing, Konrad Graf: Kardinal Bettinger nach persönlichen Erinnerungen. Regensburg 1918.
Gatz, Erwin: Franz von Bettinger, in: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon. Hg. von Erwin Gatz. Berlin 1983, 49f.
Bischöfe, Äbte, Pröpste aus dem CV und ÖCV. Hg. vom Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen und vom Cartellverband der katholischen österreichischen Studentenverbindungen. Regensburg–Wien 2009, 16f.