Lebenslauf:
Lentsch wurde als Sohn eines Bauern geboren. Sein Geburtstort Oggau lag damals in Westungarn und hieß Oka. Er absolvierte von 1924 bis 1928 die Lehrerbildungsanstalt der Schulbrüder in Wien-Strebersdorf und war danach Volksschullehrer in Tadten, Markt St. Martin und Klostermarienberg. 1935 wurde er in die Schulabteilung der Apostolischen Administratur nach Eisenstadt berufen. 1937 legte er die Lehrbefähigungsprüfung für Hauptschulen in den Fächern Deutsch, Geschichte und Turnen ab. Während dieser Zeit war er auch der Hauptbearbeiter des zweibändigen „Burgenländischen Lesebuchs“ und Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen. Darüber hinaus war er auch in der Vaterländischen Front und im Reichsbund aktiv.
Im März 1938 wurde Lentsch verhaftet und war sieben Wochen im Gefängnis. Dazu diente das für diesen Zweck adaptierte Bürgerspital von Eisenstadt. Nach zeitweiser Wiedereinstellung wurde er am 1. November 1938 mit 50 Prozent der Aktivbezüge in den Ruhestand versetzt. Nach kurzer Zeit als Buchhalter in der Ziegelfabrik des Lorenz Karall (A-P) war er ab Ende 1939 Angestellter der Finanzkammer der Apostolischen Administratur und versah den Kantorendienst in der Pfarre Kleinfrauenhaid.
Anfang 1940 wurde Lentsch zur Deutschen Wehrmacht eingezogen. Ende des Krieges geriet er in Oberösterreich in US-Gefangenschaft und wurde im Lager Lambach-St. Veit interniert. Im Sommer 1945 wurde er für die Einbringung der Ernte zu einem Bauern in der Nähe von Gallneukirchen (Mühlviertel) abkommandiert. Im August 1945 wurde er entlassen und kehrte unter abenteuerlichen Umständen ins Burgenland zurück, das zur sowjetischen Besatzungszone gehörte.
Sofort engagierte sich Lentsch in der Politik und wurde Landesparteisekretär der ÖVP, welche Funktion er bis 1960 ausübte. Er war somit der am längsten dienende ÖVP-Landesparteisekretär der Zweiten Republik. Bei den ersten Landtagswahlen Ende November 1945 bekam die ÖVP eine deutliche Mehrheit (und damit vier von sechs Landesräten), und auch er erhielt ein Mandat. Dem Burgenländischen Landtag gehörte er vom 13. Dezember 1945 bis zum 27. Juli 1960 an.
Am 4. November 1949 wurde Lentsch zum Landesrat gewählt, welche Funktion er bis zum 19. März 1953 ausübte. Infolge der Landtagswahlen von 1953 verlor die ÖVP einen Sitz in der Landesregierung, so daß er vom 9. März 1953 bis zum 22. Juni 1956 Landtagspräsident war. Vom 11. Juni 1956 bis zum 4. März 1960 war er Klubobmann der ÖVP-Fraktion im Landtag und vom 22. Juni 1956 bis zum 8. August 1961 war er wieder Landesrat, wobei er das Ressort Schulen leitete.
Am 8. August 1961 wurde Lentsch zum Landeshauptmann des Burgenlands gewählt, was er bis zum 3. Juni 1964 war. Am 26. Oktober 1963 wurde er als Nachfolger von Lorenz Karall (A-P EM) zu ÖVP-Landesparteiobmann gewählt, welche Funktion er bis 16. April 1968 ausübte.
Lentsch war der Spitzenkandidat der ÖVP für die Landtagswahlen im April 1964. Während des Wahlkampfes klagte er immer wieder über rheumatische Beschwerden, wogegen er Injektionen eines neuen Präparats erhielt. Aus nie ganz geklärten Gründen begann daraufhin Gewebe abzusterben, und es drohte eine Selbstvergiftung. Es dauerte ein ganzes Jahr und eine Anzahl von Operationen, bis er wieder halbwegs gesund war. Er litt aber bis an sein Lebensende unter diesen Beschwerden.
Den Großteil des Wahlkampfes konnte Lentsch daher nicht absolvieren, so daß die ÖVP die Wahl mit einer Differenz von nur 1200 Stimmen verloren hatte. Sie sollte die Mehrheit bis heute nicht mehr wieder gewinnen. In der Partei machte man ihn für die Niederlage verantwortlich und drängten ihn, alle Positionen aufzugeben.
Neben der gesundheitlichen Schwächung des Spitzenkandidaten war aber auch der Strukturwandel im Burgenland Ursache für den Verlust. Bereits in der Zwischenkriegszeit war die Sozialdemokratie schon sehr stark, und die Christlichsozialen lagen nur sehr knapp vorne. Die ersten beiden Wahlen nach dem Krieg ergaben zwar noch eine deutliche Mehrheit für die ÖVP, diese begann aber bis 1964 sukzessive abzubröckeln. Es war dies zum ersten Mal in Österreich, daß es in einem Bundesland einen Wechsel in der Parteimehrheit gab.
Obwohl Lentsch durch seine politische Tätigkeit gleich nach 1945 nicht viel Zeit für seinen eigentlichen Beruf als Lehrer aufbringen konnte, fühlte er sich diesem immer verbunden. Bereits gleich nach dem Krieg gründete er den Katholischen Lehrerverein für das Burgenland und war deren erster Obmann. Mit 1. Dezember 1948 wurde er nominell zum Bezirksschulinspektor ernannt.
Als tiefgläubiger Mensch und großer Marienverehrer begann Lentsch im Ruhestand mit dem Sammeln von Marienliedern. Aus dem ganzen deutschen Sprachraum und zum Teil aus den ehemaligen Ländern der Monarchie brachte er fast 4.000 Marienlieder zusammen. Er hatte auch noch Zeit zum Schreiben eines Buches. Es behandelt die Zeit seiner Kindheit in seiner Heimatgemeinde Oggau. Lange Jahre versah er auch noch den Dienst an der Orgel in der Pfarre Kleinhöflein-Eisenstadt und leitete dort den Kirchenchor
Josef Lentsch verstarb an den Folgen einer Tumoroperation und liegt auf dem Ortsfriedhof von Kleinhöflein-Eisenstadt in einem Ehrengrab der Pfarrgemeinde begraben. In Eisenstadt wurde eine Straße nach ihm benannt.
Werke:
Die Orgel weint. Lyrik und Prosa (1982).Quellen und Literatur:
Mitteilung von Josef Lentsch jr. (A-P) vom 16. 3. 2012.Kriegler, Johann: Politisches Handbuch des Burgenlands. II. Teil (1945–1995) (= Burgenländische Forschungen Heft 76). Eisenstadt 1996, S. 219f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 203f.