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Prof. Rudolf List

Prof. Rudolf List

Urverbindung: Traungau (07.08.1920)

Bandverbindungen: GlL

Geboren: 11.10.1901, Leoben (Steiermark)
Gestorben: 27.11.1979, Graz
Schriftsteller, Journalist, Präsident des Verbandes katholischer Schriftsteller und Journalisten

Lebenslauf:

AUSBILDUNG UND BERUFLICHE LAUFBAHN

List wurde als Sohn eines Einzelhändlers geboren und besuchte in Leoben das Gymnasium, wo er die katholische Pennalie Lützow mitbegründete (später MKV). Nach der Matura begann er das Studium der Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und Volkskunde an der Philosophischen Fakultät der Universität Graz, wo er dem Traungau beitrat (Couleurname Skis). Gleichzeitig absolvierte er an der Grazer Handelsakademie den einjährigen Abiturientenkurs. Im Oktober 1922 war er in Leoben einer der Begründer der CV-Verbindung Glückauf. In Graz engagierte er sich in der Studentenvertretung bzw. im Katholisch-Deutschen Hochschulausschuß (KDHA), und war im Studienjahr 1922/23 Mitglied der Kammer und dort Obmann der Fraktion des KDHA. Als solcher nahm er 1923 am Deutschen Studententag in Innsbruck teil. Im Wintersemester 1923/24 war er beim Traungau Fuchsmajor.

Nach dem Tod seiner Mutter – sein Vater war bereits 1909 verstorben – mußte List vorübergehend das elterliche Geschäft übernehmen, brach das Studium ab und begann aufgrund seiner schriftstellerischen Begabung die Berufslaufbahn eines Journalisten. Nach einer Ausbildung beim katholischen „Grazer Volksblatt“ unter dem Chefredakteur Karl Schwechler (Cl EM) war er von 1924 bis 1928 Redakteur bei der christlichsozialen „Leobener Zeitung“ (Wochenblatt). Danach ging er nach Wien und war bis 1938 Redakteur bzw. Ressortleiter Kultur bei der „Reichspost“, wo Friedrich Funder (Cl) Herausgeber war. Fallweise war er auch Mitarbeiter von Bundeskanzler Ignaz Seipel (Nc EM). Von 1928 bis 1935 war er zusätzlich Chefredakteur des illustrierten Wochenblattes „Die Woche“. Desgleichen gehörte er dem Programmbeirat der RAVAG (Radiosender) an. Von 1933 bis 1936 war er Präsident des Verbandes katholischer Schriftsteller und Journalisten. Diesem gehörten ca. 400 Mitglieder an und war wesentlich größer als der österreichische PEN-Club.

Nach dem Anschluß verblieb List vorerst bei der „Reichspost“ bis zu deren Einstellung Ende September 1938, um danach die Funktion eines Presseamtsleiters beim Kreis Nikolsburg (nunmehr Mikulov) zu übernehmen. Dieser kam nach der Abtretung der deutschsprachigen Gebiete der Tschechoslowakei im Herbst 1938 zu Niederösterreich (bzw. Niederdonau). Gleichzeitig war er Redakteur beim „Nikolsburger Kreisblatt“. Im November 1940 ging er als Ressortleiter für Kunst und Kultur zur „Volksdeutschen Zeitung“ nach Brünn.

1945 wurde List aus dem Gebiet der Tschechoslowakei vertrieben und verlor dabei sein ganzes Hab und Gut. Zuerst lebte er in Oberösterreich, wo seine Vorfahren herstammten. Dort war er ab Herbst 1946 Chefredakteur der damals ins Leben gerufenen „Oberösterreichischen Zeitung“. 1947 kehrte er nach Leoben zurück und gründete dort die „Obersteirische Zeitung“ (Wochenblatt). Daneben war er auch für andere Zeitungen, u. a. für die „Kleine Zeitung“, als Journalist tätig. 1951/52 war er provisorisch mit dem Aufbau eines Kulturamtes für die Stadt Leoben betraut. 1952/53 war er Redakteur bei der „Rieder Volkszeitung“ (Katholischer Preßverein Oberösterreich). 1954 wurde er schließlich Redakteur beim steirischen ÖVP-Organ „Südost-Tagespost“, wo er bis zu seiner Pensionierung 1966 blieb. Chefredakteur war dort ab 1961 Helmut Schuster (F-B).

RUDOLF LIST ALS SCHRIFTSTELLER

Lists schriftstellerische Begabung zeigte sich bereits während seiner Gymnasialzeit. Eines seiner frühesten Gedichte entstand angeregt durch seine Teilnahme am Begräbnis von Peter Rosegger im Sommer 1918. Es folgten weitere Gedichte und auch Nachdichtungen, so etwa von Oden des römischen Dichters Horaz. In seinem literarischen Schaffen findet man sowohl Sozialkritik als auch seinen Bezug zu Heimat und Volk, wobei für ihn hier – der damaligen Zeit entsprechend – das deutsche Volk gemeint war.

1927 gab List eine Anthologie steirischer Dichter heraus, die erste dieser Art im 20. Jahrhundert. In dieser Linie lag über Jahre hindurch auch die von ihm herausgegebenen „Steirischen Volkskalender“ und „Obersteirischen Kalender“. So kam es, daß bei ihm das Genre der Kalendergeschichten eine besondere Stellung eingenommen hatte. Dieses ist weitgehend verschwunden, weil es nach 1945 jene jährlichen Kalender oder Almanache kaum mehr gibt, die neben dem Kalendarium (inkl. Bauernregeln) und praktischen Tips auch Kurzgeschichten enthielten. So wurden diese Kalender, gleichsam ein Florilegium, ein Jahresbegleiter vor allem in der bäuerlichen Welt.

Nachdem List mit der Herausgabe seiner Gedichte Erfolg hatte, veröffentlichte er in den dreißiger Jahren zunehmend auch Prosa. 1933 erschien seine „Kleine Bruckner-Novelle“, mit der er auch außerhalb Österreichs bekannt wurde. Starke Anregungen erhielt er von der Landschaft des oberen Murtals, die man in seinem Roman „Michael. Roman eines Schicksals“ findet, der 1936 bei dem renommierten Wiener Verlag Zsolnay erschienen ist und 1948 im Verlag Anton Pustet (damals zu Styria gehörend) neu aufgelegt wurde. Hier wird weitab von der Großstadt die Einfalt ländlicher Bescheidung gepriesen. Aber nicht nur, denn neben den lichten Seiten finden sich auch die glücklosen Schatten des armen und bedrückenden Lebens.

List war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Förderer und Dokumentator des literarischen Schaffens der damaligen Zeit in Österreich. So förderte er u. a. Paula Grogger, Karl Heinz Waggerl, Josef Friedrich Perkonig, Enrica von Handel-Mazzetti, Guido Zernatto, Friedrich von Gagern. Er tat dies, indem er sie vor allem in seinen von ihm herausgebrachten Kalendern und Almanachen sowie in seinen literaturhistorischen Veröffentlichungen berücksichtigte. List hinterließ ein umfangreiches Schaffen, das sehr breit gefächert war. Von der Lyrik über die Prosa und literaturhistorischen Darstellungen bis hin zur Kunsttopographie. Siehe dazu im untenstehenden Publikationsverzeichnis.

List erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen, so u. a. den Kulturpreis der Stadt Leoben (1951), den Peter-Rosegger-Literaturpreis des Landes Steiermark (1957), den Professoren-Titel (1962), den Erzherzog-Johann-Forschungspreis (1971), das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1972) und das Ehrenzeichen der Landeshauptstadt Graz in Gold (1975). In Graz-Waltendorf wurde 1985 eine Gasse nach ihm benannt, die jedoch ab 2021 ins Visier der Stadtregierung unter KPÖ, Grüne und SPÖ kam.

RUDOLF LIST UND DER ZWIESPALT DIESER JAHRE

Für Rudolf List, durch seine steirische Heimat und sein hochschulpolitisches Engagement geprägt, spielte das Bekenntnis zum Deutschtum eine besondere Rolle. Das war damals nicht ungewöhnlich, denn auch in Österreich fühlte man sich als Deutsche und strebte nach 1918 einen Anschluß an das Deutsche Reich (Weimarer Republik) an, was jedoch die Siegermächte untersagten. Zu einem diesbezüglichen Wendepunkt für List wurde das Jahr 1933. Er war Mitglied des österreichischen PEN-Clubs, und als es im Mai 1933 in Deutschland zu der von den Nazis organisierten Bücherverbrennungen kam, war der österreichische PEN-Club bzw. dessen Delegierte bei der folgenden internationalen PEN-Tagung bei jenen, die diese Bücherverbrennungen verurteilten. Daraufhin traten zahlreiche Mitglieder des österreichischen PEN-Clubs aus, darunter im September 1933 auch List.

Diese gründeten Ende 1936 den Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs (BdSÖ), dem List dann beitrat. Dieser vereinte katholische-nationale Schriftsteller, wie etwa den ersten Vorsitzenden Max Mell oder auch List, mit (krypto-) nationalsozialistisch Gesinnten und war sicherlich auch ein Produkt des Juli-Abkommens von 1936. Die im Endbericht der „ExpertInnenkommission für Straßennamen in Graz“ (siehe Quellen und Literatur) gemachte Behauptung, List sei Vorstandsmitglied des BdSÖ und nach dem Anschluß Geschäftsführer des BdSÖ sowie der Reichsschrifttumkammer gewesen, läßt sich in Gerhard Renner (siehe Quellen und Literatur) nicht nachweisen.

Sofort nach dem Anschluß gab der BdSÖ gleichsam als „Morgengabe“ das „Bekenntnisbuch österreichischer Dichter“ heraus, das im Juni 1938 erschien. Darin veröffentlichte eine Reihe von BdSÖ-Mitgliedern Beiträge, so u. a. Bruno Brehm, Egon Cäsar Conte Corti (bekannt durch seine Kasierin-Elisabeth-Biographie), Franz Karl Ginzkey (bekannt durch sein Kinderbuch „Hatschis Bratschis Luftballon“), Paula Grogger (bekannt durch ihren Roman „Das Grimmingtor“), Ann-Tizia Leitich, Max Mell, Karl Heinz Waggerl, Josef Weinheber und eben auch Rudolf List, der dort eine „Steirische Hymne“ veröffentlichte.

Wie auch immer, List beantragte die Mitgliedschaft in der NSDAP und wurde seit dem 1. Juli 1938 als Parteianwärter geführt. Seine Aufnahme in die NSDAP erfolgte dann mit 1, Juni 1940 (Mitgliedsnummer 7,676.125). List war auch förderndes Mitglied der SS, was aber nicht mit einer Mitgliedschaft bei der SS gleichzusetzen ist. Aufgrund seiner Stellung vor 1938 im Rahmen des „Ständestaates“ wurde er jedoch in der Gegnerkartei der NSDAP in Wien registriert. Das führte 1941 zu einer Untersuchung bzw. Vernehmung durch die Gestapo in Wien bzw. in Brünn, die aber keine weiteren Folgen nach sich zog. Im November 1943 wurde er durch das NS-Pressegericht in Prag wegen Übertretung des von Joseph Goebbels aufgestellten Kritikverbots verurteilt (dieser Hinweis fehlt übrigens im Endbericht der „ExpertInnenkommission für Straßennamen in Graz“). Im Verbindungsarchiv Traungau gibt es auf der Personalkartei von List den Vermerk „N. Pg. Austrittserkl. 1943“. Das steht offenbar in Zusammenhang mit der erwähnten Verurteilung.

Dem problematischen Wiener Beispiel folgend hat auch Graz seine Straßennamen durch eine Expertenkommission untersuchen lassen, ob hier bedenkliche Namensgeber vorhanden sind. Im November 2017 wurde deren Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei wurden 20 davon als besonders problematisch hervorgehoben, darunter auch List. Daraufhin kam es in der Öffentlichkeit zu Diskussionen. List war zweifelsohne ein Katholisch-Nationaler, hat nach dem März 1938 die Aufnahme in die NSDAP beantragt und wurde dann Mitglied. Eine Sympathie für den Nationalsozialismus vor 1938, wie es die Expertenkommission ihm unterstellt, ist nicht nachzuweisen. Insgesamt wird man den Eindruck nicht los, daß diese Expertenkommission List in ein negatives Licht rückt. Unabhängig davon, ob er 1943 aus der NSDAP ausgetreten ist oder nicht, war er nach dem Nationalsozialistengesetz von 1947 als ein Minderbelasteter einzustufen.

List starb im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz und wurde dort auf dem Friedhof St. Leonhard begraben (AI R 5 37, 38). Er hatte zwei Söhne. Erhard List (Trn) und den 1939 geborenen Michael List (Trn), später Sektionschef im Justizministerium. Dessen Vorname wurde von dem 1936 von Rudolf List verfaßten Roman „Michael“ zweifelsohne beeinflußt.

Werke:

(Auswahl)
Kleine Bruckner-Novelle (1932, 1934, 1953)
Katholisch Dichtung in Österreich. Ein Wegweiser für Bücherfreunde (1934)
Tor aus dem Dunkel. Gedichte (1935)
Michael. Roman eines Schicksals (1936, 1948)
Gedichte (1936)
Mensch und Landschaft. Von zeitgenössischer Dichtung (1936)
Landschaftsbilder aus Niederdonau (1940)
Wort aus der Erde. Gedichte (1942)
Der große Gesang. Eine mährische Rhapsodie (1942)
Karl Postl-Sealsfield. Leben und Werk (1943)
Glück des Daseins. Erlebnis und Betrachtung. Essays (1944)
Die Bergstadt Leoben. Antlitz, Geschichte, Gegenwart (1948)
Traumheller Tag. Gedichte (1949)
Trost der Welt. Gedichte (1952)
Dem Himmel fern und nah. Gedichte (1959)
Silberne Nacht und andere Erzählungen (1961)
Das Leobener Taschenbuch. Historisch-topographisches Lexikon der Obersteiermark (1963)
Unter unversehrten Sternen. Gesammelte Gedichte (1965)
Kunst und Künstler in der Steiermark. Zwei Bände (1967 und 1974)
Steirischer Kirchenführer. Zwei Bände (1976 und 1979)

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Traungau (Klaus Heitzmann, 11. 9. 2019).
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 17. 9. 2019).
Mühlher, Robert: Der Peter-Rosegger-Preis des Landes Steiermark und seine Träger (1955–1967), in: Steiermark. Land Leute Leistung, Hg. Steiermärkische Landesregierung, Gernot Hasiba, reg. Berthold Sutter, Graz 1971, S. 708 – 710 (betr. Rudolf List)..
Renner, Gerhard: Österreichische Schriftsteller und Nationalsozialismus (1933–1940). Der „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ und der Aufbau der Reichsschriftumskammer in der „Ostmark“ (= Sonderdruck aus Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 27). Frankfurt/Main 1986.
Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen in Graz. Graz. 24. November 2017.
(https://www.graz.at/cms/dokumente/10327035_7773129/2e04cc04/Endbericht%20der%20ExpertInnenkommission%20f%C3%BCr%20Stra%C3%9Fennamen%20Graz.pdf)
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_List (12. 9. 2019).