Lebenslauf:
Gabriel absolvierte 1922 das Gymnasium in Graz und begann danach das Studium der Scholastischen Philosophie an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck (Dr. phil. fac. theol. 1926). Anschließend begann er das Studium der Philosophie und Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Dr. phil. 1929, Lehramtsprüfung 1930), wo er erst an dessen Ende dem Nordgau Wien beitrat (Couleurname Dietrich). Sein Leibbursch war Maximilian Steiner (NdW).
Während seiner Studien wurde Gabriel in Innsbruck vom Jesuiten Alois Gatterer, Professor für Scholastische Philosophie, und in Wien vom Mentor des „Wiener Kreises“, Moritz Schlick, geprägt. In diese Zeit fiel auch Gabriels Beschäftigung mit Ludwig Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“. Ab 1932 war er Gymnasialprofessor für Geschichte und Philosophie, was er dann bis 1948 ausübte.
1947 habilitierte sich Gabriel bei Alois Dempf an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien für Philosophie. Als dieser 1948 nach München berufen wurde, übernahm Gabriel einen Teil seiner Vorlesungen. 1950 wurde er in seiner Nachfolge zum außerordentlichen und 1951 zum ordentlichen Universitätsprofessor für Philosophie und zum Vorstand des II. Philosophischen Instituts an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien berufen. Unterrichtsminister in dieser Zeit war Felix Hurdes (NbW EM), dessen Sekretär war Heinrich Drimmel (NdW), der ein Jahr später als Gabriel dem Nordgau beigetreten war.
Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1972 wurde Gabriel in mehr als 20 Jahren seiner Lehrtätigkeit fast allen Hörern der Philosophischen Fakultät ein Begriff. Sie alle – auch wenn sie nicht direkt Philosophie studierten – mußten, wenn sie zum Dr. phil. promovieren oder die Lehramtsprüfung ablegen wollten, bestimmte Vorlesungen in Philosophie belegen und Prüfungen ablegen. Dieses Prinzip änderte sich erst mit der Teilung der Philosophischen Fakultät in eine Geisteswissenschaftliche, Naturwissenschaftliche usw. Fakultät. Darüber hinaus war Gabriel nominell auch Vorstand des Instituts für Leibeserziehung.
1965 erschien Gabriels Hauptwerk „Integrale Logik“. Er konstatiert darin zwei problematische Entwicklungen innerhalb der zeitgenössischen Philosophie. Einerseits den zunehmenden Verzicht auf jeglichen Sinn- und Wahrheitsanspruch im Zusammenhang mit der analytischen Philosophie, wie das vor allem beim frühen Wittgenstein deutlich wurde, und andererseits die Abkehr von den kategorialen Begriffen im Rahmen der phänomenologisch-hermeneutischen Richtung, eine Tendenz die Gabriel vor allem bei Martin Heidegger ortete, mit dem er in persönlichen Kontakt stand.
Gabriel veröffentlichte nach 1945 zahlreiche Aufsätze vor allem in der Zeitschrift „Wissenschaft und Weltbild. Zeitschrift für Grundfragen der Forschung“, die von der Katholischen Akademie der Erzdiözese Wien herausgebracht wurde und bei der er auch mitarbeitete. In den sechziger Jahren gab der ÖCV eine Schriftenreihe mit dem Namen „Ruf und Antwort“ heraus, die in der Wiener Niederlassung des Verlages Herder erschien. Der erste 1961 erschienene Band war der von Gabriel („Mensch und Welt in der Entscheidung“).
Gabriel war 1968 Präsident des XIV. Internationalen Kongresses für Philosophie in Wien und 1973 des XV. Internationalen Kongresses für Philosophie in Varna (Bulgarien). Diese beiden Kongresse waren bedeutende Orte des West-Ost-Dialogs im Zeitalter des „Kalten Kriegs“. Diese spezielle Art von Dialog wurde dann vom Wiener Universitätszentrum für Friedensforschung unter Rudolf Weiler (Rt-D) fortgesetzt. Nach dem Urteil von Reformkommunisten spielte das ganzheitlich-logische Denken Gabriels eine wichtige Rolle für die Umgestaltung im Osten Ende der achtziger Jahre.
Im Wikipedia-Eintrag über Gabriel (letzter Abruf 5. 1. 2020) wird eine Nähe zum „erzkonservativen Katholizismus und zum Faschismus“ konstruiert, wobei in undifferenzierter Weise die Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front sowie Äußerungen von Gabriel in der damals zeitgemäßen Form als Beweis herangezogen werden.
Gabriels Sohn ist Leo Gabriel jr. (ehemals NdW), der durch sein Lateinamerika-Engagement in ein linkes Fahrwasser geriet und aus der Verbindung austrat. Bei der Europawahl 2004 war er Spitzenkandidat der österreichischen Linken. Gabriel wurde auf dem Döblinger Friedhof begraben (29/143).
Werke:
(Auswahl)Logik der Weltanschauung (1949).
Existenzphilosophie (1954; 2. Aufl. 1968).
Mensch und Welt in der Entscheidung (1961).
Integrale Logik. Die Wahrheit des Ganzen (1965).
Quellen und Literatur:
Verbindungsarchiv Nordgau Wien. Personalstammblatt.Weiß, Martin: Leo Gabriel, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Band XIV (1998), Sp. 1011–1016.
profil, 17. 5. 2004, S. 22 (über Leo Gabriel jr.)