Wartungsfunktionen

Btsch. a.D. Dkfm. Dr. Manfred R. Scheich

Btsch. a.D. Dkfm. Dr. Manfred R. Scheich

Urverbindung: Franco-Bavaria (26.03.1954)

Geboren: 26.04.1933, Troppau (Tschechoslowakei, ehem. Österr. Schlesien, nunmehr Opava, Tschechien)
Gestorben: 06.03.2020, Wien
Botschafter (Sektionschef)

Lebenslauf:

Scheich wurde als Sohn eines Arztes geboren und besuchte in seiner Geburtsstadt Troppau, der Hauptstadt des ehemaligen österreichischen Kronlandes Herzogtum Schlesien, die Volksschule und die erste Klasse des Gymnasiums. Nach der Vertreibung der Familie aus der Tschechoslowakei im Jahr 1945 besuchte er zuerst die Gymnasien in Wien-Hietzing und dann in Wiener Neustadt, um schließlich 1951 am Realgymnasium in Wien-Meidling (Rosasgasse) zu maturieren. Anschließend begann er das Studium an der Hochschule für Welthandel (Dkfm. 1955; Dr. rer. comm. 1956) in Wien, wo er der Franco-Bavaria beitrat (Couleurname Cicero). Dort war er im Studienjahr 1956/57 durch zwei Semester hindurch Senior. Einer seine Leibfüchse war Manfried Welan (F-B).

Im Februar 1957 trat Scheich in den Dienst des Bundeskanzleramtes, studierte dann 1957/58 an der John-Hopkins-Universität in Bologna, um danach im Juni 1958 wieder in das Bundeskanzleramt zurückzukehren, wo er der ERP-Sektion (später Sektion für wirtschaftliche Zusammenarbeit) zugeteilt war. Von Anfang Januar bis Ende August 1960 war er bei der Ständigen Vertretung Österreichs bei der OECD in Paris tätig. Anschließend war er bis Juli 1964 stellvertretender Leiter der Österreichischen Delegation bei der EFTA in Genf. Danach kehrte er nach Wien zurück und wurde Kabinettschef bei Carl Heinrich Bobleter (AIn), dem Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. 1965 arbeitete er im Auftrag des Generalsekretärs der EFTA ein „Brückenschlag“-Projekt zwischen den EG und der EFTA aus. In dieser Zeit wechselte er in den Personalstand des Außenministeriums.

Ab 1967 war Scheich der UNIDO in Wien zugeteilt, um im Oktober 1969 als sog. erster Zugeteilter (Botschaftsrat) an die Österreichische Botschaft in Bern zu wechseln, wo er bis Juni 1974 blieb. Danach war er bis September 1978 österreichischer Botschafter in Algier. Anschließend kehrte er nach Österreich zurück und übernahm die Leitung der Abteilung für europäische Integration innerhalb der wirtschaftspolitischen Sektion III des Außenministeriums. Damit wurde er mit einem Thema befaßt, das ihn das restliche Berufsleben und darüber hinaus prägen sollte.

Konsequenterweise wurde Scheich im Juli 1983 zum österreichischen Botschafter bei den Europäischen Gemeinschaften (EG) in Brüssel ernannt. Als Alois Mock (Nc) im Januar 1987 zum Vizekanzler und Außenminister ernannt wurde, holte er Scheich sogleich nach Wien zurück und bestellte ihn zum Leiter der Sektion III im Außenministerium. Zusätzlich war er Sonderbeauftragter für Europäische Integration und Vorsitzender der vom Ministerrat eingesetzten interministeriellen Kommission für Europäische Integration. In diesen Funktionen war er zwischen 1989 und 1992 österreichischer Chefverhandler für den Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), dem Österreich ab dem 1. Januar 1994 angehört.

Mit der Ministerschaft von Alois Mock und nach der sog. „Wende“ 1989/90 intensivierten sich die Bemühungen Österreichs um einen Beitritt zu den EG. Scheich war dabei nach Mock die zentrale Figur. Daher wechselte er im Januar 1993 als Leiter der Österreichischen Mission bei den Europäischen Gemeinschaften (EG) bzw. der Europäischen Union (EU) sowie gleichzeitig als Leiter der österreichischen Delegation für die EG/EU-Beitrittsverhandlungen nach Brüssel. Mit dem Beitritt Österreichs zur EU mit Wirkung vom 1. Januar 1994 wurde Scheich Ständiger Vertreter Österreichs bei der EU, welche Funktion er bis zu seiner Pensionierung 1999 ausübte. Mit 1. Januar 1996 wurde er in die Dienstklasse IX (Sektionschefs) befördert. In dieser Stellung war er bei den Regierungskonferenzen Maastricht II und Amsterdam sowie bei der österreichischen EU-Präsidentschaft 1998 gefordert.

Scheich war nach Alois Mock durch sein unermüdliches Engagement und seine Sachkenntnis wesentlich am Beitritt Österreichs zur EU beteiligt und hat sich damit große Verdienste für Österreich erworben. Er war einer der vier Unterzeichner des Beitrittsabkommens 1994 in Athen. Nach seiner Pensionierung lebte Scheich mit seiner Frau in der Provence.

Werke:

Tabubruch. Österreichs Entscheidung für die EU (2005).

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Franco-Bavaria (Karl-Wolfgang Schrammel, 23. 3. 2020).
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 23. 3. 2020.
https://www.alpbach.org/de/person/manfred-scheich/ (Abruf 23. 3 2020).
Nachruf von Gerhard Jandl (Kb) in Academia intern 3/2020 (Mai), S. 6.