Lebenslauf:
Seidl begann nach der Matura das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (Dr. iur.), wo er der Austria beitrat (Couleurname Baldur). Im Ersten Weltkrieg wurde er zur k. u. k. Armee eingezogen (letzter Dienstgrad: Oberleutnant d. R.; Auszeichnungen: silbernes Signum laudis, silbernes Signum laudis am Band mit Schwertern, Karl-Truppenkreuz, Eisernes Kreuz mit Kriegsdekoration und Schwertern).
Nach dem Krieg studierte Seidl weiter bzw. zusätzlich Staatswissenschaften (Dr. rer. pol.) und an der Exportakademie (nunmehr Wirtschaftsuniversität) (Dkfm.). Nach Beendigung des Studiums trat Seidl 1919 als Polizeijurist in den Dienst der Bundespolizeidirektion Wien und wurde 1926 in das Bundeskanzleramt berufen, in das 1923 das bisherige Innenministerium aufgegangen ist. Anfang der dreißiger Jahre wechselte er in das Unterrichtsministerium und 1934 in das Bundeskanzleramt, wo er im Präsidium tätig war. Nach Gründung der Vaterländischen Front (VF) wurde er zeitweise in dessen Präsidium abgestellt.
Im Dezember 1936 nahm Seidl als Vertreter des „Frontführers“, des Bundeskanzlers Kurt Schuschnigg (AIn), am Festkommers der Nibelungia Wien teil, bei dem Otto Habsburg-Lothringen (NbW EM) zu deren Hohen Schirmherrn in Absenz ernannt wurde. In der Zeit kurz vor dem Anschluß war er als Nachfolger von Emmerich Czermak (NdW) auch Vorsitzender des niederösterreichischen Altherrenlandesbundes des ÖCV. Nach dem Anschluß im März 1938 wurde Seidl seines Dienstes enthoben und mit 50 Prozent seiner Bezüge pensioniert. In der Folge arbeitete er Buch- bzw. Bilanzprüfer.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Seidl rehabilitiert und war bereits im April 1945 in der Staatskanzlei der Provisorischen Staatsregierung bzw. dann im Bundeskanzleramt als Ministerialrat Leiter der Abteilung 1 (Dienstbetrieb) in der Präsidialsektion. Anfang 1947 wechselte er in den Rechnungshof und wurde dort mit 26. Februar 1947 zum Sektionschef ernannt. Er war dort sog. geschäftsführender Sektionschef, denn im Rechnungshof gab es anfänglich nur einen Sektionschef. 1948 wurde dem Rechnungshof auch die Kontrolle der Verstaatlichten Industrie übertragen. Am 4. September 1953 wurde er vom Bundespräsidenten zum Vizepräsidenten des Rechnungshofes ernannt, Seidl hat als Sektionschef und dann als Vizepräsident maßgeblich zur Reorganisation des Rechnungshofes nach dem Krieg beigetragen. Seine Funktion endete am 16. September 1959. Sein Nachfolger wurde Josef Marschall (Dan).
Seidls Bruder war Alois Seidl (ehemals AW), der Sektionschef im Handelsministerium und in den Bauskandal Mitte der sechziger Jahre involviert war (Autobahnbau). Sein Sohn ist Friedrich Seidl (AW), sein Enkel ist Martin Seidl (AW). Seidl wurde auf dem Friedhof von Aggsbach Markt (Bezirk Krems-Land, Niederösterreich) begraben.
Quellen und Literatur:
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsdirektor i. R. Heinz Hafner Am, Mitteilung 11. 9. 2023).Verbindungsarchiv Austria Wien (Richard Huka).
Mitteilungsblatt des ÖCV und des ÖAHB 16 (15. 1. 1938), 8.