Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND BERUFLICHER EINSTIEG
Kathrein wurde als Sohn eines Volksschullehrers geboren, der aus einer alten Bauernfamilie des Oberinntals entstammte, und besuchte die Gymnasien in Bozen, Venedig, das damals noch zu Österreich gehört hat, und in Trient, wo er 1864 die Matura ablegte. Danach studierte er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität in Innsbruck (abs. iur. 1868; Dr. iur. 1871), wo er der Austria Innsbruck beitrat (Couleurname Winfried). Als Freiwilliger machte er die Kriege des Jahres 1859 als Landesschütze und des Jahres 1866 als Unterjäger an der Südfront mit.
Noch während seines Studiums war Kathrein von 1867 bis 1871 Chefredakteur der katholisch-konservativen „Neuen Tiroler Stimmen“. Als in Folge des deutsch-französischen Krieges am 20. September 1870 italienische Truppen durch die Porta pia Rom besetzten, ließ er die „Neuen Tiroler Stimmen“ mit Trauerrand erscheinen und verfaßte einen kritischen Artikel gegen den k. u. k. Reichskanzler Friedrich Graf Beust. Daraufhin wurde Kathrein wegen Störung der öffentlichen Ruhe und des Hochverrats angeklagt und am 18. November 1870 gemäß des damaligen § 300 StGB zu 14 Tagen Arrest verurteilt, die er im „Kräuterturm“ von Innsbruck absaß. Im Gefängnis redigierte er jedoch die „Neuen Tiroler Stimmen“ weiter.
Nach seiner Promotion 1871 war Kathrein Rechtsanwaltsanwärter in Wien und Kaltern (Bezirk Bozen). 1878 ließ er sich nach der Anwaltsprüfung als Rechtsanwalt in Hall in Tirol nieder, welchen Beruf er bis 1911 ausübte.
POLITISCHE LAUFBAHN
Bereits ab 1868/69 war Kathrein an der Bildung des katholischen-konservativen Vereins in Tirol beteiligt, im Rahmen dessen er die Chefredaktion der „Neuen Tiroler Stimmen“ übernahm. Somit war sein Einstieg in die Politik zwangsläufig. 1880 wurde er in den Gemeinderat von Hall/Tirol gewählt, dessen Bürgermeister er vom 17. August 1895 bis zu seiner Wahl zum Landeshauptmann am 25. August 1904 war.
Im Mai 1883 wurde Kathrein in den Tiroler Landtag gewählt. Er gehörte diesem vom 4. Juni 1883 bis zu seinem Tode an. Bis 1896 vertrat er den Landgemeindebezirk Imst, dann den Stadtgemeindebezirk Imst. Am 13. Dezember 1883 wurde er in einer Nachwahl für den zurückgetretenen Friedrich Graf, Ritter von Gaderthurn (AIn) EM) in das Abgeordnetenhaus des Reichsrates gewählt, dem er von seiner Angelobung am 22. Januar 1884 bis zum 30. Januar 1907 angehörte. Dort war er seit 1885 Mitglied des wichtigen Budgetausschusses und 1890/91 dessen Obmann. Ebenfalls war er Mitglied der Delegationen (parlamentarische Versammlungen der Gesamtmonarchie).
Vom 16. April 1891 bis zum 20. März 1893 war Kathrein der Zweite Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, vom 20. März 1893 bis zum 22. Januar 1897 war er der Erste Vizepräsident. Am 6. April 1897 wurde er zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses gewählt.
Er trat bereits am 26. Oktober 1897 von dieser Funktion zurück, weil er bei der von Ministerpräsident Kasimir Graf Badeni versuchten parlamentarischen Praxis gegenüber der deutschen Opposition nicht mitmachen wollte. Im Abgeordnetenhaus gehörte er dem Klub der Katholisch-Konservativen an, der unterschiedliche Namen hatte (rechtes Zentrum, Hohenwart-Klub, Katholische Volksparteim, Zentrums-Klub).
In seinen parlamentarischen Funktionen, ob im Landtag von Tirol oder im Abgeordnetenhaus bzw. dann im Herrenhaus des Reichsrates, vertrat Kathrein während der Kulturkampfauseinandersetzungen immer die Interessen der katholischen Kirche bzw. der katholischen Verbände. Insbesondere setzte er sich vehement für die Gleichberechtigung der katholischen Studenten bzw. des CV auf Hochschulboden ein.
Nachdem Kathrein bereits 1891 in den Landesausschuß gewählt wurde, jedoch die Wahl wegen seiner Funktion im Reichsrat (siehe oben) nicht annahm, wurde er am 25. August 1904 von Kaiser Franz Joseph als Nachfolger von Anton Graf Brandis (AIn EM) zum Landeshauptmann von Tirol ernannt, welches Amt er bis zu seinem Tod ausübte.
Kathrein zählte seit seiner Wahl in den Reichsrat im Jahr 1883 zu den führenden Persönlichkeiten der katholisch-konservativen Bewegung. Im Abgeordnetenhaus war er nacheinander Obmann des Hohenwart-Klubs, der Katholischen Volkspartei und von 1898 bis 1906 des Zentrumsklubs. In Tirol gelang es Kathrein, zwischen den Katholisch-Konservativen und der neuaufstrebenden Christlichsozialen Bewegung ausgleichend zu wirken. Außerdem hatte er als Landeshauptmann von Tirol Verständnis für die Interessen des italienischen Landesteils (Trentino) und war bestrebt, diesem eine Autonomie zu gewähren.
Wegen Differenzen um die Wahlrechtsreform des k. k. Ministerpräsidenten Max Vladimir Frhr. von Beck, die von den Christlichsozialen unterstützt wurde, legte Kathrein die Obmannschaft des Zentrumsklubs nieder, zog sich von der aktiven Reichspolitik zurück und kandidierte nicht mehr für das Abgeordnetenhaus.
Kaiser Franz Joseph ernannt ihn dafür am 14. Juni 1907 zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses, erhob ihn am 22. Januar 1910 in den erblichen Freiherrenstand und verlieh ihm 1912 den Titel k. k. Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz. Bereits 1892 erhielt er das Komturkreuz mit dem Stern des Franz-Josephs-Ordens, 1897 wurde er Kommandeur des Leopold-Ordens und 1902 erhielt er den Orden der Eisernen Krone I. Klasse (Großkreuz). Den Tiroler Standschützen war Kathrein seit seiner Jugend verbunden. Von 1904 bis zu seinem Tod war er Landesoberschützenmeister.
Kathrein gehörte der Gründergeneration der Austria Innsbruck an und war damit einer der ersten CVer in Österreich. Er war auch das erste Urmitglied einer CV-Verbindung, das in das Parlament (Reichsrat) gewählt wurde. Die Schwester seiner Frau war die Großmutter von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg (AIn).
Quellen und Literatur:
Academia 22 (1909/10), 409–412 und 29 (1916/17), 457–459.Gründungsgeschichte der akademischen Verbindung Austria-Innsbruck und die Füchse des Jahres 1864/65. Hg. von Gustav Sauser, Josef Hofinger und Adolf Haas. Innsbruck 1935, 42–45.
Austrier-Blätter Nr. 15, 1946, 98.
Kriss, Simon–Zathammer, Stefan: Austriae mortuis I. Die Verstorbenen Austrier der Rezeptionsjahrgänge von 1864–1910. Innsbruck 2024, 21f. und 520.
Schober, Richard: Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert. Mit einem Beitrag von Eberhard Lang. Innsbruck 1984, 532f.
Theodor Freiherr von Kathrein (1842–1916), Landeshauptmann von Tirol. Briefe und Dokumente zur katholisch-konservativen Politik um die Jahrhundertwende. Im Gedenken an den 150. Geburtstag von Landeshauptmann Dr. Theodor Freiherr von Kathrein am 25. März 1992. Hg. von Richard Schober (=Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 7). Innsbruck 1992.
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 3, Wien 2. Aufl. 1993, 262.
https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Kathrein.shtml