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em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Otto Hittmair

em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Otto Hittmair

Urverbindung: Austria Innsbruck (05.11.1945)

Bandverbindungen: Nc, Walth, Le

Geboren: 16.03.1924, Innsbruck
Gestorben: 05.09.2003, tödlich verunglückt auf der Innsbrucker Nordkette (Tirol)
Universitätsprofessor (Theoretische Physik), Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Vorsitzender der Verbandsführung des ÖCV, Träger des ÖCV-Ehrenringes

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Hittmair wurde als Sohn des Anglisten Rudolf Hittmair geboren. Dieser war Universitätsprofessor dieses Faches in Wien und wurde nach dem Anschluß im März 1938 von diesem Lehrstuhl entfernt. Seine Mutter war Besitzerin ein Innsbrucker Buchhandlung. Anton Hittmair (AIn EM), ab 1945 Professor für Innere Medizin an der Universität Innsbruck, war sein Onkel. Hittmair besuchte das humanistische Gymnasium in Innsbruck. Nach der Matura mit Auszeichnung im Jahr 1942 begann er das Studium der Mathematik und Physik an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck, wurde aber nach einem Semester bereits zur Deutschen Wehrmacht (Funker) eingezogen

Nach dem Krieg zurückgekehrt setzte er in Innsbruck das Studium fort, wo er der Austria beitrat (Couleurname Alibaba), und beendete es auch dort (Dr. phil. sub auspiciis 1949). Danach folgten weitere Studien- und Forschungsaufenthalte. 1950 war er in Basel, um seine Kenntnisse in der Quantenfeldtheorie zu vertiefen. In der Schweiz konnte er seiner Leidenschaft dem Bergsteigen nachgehen und erklomm u. a. das Matterhorn.

Anschließend war Hittmair in Dublin und konnte dort mit dem Nobelpreisträger Erwin Schrödinger zusammenarbeiten. Im Sommer 1951 war er als Fulbright-Stipendiat am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA. Dort konnte Hittmair die mathematisch abstrakte Gruppentheorie auf die Richtungskorrelationen zweier aufeinander folgender Strahlungen eines Kerns anwenden, die sich insbesondere auf Richtungsverteilungen von Kernreaktionen bezogen. Diese Theorie erwies sich als ein sehr wertvolles Instrument, um wichtige Eigenschaften der betreffenden Atomkerne zu ermitteln.

WISSENSCHAFTLICHE LAUFBAHN

In den Jahren 1952 bis 1954 konnte Hittmair am Institut Poincaré in Paris arbeiten. Hier konnte er die Linie der Winkelkorrelationen bei Kettenreaktionen unter Heranziehung des statistischen Kernmodells (Kontinuumstheorie) weiterverfolgen. Während seiner Pariser Zeit habilitierte er sich 1953 an der Universität Innsbruck für Theoretische Physik.

Von 1954 bis 1956 war Hittmair in Sydney, Australien, um dort über sog. Deuteron-Stripping-Reaktionen zu arbeiten. Darüber hinaus war er dort auch Tutor am St. Andrews College der Universität. In den Jahren 1956 und 1957 war er größtenteils in Argentinien (Buenos Aires und San Carlos de Bariloche), um in der argentinischen Atomkommission hauptsächlich in einem Zyklotron gemessene deuteron-induzierte Kernreaktionen zu analysieren.

Im Mai 1958 kehrte Hittmair endgültig nach Österreich zurück und arbeitete zuerst in Wien am gerade im Prater (bei der Stadionbrücke) errichteten Atominstitut der österreichischen Hochschulen. Mit seiner Errichtung sollte ein Beitrag zur Schaffung der wissenschaftlichen Grundlagen für die friedliche Nutzung der Kernenergie geleistet werden. Aber schon zu Beginn des Studienjahres 1959/60 übernahm er die Leitung des Instituts für Theoretische Physik an der Technischen Hochschule in Wien. 1963 erfolgte dann dort seine Ernennung zu ordentlichen Hochschulprofessor für Theoretische Physik. In dieser Funktion standen Fragen der theoretischen Physik im Mittelpunkt seiner Arbeit, insbesondere der Kernphysik, wobei sein Spezialgebiet Kernreaktion, insbesondere stripping-Reaktionen waren, bei denen Nukleonen zwischen den streunenden Kernen ausgetauscht werden.

Hittmair engagierte sich auch für die Belange der Hochschulen an sich. So wurde er 1965 vom damaligen Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic in den damals von ihm eingerichteten Rat für Hochschulfragen berufen, der die Hochschulreform voranbringen sollte. Für das Studienjahr 1968/69 wurde Hittmair zum Dekan der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät gewählt und in den Jahren 1977 bis 1979 war er Rektor der nunmehrigen Technischen Universität Wien. In diese Zeit fiel die Implementierung des neuen Universitätsorganisationsgesetzes (UOG). Bereits seit 1966 korrespondierendes und ab 1970 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war er von 1987 bis 1991 deren Präsident und von 1991 bis 1997 Vizepräsident. Er war der erste CVer, der Akademiepräsident wurde. 1992 wurde er emeritiert.

Hittmair verfaßte über 100 wissenschaftliche Arbeiten und war zu seiner Zeit einer der international renommiertesten Kernphysiker. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Im Jahr 2001 wurde ein Asteroid nach ihm benannt. Nach seinem Tod erhielt ein Platz auf dem Gelände der Technischen Fakultät der Universität Innsbruck (nördlich des Flughafens) seinen Namen.

HITTMAIR UND DER ÖCV

Die Vorsitzenden des ÖCV-Beirates bzw. der Verbandsführung in der Zeit von 1946 bis 1980 waren fast durchwegs Angehörige des Öffentlichen Dienstes bzw. der Hochbürokratie und Juristen. In diesen 34 Jahren bekleideten 24 Jahre davon Präsidial-Sektionschefs diese Funktion wie Eduard Chaloupka (Baj), Rudolf Mayr (AW) und zuletzt Adolf Kolb (Kolb). 1980 kam es, als die Nachfolge Kolbs geregelt werden mußte, zu einem interessanten Paradigmenwechsel. In den siebziger Jahren gab es in der CV-Führung vermehrt Spannungen zwischen Wien und den Bundesländern, insbesondere mit Innsbruck. Taktisch nicht ungeschickt wurde von dieser Seite der renommierte Naturwissenschaftler Hittmair ins Spiel gebracht. Er war ein Tiroler mit breiter internationaler Erfahrung, aber auch in Wien bereits beruflich etabliert und im dortigen CV angekommen (Bandphilister der Norica).

Obwohl Hittmair keinerlei Funktionen im CV innegehabt hatte, also diesbezüglich in jeder Hinsicht ein unbeschriebenes Blatt war, wurde er 1980 zum Vorsitzenden der Verbandsführung gewählt. Das war bemerkenswert. Denn während bislang Vertreter der CV-Prinzipien patria und religio dominierten, leitete nun jetzt ein Vertreter des Prinzips scientia die Geschicke des ÖCV, noch dazu ein Naturwissenschaftler mit Weltgeltung, der ein überzeugter und gläubiger Katholik war. Für den größten katholischen Studenten- und Akademikerverband Österreichs war das zweifelsohne ein Renommee.

Befürchtungen von gewissen Kreisen, daß Hittmair als ein in CV-Dingen völlig Unerfahrener in dieser Funktion scheitern werde, traten nicht ein. Allerdings wurden allzu große Hoffnungen, die in seine Person wegen des genannten Novums gesetzt wurden, ebenso nicht in den Maßen erfüllt, wie man das erwartet hatte.

Jedenfalls wurde das „Experiment“ Hittmair insofern positiv aufgefaßt, so daß zu seinem Nachfolger bis 1988 der Innsbrucker Professor für Experimentalphysik Josef Kolb (Le) gewählt wurde. Danach bekleidete ebenfalls nur für vier Jahre bis 1992 Herbert Mang (NdW), Professor für Elastizitäts- und Festigungslehre an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Wiener Technischen Universität, dieses Amt. Er sollte dann der zweite CVer sein, der Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde. Der dritte, ebenfalls ein international renommierter Physiker, ist Anton Zeilinger (M-D).

Hittmair wurde 1993 der Ehrenring des ÖCV verliehen.

TRAGISCHES ENDE

Hittmair wurde das Opfer seiner Leidenschaft, nämlich des Bergsteigens. Bereits 1979 wäre er beinahe abgestürzt. Das Schicksal hatte es aber dann beim zweiten Mal, 24 Jahre später, nicht mehr gut gemeint. Er verunglückte am Freitag, dem 5. September 2003, bei einer Bergtour auf der Innsbrucker Nordkette nach einem Absturz in 70 Meter Tiefe tödlich. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte er sofort tot gewesen sein. Seine Leiche wurde erst einen Tag später bei einem Hubschrauber-Einsatz gefunden. Er erlitt tragischerweise das gleiche Schicksal wie sein Großvater väterlichseits, der 1911 auf der Schafseitenspitze in Tirol ebenfalls abgestürzt ist.

Werke:

(Auswahl)
Lehrbuch der Quantentheorie (1972).
Nuclear Stripping Reactions (1975).
Supraleitung (1979).
Wärmetheorie (1988).

Quellen und Literatur:

Mang, Herbert (NdW): Nachruf für Univ.-Prof. DDr. Otto Hittmair, in: Mitteilungen der K. Ö. H. V. Leopoldina Nr. 91, Juli 2005, S. 129–140.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 595, 633, 647, 733.
www.zbp.univie.ac.at/webausstellung/1924/Otto_Hittmair.htm (Abruf 1. 1. 2016).
http://sciencev1.orf/science/news/88286