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Paul Keller

Paul Keller

Ehrenmitgliedschaften: Austria-Wien, Aargau, Amelungia

Geboren: 06.07.1873, Arnsdorf (nunmehr Miłków, Kreis Jelenia Góra/Hirschberg, Niederschlesien)
Gestorben: 20.08.1932, Breslau
Schriftsteller

Lebenslauf:

Keller wurde als Sohn eines Maurers und Schnittwarenhändlers geboren. Nach der Volksschule und einer „Präparandenanstalt“ absolvierte er 1893 das Lehrerseminar in Breslau. Danach war er bis 1908 als Volksschullehrer tätig.

ERFOLGREICHER SCHRIFTSTELLER

Bereits in seiner Lehrerseminarzeit veröffentlichte Keller Gedichte und Erzählungen. Berühmt wurde er mit seinem 1902 erschienenen Roman „Waldwinter“. Neben diesem sowie seinen Erzählungen und Novellen waren seine Romane „Die Heimat“ (1903), „Der Sohn der Hagar“ (1907) und vor allem „Ferien vom Ich“ (1915) seine bekanntesten Werke. In der Folge gab er auch literarische Zeitschriften heraus.

Keller war einer der meistgelesenen Autoren des deutschsprachigen Raums im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts mit einer Gesamtauflage von über 5 Millionen verkauften Exemplaren. Neben Joseph von Lauff gehörte er in der Zeit um den Ersten Weltkrieg zu den Bestsellerautoren für ein breites Publikum. Wie dieser (und auch andere, wie etwa der Steirer Hans Rudolf Bartsch) brachte er im Durchschnitt jedes Jahr einen Roman heraus. Seine Werke wurden in 17 Sprachen übersetzt, von Peter Rosegger und Wilhelm Raabe wurde er sehr geschätzt.

Fast alle seine Werke sind vom späten Naturalismus geprägt, spielen in seiner schlesischen Heimat und sind von einem konservativem Idealismus, einer Heimatliebe und einer christlichen Frömmigkeit geprägt. Man kann ihn als katholischen Schriftsteller bezeichnen, obwohl er das nie besonders hervorkehrte. Er mahnte immer wieder zur moralischen Umkehr und zur Abwendung vom materiellen Gewinnstreben. Vor allem stellte er das Leben in der Natur dem in der Stadt gegenüber. Seine Sprache wird als „gemütvoll“ bezeichnet und zielte auf das Gefühl der Leser ab.

„FERIEN VOM ICH“

Kellers bekanntester und erfolgreichster Roman war der 1915 erschienene „Ferien vom Ich“. Er ist – neben einem Teil weiterer Werke von ihm – immer noch lieferbar. Bei ihm geht es um ein Erholungsheim mit dem Namen „Ferien von Ich“, wo die Patienten zurück zur Natur geführt werden, um sie so von ihrem kränkelnden, neurotischen Ich zu befreien. Diese müssen dabei die äußeren Merkmale ihrer Persönlichkeiten ablegen, dürfen u. a. keine Zeitung lesen und auch auf Konzerte etc. verzichten.

Der Roman ist der zivilisationsmüden Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts entgegengekommen. Es war dies die Zeit des Abschlusses des ersten Modernisierungsschubs des industriellen Zeitalters. Kennzeichnend war in diesem Zusammenhang auch das damalige Entstehen der Wandervogelbewegung bzw. der Jugendbewegung, die auch einen Protest gegen eine damals empfundene Übermodernisierung darstellte. Der Erfolg des Romans fußt auf der Sehnsucht, aus der Realität zu entfliehen, um gleichsam auf einer Robinson-Insel eine erträumte Idealwirklichkeit zu erleben. Besonders ist natürlich zu beachten, daß dieser Roman im zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs erschienen ist.

Neben einigen anderen Romanen wurde „Ferien vom Ich“ insgesamt dreimal verfilmt (1934, 1952 und 1963). In dem Film von 1952 spielten u. a. Rudolf Prack, Marianne Hold, Willy Fritsch, Grethe Weiser und Oskar Sima, 1963 u. a. Walter Reyer, Hans Holt, Grethe Weiser, Paul Hörbiger und Peter Vogel. Daß „Ferien vom Ich“ gerade nach 1945 einen zweiten, großen Erfolg – gerade auch im Film – erlebte, war in der Art der erwähnten literarischen Darstellung Kellers begründet. Sein diesbezügliches Genre paßte gerade in das Sujet der spezifischen Filme der fünfziger Jahre bzw. der Nachkriegszeit, deren Generation gerade dadurch von ihm angesprochen wurde.

KELLER UND DER CV

Keller erhielt bereits am 4. Dezember 1907 die Ehrenmitgliedschaft der Austria Wien, jedoch wurde diese letztmalig im Gesamtverzeichnis 1925 angeführt, danach fehlte sie. Dies war jedoch ein Fehler. Die Ehrenmitgliedschaften bei Aargau und Amelungia sind hingegen bis zum Gesamtverzeichnis 1931 nachweisbar. Er unternahm sehr viele Lesereisen, auch mehrmals nach Österreich, wo dann der entsprechende Kontakt zu den Verbindungen entstanden ist.

So war auch beim Aargau. Hier wurde Keller im Rahmen eines Leseabends am 13. November 1912 die zwei Tage vorher beschlossene Ehrenmitgliedschaft in die Tat umgesetzt: „Im Sturme gewann sich unser lieber Gast, Paul Keller, die Herzen aller; davon gaben die herzlichen und aufrichtigen Beifallskundgebungen Zeugnis, die ihn lange Pausen zu machen zwangen. […] Bei dem im Anschluß an die Vorträge abgehaltenen Kommers überreichte unsere Senior dem gefeierten Gast Kappe und Band der Verbindung und proklamierte ihn zun Ehrenmitglied. Gerührt dankte Paul Keller für die Ehrung. Wenige Tage später brachte der Postbote ein großes Paket, das zu unserer großen Freude sämtliche Werke unseres Ehrenmitglieds Paul Keller enthielt.“

Am 16. April 1916 hielt Keller im Saal des Wiener alten Rathauses einen Leseabend. Einladender war der Wiener Philisterzirkel, organisiert wurde er vom Aargau. Der Reinerlös floß in die Kriegshilfskasse für die österreichischen CVer. Die Veranstaltung war ein großer Erfolg und ausverkauft. Mit Sicherheit stand dabei der 1915 erschienene Roman „Ferien vom ich“ im Mittelpunkt.

Keller war bereits Mitglied des „Akademischen Lesevereins Akademia“, aus dem dann die Amelungia hervorging. Anläßlich der Gründung der Altherrenschaft Amelungias wurde er in Anerkennung seiner dichterischen Leistung und als Dank für seine weiter gepflegten Kontakte von ihr zum Ehrenmitglied ernannt. Es wundert, daß er nur von österreichischen und nicht von deutschen CV-Verbindungen die Ehrenmitgliedschaft erhielt.

Keller wurde auf dem Laurentiusfriedhof zu Breslau bestattet.

Werke:

(Auswahl)
Waldwinter (1902).
Die Heimat (1903).
Das letzte Märchen (1905).
Der Sohn der Hagar (1907).
Die alte Krone (1909).
Stille Straßen (1912).
Insel der Einsamen (1913).
Ferien vom Ich (1915).
Hubertus (1918).
In fremden Spiegeln (1920).
Die vier Einsiedler (1923).
Die drei Ringe (1924).
Marie Heinrich (1926).
Drei Brüder suchen das Glück (1929).
Ulrichshof (1929).
Das Geheimnis des Brunnens (1930).

Quellen und Literatur:

Academia 20 (1907/08), S. 205, 25 (1912/13), S. 386, und 29 (1916/17), S. 38.
Verbindungsarchiv Austria Wien (Heinz Dopplinger)
Wentzig, Hermann: Paul Keller. Leben und Werk. München 1954.
Kindlers Literatur Lexikon im dtv. Band 9. München 1974, S. 3492f.
Bayer-Klötzer, Eva-Suzanne: Paul Keller, in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 465f. (Onlinefassung)
Hundert (100) Jahre Katholische Österreichische Hochschulverbindung Amelungia im ÖCV. Für Volk und Altar. Redaktion Oskar Mayer. Wien 2008, S. 324.