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KonsR. Pfr. Msgr. Johannes Krawarik

KonsR. Pfr. Msgr. Johannes Krawarik

Urverbindung: Nibelungia (07.05.1921)

Geboren: 15.02.1903, Wien
Gestorben: 26.03.1968, Wien
Pfarrer, wurde von den Nazis aus dem Fenster gestürzt

Lebenslauf:

Krawarik besuchte die Realschule in Wien, 7. Bezirk (Neustiftgasse), wo er in der Oberstufe Gruppenleiter des 1918 gegründeten Christlich-Deutschen Studentenbundes (CDSB) war. 1920 war er einer der Mitbegründer der katholischen Pennalie Vindobona I (später MKV). Ebenso war er an der Gründung der Ottonia I beteiligt, einer monarchistisch orientierten Reserveverbindung der Vindobona I, die bis 1938 einen eigenen Betrieb hatte, der teilweise auf der Bude der Nibelungia stattfand.

Nach der Matura trat Krawarik in das Wiener Priesterseminar ein und begann das Studium an der Theologischen Fakultät der Universität Wien (abs. theol. 1926), wo er der Nibelungia beitrat (Couleurname Meinrad). Nach der Priesterweihe am 18. Juli 1926 war er zuerst Kaplan in Pottenstein (Bezirk Baden, Niederösterreich) und dann ab September 1929 in Wien-Währing. Mit 1. Oktober 1930 wurde er zum Domkuraten am Wiener Stephansdom ernannt.

Am 7. Oktober 1938, dem Rosenkranzfest, fand dort die machtvolle Kundgebung der katholischen Jugend mit Erzbischof Theodor Kardinal Innitzer (NdW) statt. Am Tag danach kam es zu Ausschreitungen von HJ- und SA-Rowdies. Das erzbischöfliche Palais wurde erstürmt und teilweise verwüstet, so daß Innitzer u. a. mit seinem Sekretär Jakob Weinbacher (NbW) unterirdisch in den Stephansdom fliehen mußte.

Auf der anderen Seite des Domes befindet sich das sog. Curhaus. Auch dieses wurde erstürmt. Dabei wurde der sich im ersten Stock aufhaltende Domkurat Krawarik hofseitig aus dem Fenster geworfen. Zu seinem Glück fiel er auf einen Sandhaufen. Trotzdem brach er sich dabei beide Oberschenkelknochen und blieb dort schwerverletzt eine Stunde liegen. Der aus Graz nach Wien strafversetzte Arzt Gustav Mittelbach (BbG), nach 1945 Landessanitätsdirektor in der Steiermark, sowie der spätere Direktor des Wiener Technischen Museums, Josef Nagler (Baj), konnten dann – zufällig vorbeikommend – Erste Hilfe leisten. Krawarik wurde, nachdem die HJ-Rowdies abgezogen waren, in ein Krankenhaus gebracht, wo er bis Februar 1939 stationär behandelt wurde.

Lange Zeit mußte Krawarik noch auf Krücken gehen, und von den Verletzungen und vom Schock dieses Ereignisses – des „Wiener Fenstersturzes“ – konnte er sich nie richtig erholen. Ab 1. Mai 1939 war er dann als Sekretär im Erzbischöflichen Ordinariat eingesetzt. Am 1. September 1946 wurde er zum Pfarrer von Wien-Altottakring ernannt, welche Funktion er bis zu seiner Pensionierung am 1. März 1968 bekleidete. Kurz davor wurde er am 23. Februar zum Päpstlichen Geheimkämmerer (Monsignore) ernannt

Als Krawarik am 26. März 1968 seinem Nachfolger die Pfarrgeschäfte im Pfarrhof übergeben wollte, starb er unerwartet. Er wurde auf dem Ottakringer Friedhof beigesetzt. Die Vindobona I stiftete 1980 eine Gedenktafel an Krawarik, die im Hof des Curhauses unterhalb jenes Fensters angebracht wurde, wo er rausgeworfen wurde. Im 16. Bezirk unweit der Altottakringer Pfarrkirche wurde eine Gasse nach ihm benannt.

Der „Wiener Fenstersturz“ mit Krawarik hat auch Eingang in einen Hollywood-Film gefunden. In dem unter der Regie von Otto Preminger, einem ehemaligen Wiener jüdischer Abkunft, 1963 uraufgeführten Film „Der Kardinal“ nach dem Roman von Henry Morton Robinson gibt es entgegen der Romanvorlage eine Episode in Wien. In dieser werden die Ereignisse rund um den Anschluß und den 7./8. Oktober 1938 behandelt. Dabei gibt es auch eine kurze Szene, wie ein Priester – offenbar in Anspielung auf Krawarik – aus dem Fenster geworfen wird.

Quellen und Literatur:

Foto: © Diözesanarchiv Wien
Diözesanarchiv Wien. Priesterdatenbank.
Verbindungsarchiv Nibelungia (Gottfried Mazal).
Obermüller, Heinrich: Aufbruch und Untergang. Katholische Verbindungen an mittleren und höheren Schulen in Österreich und den Nachfolgestaaten der Monarchie. Band 2 - Teil 1. Von 1918 bis 1945 (= Tradition und Zukunft. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart des höheren Bildungswesen, unter besonderer Berücksichtigung der studentischen Vereinigungen Band V). Wien 2000, S. 776 bis 778, 783 und 803.
Hundert (100) Jahre Nibelungia. Festschrift zum hundertsten Stiftungsfest der Katholisch-Österreichischen Studentenverbindung Nibelungia zu Wien im ÖCV. Wien 2008, S. 18–20.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 195f.