Broschüre erinnert an Studenten im NS-Widerstand

Broschüre erinnert an Studenten im NS-Widerstand

Österreichischer Cartellverband
Österreichischer Cartellverband
30.07.2020
Maximilian Bähr
Artikel

Es gelten mindestens 675 Mitglieder der katholischen Verbindungen als NS-Verfolgte, unter ihnen waren mindestens 153 Priester, die dem MKV bzw. ÖCV angehörten. Weil die Erfassung und Definition der Opfer schwierig ist, seien in der Broschüre nur erfasste und belegte Fälle aufgeführt, "wobei eine weitaus höhere Dunkelziffer zu vermuten ist".

Dazugezählt würden nicht nur jene Personen, die durch den NS-Terror unmittelbar oder mittelbar umgekommen seien, sondern auch KZ-Insassen, Inhaftierte und jene, die im Zuge des "Anschlusses" ihre berufliche Stellung verloren haben. "Und das war keine geringe Zahl. Sie wurden relegiert oder verhaftet, weil sie eben katholische Couleurstudenten waren oder wichtige Positionen im 'Ständestaat' innehatten", so der Historiker des ÖCV, Gerhard Hartmann.

Es habe Couleurstudenten im "Einzelwiderstand" oder im organisierten Widerstand gegeben. Verfolgung war aber auch aus rassischen bzw. gesundheitlichen Gründen oder wegen der sexuellen Orientierung möglich. Mindestens 36 Mitglieder katholische Verbindungen wurden demnach im NS-Regime ermordet, mindestens 138 wurden in ein KZ deportiert und mindestens 289 wurden im Zuge des Anschlusses im März 1938 verhaftet.

Die Broschüre, die den beiden Verbandszeitschriften "Couleur" bzw. "Academia" mit einer Auflage von jeweils rund 25.000 bzw. 13.000 Stück beigelegt ist, enthält exemplarisch neun Biografien von Opfern. Neben Leopold Figl, der bereits am 12. März 1938 verhaftet wurde, dann ins KZ kam und der drohenden Hinrichtung im April 1945 knapp entging, erinnert die Broschüre auch an den Wiener Kaplan Heinrich Maier. Er wurde am 22. März 1945 in Wien, dem letzten Hinrichtungstag vor der Befreiung der Stadt durch die Rote Armee, mit dem Fallbeil hingerichtet.

Maier zählte zu den führenden Köpfen des Widerstandskampfes im Dritten Reich und gründete ab dem Frühjahr 1940 mit Gleichgesinnten ein Widerstandsnetzwerk, das "Gruppe Maier-Messner-Caldonazzi" genannt wird. Die Gruppe wurde im Frühjahr 1944 zerschlagen. Alle drei wurden hingerichtet. Zeitzeugen berichten, dass Maier bei seinem Gang zur Hinrichtungsstätte laut gerufen habe: "Es lebe Christus der König! Es lebe die Freiheit! Es lebe Österreich!"

Maier wurde am 18. Februar 1908 im niederösterreichischen Großweikersdorf geboren und trat nach der Matura 1926 in das Wiener Priesterseminar ein. 1928 wurde er nach Rom geschickt, wo er als Alumne des "Germanicums" an der Universität Gregoriana studierte. Am 24. Juli 1924 wurde Maier im Wiener Stephansdom zum Priester geweiht. In den folgenden Jahren war er in den Pfarren Schwarzau am Steinfeld, Mödling und Wien-Gersthof tätig. Er war ein geschätzter Jugendseelsorger und erfahrener Religionspädagoge an Schulen in Wien und Niederösterreich. Während der NS-Zeit hatte Maier Schulverbot. Er nützte die Zeit zu weiteren Studien und erwarb 1942 ein zusätzliches Doktorat an der Wiener Universität.

Maier fühlte sich seinem Gewissen verpflichtet, politisch Widerstand gegen das NS-Regime zu leisten. Im Blick auf das auf Brutalität und Militärmacht gestützte NS-System kam Maier zur Überzeugung, dass dieses nur militärisch überwunden werden könne. Aus diesem Grund versuchte die "Gruppe Maier-Messner-Caldonazzi" Kontakte mit den Alliierten herzustellen und lieferte u.a. Lagepläne von Rüstungsbetrieben. Maier wurde am 28. März 1944 nach einer Messfeier in der Sakristei verhaftet und am 25. Oktober 1944 zum Tod verurteilt. Am 22. November 1944 kam er ins KZ Mauthausen. Schließlich wurde er wieder nach Wien gebracht und am 22. März 1945 im Landesgericht hingerichtet.

Quelle: KAP