ÖCV trauert um Gerald Freihofner (Nc)

ÖCV trauert um Gerald Freihofner (Nc)

Österreichischer Cartellverband
Österreichischer Cartellverband
24.10.2019
Maximilian Bähr
Artikel

Cbr. Chefred. Prof. Gerald Freihofner ist am Dienstag, den 22. Oktober 2019, im 74. Lebensjahr verstorben. Österreich verliert mit ihm einen der profiliertesten und erfolgreichsten Investigativjournalisten und journalistischen Lehrer der Zweiten Republik.

Vor allem in den späten 1970er- und 1980er-Jahren war Gerald Freihofner als Innenpolitik-Ressortleiter und schließlich auch als stellvertretender Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Wochenpresse federführend an der Enthüllung zahlreicher Skandale und Affären beteiligt. An vorderster Front zählt dazu die allen Widerständen trotzende Recherche des wohl größten Politik-Skandals der Nachkriegszeit rund um die vorsätzliche Sprengung des Frachters „Lucona“ und den berüchtigten „Club 45“. Freihofners Recherchen führten am Ende zur Verurteilung des sechsfachen Mörders Udo Proksch sowie zum Rücktritt des Nationalratspräsidenten Leopold Gratz sowie des Innenministers Karl Blecha. Eine ausführliche und auch aus heutiger Sicht bemerkenswerte Analyse der politischen Implikationen aus Freihofners eigener Feder findet sich
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Unerschrockener Aufdecker
Darüber hinaus war Gerald Freihofner auch an der Recherche und Aufklärung vieler weiterer Affären maßgeblich beteiligt. Seine Arbeit unter anderem zur Waffenschieber-Affäre um Verteidigungsminister Karl Lütgendorf, den Wohnbau-Ost-Skandal im Burgenland, Bauring, AKH, Konferenzzentrum oder das nicht funktionierende Rinterzelt in Wien festigten Freihofners Ruf als „eines der Synonyme für Aufdeckungsjournalismus“, wie es ein Branchenblatt einmal formulierte. Gemeinsam mit Alfred Worm gilt Gerald Freihofner somit als Begründer des auf akribischer Recherche basierenden Investigativjournalismus in Österreich. Die teils enormen Widerstände und Hintergründe zu diesen Recherchen, von denen Gerald Freihofner später immer wieder zu erzählen wusste, klingen heute schier unglaublich: Mafiös-drohende Gestalten an der Tür, am Schreibtisch im versperrten Büro deponierte Totenkränze und offensichtlich „von ganz oben“ unterdrückte Anklage-Erhebungen gehören ebenso dazu wie der letztlich verurteilte Mörder Udo Proksch selbst, der gerne damit prahlte, zum Schutz vor Journalisten „wie diesem Freihofner“ stets eine geladene Waffe bei sich zu tragen.

Academia-Herausgeber
Gerald Freihofner wurde am 30. Juli 1946 im oberösterreichischen Steyr geboren, wo er bereits als Gymnasiast mehrere Schülerzeitungen gründete und leitete. Als Jus-Student trat er 1968 der K.a.V. Norica bei und war als Pressereferent sowie Generalsekretär des ZA der Österreichischen Hochschülerschaft tätig. 1969 unterstützte der junge Freihofner den so genannten „Mädchensturm“ (übrigens unter der Führung von Ex Nationalbank-Präsident Claus Raidl, Baj) auf das Pfeilheim in Wien mit einem geheimen Piratensender, um eine Liberalisierung der damals strengen Besuchsordnung zu erreichen. Im ÖCV war Gerald Freihofner von 1992 bis 1996 Amtsträger und Herausgeber der Academia, und prägte mit der Schaffung einer Lehrredaktion und seiner Begeisterung für Qualitätsjournalismus zahlreiche Karrieren in der Medienlandschaft. 1996 verlieh ihm Norica in Anerkennung seiner Verdienste das Band „pro meritis“.

Journalistenausbildung als Lebenswerk
Nach seinem Ausscheiden bei der Wochenpresse – deren neue und letztlich zum Scheitern führende Ausrichtung er nicht mittragen wollte – im Jahr 1991 war Gerald Freihofner unter anderem als Chefredakteur des Europa-Kurier, des Branchenblattes Der Österreichische Journalist und anderer Fachmagazine tätig. Von 2006 bis 2009 sorgten „Freihofners Fußnoten“ in der Wiener Zeitung allwöchentlich für Gesprächsstoff und erreichten bald Kultstatus.
Gerald Freihofners große Liebe in der zweiten Hälfte seines Schaffens gehörte aber der Journalistenausbildung. Neben der Academia-Lehrredaktion war er zwischen 1995 bis 2001 als Gastprofessor an der Europäischen Journalismus Akademie der Donau Universität Krems tätig. 2001 wurde ihm in Anerkennung seiner Leistungen vom Bundespräsidenten der Berufstitel „Professor“ verliehen. Untrennbar mit Freihofners Namen verbunden ist vor allem aber seine langjährige Präsidentschaft (1996 bis 2008) im Friedrich Funder Institut für Publizistik, Medienforschung und Journalistenausbildung sowie die Etablierung der viel beachteten Wachauer Journalistentage. Unzählige Karrieren in Medien, Public Relations und Werbung wurden durch ihn angestoßen, gefördert und wirken so bis zum heutigen Tag. Gerald Freihofner bezeichnete diese fruchtbare Tätigkeit für Jungjournalisten und -journalistinnen gerne als „mein Lebenswerk“.

-Andreas Aichinger (Nc)