Lebenslauf:
Baule war der Sohn eines Professors an der Forstwirtschaftlichen Hochschule Hannoverisch Münden (ein Angehöriger der KV-Verbindung Winfridia Göttingen). Er studierte nach der Absolvierung des Gymnasiums ab 1909 Mathematik und Physik an den Philosphischen Fakultäten der Universität Kiel, wo er der KV-Verbindung Baltia beitrat, denn der Universität München, wo er bei der KV-Verbindung Saxonia aktiv war, sowie ab 1912 der Universität Göttingen (Dr. phil.), wo er bei der KV-Verbindung Winfridia aktiv war. Nach Ablegung der Lehramtsprüfung war er seit dem Sommersemester 1913 Assistent an der Universität Göttingen.
Im Ersten Weltkrieg wurde Baule zu den Pionieren eingezogen und kam nach einer Verwundung in Flandern am 26. Januar 1915 zur Fliegertruppe. Im April 1919 kehrte er nach Göttingen zurück und setzte seine wissenschaftlichen Forschungsarbeiten fort.
1920 habilitierte sich Baule an der Universität Hamburg für Mathematik. Bereits mit 1. Mai 1920 wurde er zum ordentlichen Professor für Mathematik II an der Technischen Hochschule in Graz (nunmehr Technische Universität) ernannt. In den zwei Studienjahren von 1927 bis 1929 war er Dekan der Fakultät für Maschinenwesen und in den Studienjahren von 1935 bis 1938 (d. h. bis zum Anschluß) Dekan der Fakultät für Angewandte Mathematik und Physik.
In Graz wurde Baule der Organisator des KV bzw. der „Vater des KV in der Steiermark“ (Dieter A. Binder). Die seit 1907 bestehende Akademische Vereinigung, die bereits im losen Kontakt zum KV stand, trat 1925 diesem mit dem Namen Winfridia bei. Baukle war darüber hinaus 1930 an der Gründung der Grazer KV-Verbindung Austria wesentlich beteiligt.
Deswegen kam es am 12. Mai auf der Technik zu lärmenden Demonstrationen seitens der schlagenden Verbindungen gegen Baule. Der Redakteur des „Grazer Volksblattes“, Johann Auterith (Nc), schrieb an die CV-Führung in München, daß „es vielleicht ganz gute Auswirkungen haben wird, daß auch einmal ein Angehöriger des KV in einen solchen Kampf hineingezogen wird“. Damit wurde die nicht immer klare Haltung des KV bei den in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Graz stattgefundenen Auseinandersetzungen zwischen den CV-Verbindungen und den Schlagenden angesprochen.
Nachdem sich der österreichische KV im Sommer 1933 ähnlich wie der österreichische CV von der Gesamtorganisation des KV als ÖKV getrennt hatte, war Baule derjenige, der die streng antinationalsozialistische Linie vorgab. Ab 1937 war er als Vertreter der Wissenschaft auch Gemeinderat von Graz.
Nach dem Anschluß wurde Baule am 13. März 1938 als amtierender Dekan verhaftet und im Polizeigefängnis Graz (Paulustorgasse) festgehalten. Es hat die Gefahr bestanden, daß gegen ihn ein Prozeß wegen Hoch- und Landesverrat hätte eingeleitet werden können. Baule wurde zwar nach den damaligen Usancen bei der Ernennung zum Professor in Graz österreichischer Staatsbürger, behielt aber – das war in solchen Fällen immer üblich – die deutsche Staatsbürgerschaft bei. Sein Verhalten ab 1933 war daher im Sinne der NS-Machthaber „Landesverrat“.
Baule wurde nicht zuletzt aufgrund von Interventionen aus dem Ausland am 18. September 1939 wieder freigelassen. Bereits mit 28. Mai 1938 wurde er in den Ruhestand versetzt. Er ging dann nach Berlin, wo er beim Oberkommando der Wehrmacht (OKW) und am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie (nunmehr Max-Planck-Institut) arbeiten konnte. 1943 fand er eine Anstellung an der Universität München, kam aber im Februar 1945 an die Luftfahrtforschungsanstalt Braunschweig, wo er das Ende des Krieges erlebte.
Baule kehrte 1945 auf seine Professur an der Technischen Hochschule Graz zurück, wo er dort zu den wenigen Professoren gehörte, die nicht durch den Nationalsozialismus belastet waren. Daher wurde er sofort zum Rektor der Hochschule bestellt und bekleidete dieses Amt durch drei Studienjahre hindurch bis 1948. Im Studienjahr 1956/57 war er nochmals Rektor. Nach dem sog. „Ehrenjahr“ wurde er Mitte 1962 emeritiert. Baule hat sich große Verdienste um den Wiederaufbau der Technischen Hochschule Graz nach dem Zweiten Weltkrieg erworben – nicht nur in materieller, sondern auch in ideeller Hinsicht.
Daneben begann Baule nach dem Krieg, den KV in Graz wieder zu reorganisieren, so daß er zum zweiten Mal „der Vater des Grazer KV“ (Dieter A. Binder) wurde. Neben den bereits erwähnten KV-Verbindungen war er noch bei Norica, Suevia und Erzherzog Johann (alle Graz) so wie bei der Prinz Eugen Wien Bandphilister.
Die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Traungau an Baule am Ende seines ersten Rektorats ist auch unter dem Aspekt einer Ehrung an jemanden zu sehen, der sich zweifelsohne große Verdienste um das katholische Korporationswesen erworben hat.
Baule war ein anerkannte Wissenschaftler im Bereich der angewandten Mathematik, vor allem in Grenzbereich zur Physik, und hat zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und Lehrbücher veröffentlicht.
Werke:
(Auswahl)Die Mathematik des Naturforschers und Ingenieurs, 8 Bände (7 Bände 1942, 8. Band 1963; zahlreiche Nachauflagen und Übersetzungen)
Quellen und Literatur:
Academia 43 (1930/31), S. 34f.Binder, Dieter A.: Bernhard Baule, in: Biographisches Lexikon des KV. 1. Teil. Hg. von Siegfried Koß und Wolfgang Löhr (= Revocatio historiae Band 2). Schernfeld 1991, S. 14–16.
Binder, Dieter A.: Der KV in Österreich. Zwischen politischen Katholizismus und Marginalisierung, in: Rückbesinnung und Ausblick. KV-Studententum nach 150 Jahren. Hg. von Wolfgang Löhr (= Revocatio Historiae Band 6). Köln 2006, bes. S. 195.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 315.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 232f,