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Präs. i.R. Mag. Dr. Alfred Ferstl

Präs. i.R. Mag. Dr. Alfred Ferstl

Urverbindung: Traungau (18.10.1928)

Bandverbindungen: GlL, Kr

Geboren: 19.10.1909, Leoben (Steiermark)
Gestorben: 24.12.2000, Leoben (Steiermark)
Präsident des Oberlandesgerichts Graz, ÖCV-Ehrenringträger
Politische Haft: 1938/39 Untersuchungs- und Polizeihaft sowie KZ Buchenwald

Lebenslauf:

Ferstl wurde als Sohn eines Eisenbahnbeamten geboren und absolvierte 1928 das Realgymnasium in Leoben, wo er bei der katholischen Pennalie Lützow aktiv war (später MKV). Danach begann er zuerst das Studium der Chemie sowie der Botanik und Zoologie an der Philosophischen Fakultät der Universität Graz, wo er dem Traungau beitrat (Couleurname Dr. cer. Bimbo) und wo er im Sommersemester 1930 Fuchsmajor war. Im Sommersemester 1929 wechselte er an die dortige Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1933), Über seine Studentenzeit berichtet Ferstl in „Achtzig (80) Jahre Traungau“ (siehe Literatur).

Nach dem Studium und dem Gerichtsjahr war Ferstl Richteramtsanwärter am Kreisgericht Leoben, wurde am 10. April 1936 zum Richter bestellt und war dann am Bezirksgericht Leoben tätig. 1933 gründete er in Leoben eine Ortsgruppe der Ostmärkischen Sturmscharen und nahm mit dieser an den Abwehrkämpfen während des nationalsozialistischen Juli-Putsches 1934 teil. Ebenso engagierte er sich in der Vaterländischen Front, deren Bezirksführer von Leoben er 1936 wurde. Als es Überlegungen gab, 1937 in Leoben eine CV-Verbindung (namens Bergstadt) zu gründen, wirkte er mit.

In den letzten Tagen vor dem Anschluß organisierte Ferstl die von Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg (AIn) angesetzte Volksabstimmung für Leoben. Aufgrund seiner hervorgehobenen Funktion in der Vaterländischen Front wurde er am 12. März 1938 verhaftet und in das kreisgerichtliche Gefängnis Leoben eingeliefert. Desgleichen wurde er als Richter am 4. April vorläufig und am 30. Juli 1938 endgültig mit auf zwei Drittel reduziertem Ruhegenuß entlassen. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, das jedoch im Sommer 1938 eingestellt wurde. Trotzdem blieb er weiterhin in Haft, da er „nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates gefährdet“. In den „von ihm im früheren Österreich innegehabten einflußreichen Stellungen“ ist er „in besonders gehässiger Weise gegen Nationalsozialisten vorgegangen“.

Ferstl wurde am 4. Januar 1939 in das Polizeigefängnis Graz verlegt und am 14. Februar 1939 in das KZ Buchenwald überstellt, wo er am 3. Mai 1939 wegen einer Typhusepidemie bereits wieder freigelassen wurde. Er durfte sich in der Folge in Leoben nicht mehr aufhalten und siedelte nach Graz, wo er sich eine Zeitlang bei der Gestapo regelmäßig melden mußte. Da ihm eine Zulassung zur Rechtsanwaltsausbildung verwehrt blieb, war er als Kanzleikraft bzw. Buchhalter bei einer Grazer Spedition tätig. Am 10. April 1942 wurde er zur Deutschen Luftwaffe eingezogen und blieb bei ihr bis zum 6. Mai 1945. Zu diesem Zeitpunkt war er in St. Johann im Pongau. Dort geriet er für kurze Zeit in US-Kriegsgefangenschaft.

Nach dem Krieg wurde Ferstl als Richter am Kreisgericht Leoben rehabilitiert. Dort wurde er bald zum Vorsitzenden des Volksgerichtssenats ernannt, der sich mit ehemaligen Nationalsozialisten auseinandersetzen mußte. Mit 1. Januar 1953 wurde er zum Vizepräsidenten und mit 12. Februar 1959 zum Präsidenten des Kreisgerichts Leoben ernannt. Mit 1. Juli 1967 wurde er zum Vizepräsidenten und mit 1. Januar 1970 schließlich zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz ernannt. Am 31. Dezember 1979 trat er in den dauernden Ruhestand. Neben seiner richterlichen Tätigkeit war er Honorarprofessor für Allgemeine Rechtskunde an der Montanistischen Hochschule in Leoben.

Ferstl wurde 1946 Bandphilister der Glückauf Leoben und gleichzeitig deren Philistersenior, was er bis 1967 blieb. Er war maßgeblich am Wiederaufbau dieser Verbindung sowie des Leobner CV nach dem Krieg beteiligt. Dadurch wirkte er 1954 auch bei der Gründung der zweiten Leobner Verbindung Kristall mit, wo er ebenfalls Bandphilister wurde. Von 1949 bis 1965 war er seitens des Vereins Akademikerhilfe für deren Studentenheim in Leoben zuständig. Von 1954 bis 1988 war er Vorsitzender des Kuratoriums des Kinder- und Jugendwerks Josefinum in Leoben.

1965 wurde Ferstl wegen seiner herausragenden Verdienste um den Leobner CV der ÖCV-Ehrenring verliehen. Ebenso war er Bandphilister der MKV-Verbindungen Stubenberg Bruck/Mur, Lichtenstein Judenburg und Trautenfels Irdning. Er wurde auf dem Zentralfiedhof von Leoben begraben. Er hatte drei Söhne, darunter Peter Ferstl (Trn) und Kurt Ferstl (Trn).

Quellen und Literatur:

Mitteilung von Peter Ferstl (Trn) (3. 1. 2018).
Verbindungsarchiv Traungau. Personaldaten Alfred Ferstl (zusammenstellt von Dietmar Hagn).
ÖCV-Archiv. VII. CVV 1965 Salzburg. Antrag des Leobener Ortsverbandes auf Verleihung des ÖCV-Ehrenringes an Alfred Ferstl.
Achtzig (80) Jahre Traungau. 1908–1988 (= Ad fundum Nr. 5.). Graz 1988, S. 5–9.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Farbe Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 67f.