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Sprg.-Arzt i.R. Dr. Josef Kiener

Sprg.-Arzt i.R. Dr. Josef Kiener

Urverbindung: Carolina (08.10.1908)

Bandverbindungen: R-B

Geboren: 25.05.1889, Spinges (Gemeinde Mühlbach, Bezirk Brixen, Tirol)
Gestorben: 11.06.1981, Bruneck (Südtirol)
Arzt. Opfer des Faschismus
Politische Haft: 1929/30 Verbannung (Insel Ponza)

Lebenslauf:

Nach seiner Matura im Jahr 1908 am Gymnasium in Brixen begann Kiener das Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz, wo er der Carolina beitrat (Couleurname Götz). Bereits ein Jahr später wechselte er an die Medizinische Fakultät der Universität Innsbruck (dort Dr. med. 1922), wo er bei der Raeto-Bavaria aktiv wurde. Deren Senior war er im Studienjahr 1910/11 zwei Semester hintereinander. Zu Kriegsbeginn 1914 wurde er zum 2. Regiment der Tiroler Kaiserjäger eingezogen. Dieses war gleich an der galizischen Front eingesetzt, wo Kiener als Sanitäter bereits am 29. August 1914 in russische Kriegsgefangenschaft geriet, aus der er erst 1920 heimkehren konnte.

Kiener setzte sein Studium in Innsbruck fort und beendete es 1922. Er erhielt die Stelle eines Gemeindearztes in Steinhaus im Ahrntal (Bezirk Bruneck). Dort engagierte er sich für die sog. „Katakombenschule“. d. h. für den Deutschunterricht im Untergrund, der vom faschistischen System verboten wurde. Dadurch geriet er bereits ins Visier der italienischen Behörden. Im April 1929 wurden drei Italiener erschossen (zwei Carabinieri und ein Lehrer). Die Suche nach den Tätern in der einheimischen Bevölkerung verlief ergebnislos. Kiener mußte die drei Leichen amtsärztlich untersuchen und stellte fest, daß die in den Leichen gefundenen Geschoße keine deutschen Fabrikate waren. Das faßten die faschistischen Behörden als Provokation auf. Kiener wurde verhaftet und am 10. Juni 1929 zu einer dreijährigen Verbannung auf die berühmt-berüchtigte Insel Ponza bei Neapel verbannt. Später ist ihm seine Frau freiwillig nach Ponza nachgefolgt.

Im CV rief die Verbannung Kieners große Aufmerksamkeit und Anteilnahme hervor. Die „Academia“ berichtete mehrmals über ihn, und es gab in ihr auch mehrmalige Aufrufe zu einer Spendenaktion, die in relativ kurzer Zeit 9.200 Reichsmark erbracht hatte, mit der vor allem seine Familie unterstützt werden sollte. Am 21. Februar 1930 gab die amtliche italienische Nachrichtenagentur überraschend bekannt: „Der Regierungschef hat den deutschsprachigen Personen der Provinz Bozen, über die aus politischen Gründen Polizeimaßnahmen verhängt worden waren, Strafnachlaß gewährt. Es wurde daher die Freilassung des Dr. Josef Kiener […] angeordnet, der von der Provinzialkommission von Bozen wegen seiner hartnäckigen und unversöhnlichen antifaschistischen und gegen die Staatsmacht gerichteten Tätigkeit für drei Jahre konfiniert worden war.“

Die relativ rasche Freilassung Kieners aus einer dreijährigen Hafte dürfte allem Anschein nach auf einen davor erfolgten Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Johann Schober in Rom zurückzuführen gewesen sein. Kiener und seine Frau sowie weitere sieben Verbannte konnten wieder nach Südtirol zurückkehren. Kiener konnte wieder seinen Beruf als Arzt ausüben. Die Raeto-Bavaria verlieh ihm die Auszeichnung eines Dr. cer. Nach dem Erwerb (1931) des Carolinen-Hauses am Grazer Glockenspielplatz spendete Kiener seiner Urverbindung Carolina einen Betrag für die Ausgestaltung des ersten Stockes ihres Hauses, so daß bis 1986 ein Raum nach ihm benannt wurde („Kiener-Stube“). 1969 wurde er Ehrenbürger der Südtiroler Gemeinde Ahrntal.

Quellen und Literatur:

Academia 42 (1929/30), S. 71.119, 242, 338 (hier Text der amtlichen italienischen Nachrichtenstelle), 43 (1930/31). S. 20.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Peter Krause (Rt-D), Herbert Reinelt und Helmut Schmitt. Zweite wesentlich erweiterte Auflage. Teil 2: Kuhl, Manfred (F-B): Ergänzungsband Biographien. Wien 2020, S. 419
Hartmann, Gerhard (Baj)–Simmerstatter, Markus (Cl): Ein großes Gehen Hand in Hand. 125 Jahre Carolina 1888 bis 2013. Graz 1913, S. 116f.