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Gen.-Int. i.R. Gerhard Weis

Gen.-Int. i.R. Gerhard Weis

Urverbindung: Bajuvaria (25.06.1957)

Geboren: 01.10.1938, Wien
Gestorben: 26.07.2019, Wien
Generalintendant (ORF)

Lebenslauf:

Weis stammte aus Wien-Brigittenau und wurde als Sohn eines Kinotechnikers geboren. Er absolvierte 1957 die Realschule in Wien-Innere Stadt (Schottenbastei) und trat in dieser Zeit der MKV-Verbindung Frankonia bei. Nach der Matura leistete er den Präsenzdienst beim Österreichischen Bundesheer und wurde bereits in dieser Zeit bei der Bajuvaria aktiv (Couleurname Armin). Sein Lebbursch war Ernst Wolfram Marboe (Baj). Danach begann er als Werkstudent zuerst das Studium an der Hochschule für Welthandel sowie dann das der Staatswissenschaften (rer. pol.) an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

Weis beendete beide Studien jedoch nicht, weil er bereits ab 1959 journalistisch tätig war. Zuerst war er freier Mitarbeiter bei der „Wiener Zeitung“, dann beim „Kleinen Volksblatt“. 1960 erhielt er eine Anstellung bei der Wochenzeitung „Internationale Wirtschaft“ und wechselte bereits 1961 als Redakteur zum „Kleinen Volksblatt“ (Wirtschaftsredaktion, Redaktion Innenpolitik). 1962 wurde er zum Leiter der Wiener Redaktion des „Volksboten“ (später „präsent“) berufen, die dem Innsbrucker Tyrolia Verlag gehörte. In dieser Zeit engagierte er sich für das Rundfunk-Volksbegehren, das von den unabhängigen Tages- und Wochenzeitungen initiiert wurde. Dafür erhielt er 1966 den „Dr. Karl Renner-Preis“. Als Josef Taus (Baj) im April 1966 für ein Jahr Staatssekretär wurde, war er nebenberuflich für dessen Pressearbeit zuständig.

Nach der Umsetzung des Rundfunkvolksbegehrens und der Durchführung der ORF-Reform ging Weis im August 1967 als innenpolitischer Redakteur zum ORF-Fernsehen. 1969 wurde er dort Leiter der Innenpolitik-Redaktion beim Fernsehen und wechselte 1971 als Leiter zur Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit in der Generalintendanz (Generalintendant war damals Gerd Bacher). Im Zuge der ORF-Reform unter Bundeskanzler Bruno Kreisky im Jahre 1974 wurden zwei Fernseh-Intendanturen geschaffen. Weis wurde zum Fernsehintendanten 1 bestellt, was er eine Funktionsperiode bis 1978 blieb.

Anschließend war Weis bis 1992 Leiter der Stabsstelle „Unternehmensplanung und Koordination“ sowie „Zentraler Chefredakteur“. Generalintendanten waren damals Gerd Bacher und Thaddäus Podgorski. In dieser Zeit bzw. in diesen Funktionen war er u. a. federführend bei der Gründung von 3sat sowie bei der Errichtung der Kooperationen mit den Sendern Arte und Bayern-alpha (nunmehr ARD-alpha) sowie bei den Gründungen von „Teletext“ und der „ORF-Nachlese“ beteiligt. Unter seiner Ägide entstanden u. a. die Fernsehproduktionen „Alpensaga“ und „Kottan ermittelt“ sowie das Format „Bundesland heute“. Im März 1992 wurde er für zwei Jahre Leiter des Landesstudios Wien, in welcher Zeit eine grundlegende Studioreform („Das neue Radio Wien“) erfolgte.

Mit 27. Oktober 1994 wurde Weis zum Hörfunkintendanten bestellt und war damit für die Radioprogramme zuständig. In seiner Amtszeit erfolgte u. a. die Reformen von Ö 1 und Ö 3, die Gründung von FM 4, die Reform des Radio-Symphonieorchesters, die Gründung des „Radio-Kulturhauses“ und des „Ö 1- Klubs“. Ab Februar 1997 war er in Personalunion auch Generalsekretär des ORF. Generalintendant war damals das SPÖ-Mitglied Gerhard Zeiler.

Da Gerhard Zeiler im Herbst 1998 als Geschäftsführer zu RTL ging, mußte vor dessen Abgang ein neuer Generalintendant bestellt werden. Seitens der ÖVP, die damals Juniorpartner in einer Koalition mit der SPÖ war, wurden Töne von einer „schwarzen-blauen Wende“ im ORF laut, und man wollte nicht mehr bei der von der SPÖ forcierten Idee mitmachen, den ORF in eine AG umzuwandeln. Nachdem seitens der SPÖ kein kompetenter Kandidat zur Verfügung stand, meldete Weis seine Kandidatur an. Das tat auch der kaufmännische Direktor des ORF Peter Radel, wobei er von der ÖVP unterstützt wurde.

Nicht zuletzt wegen seiner bisherigen Funktionen im ORF und seinen entsprechenden Erfahrungen wurde Weis vom ORF-Kuratorium Anfang Juli 1998 zum Generalintendanten gewählt. Er erhielt die Stimmen von Kuratoriumsmitgliedern, die der SPÖ, den Grünen und den Unabhängigen zugerechnet wurden, und trat sein Amt im Oktober 1998 an. In seiner Amtszeit legte er seine Schwerpunkte auf die Bereiche Information, Wissenschaft und Kultur sowie die Regionalisierung.

Die Wahl von Weis zum Generalintendanten geschah nicht zur Freude des damaligen ÖVP-Bundesparteiobmanns Wolfgang Schüssel. Hinzu kam noch, daß sich Weis 1999/2000 für den Erhalt einer Großen Koalition und gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ einsetzte. Nun wurde aber Anfang 2000 unter Schüssel eine ÖVP/FPÖ-Regierung ernannt, die eine ORF-Reform in die Wege leitete. Am 5. Juli 2001 wurde ein neues Gesetz beschlossen, das den ORF in eine Stiftung umwandelte. Aus dem ORF-Kuratorium wurde der Stiftungsrat, und der Generalintendant wurde in einen Generaldirektor umbenannt. Dieses Gesetz trat mit 1. Januar 2002 in Kraft, und es mußten die Organe neu bestimmt werden. Weis kandidierte zwar für die Funktion des Generaldirektors, unterlag aber der von der ÖVP favorisierten Kandidatin Monika Lindner, so daß er seitens des ORF in den Ruhestand ging.

Weis war jedoch noch nicht untätig und engagierte sich bei einer Reihe von ehrenamtlichen und sonstigen Tätigkeiten. So war er u. a. journalistischer Leiter der Katholischen Medienakademie und zeitweiliges Mitglied des Diözesanen Pastoralrats der Erzdiözese Wien. Er war Mitbegründer und dann Mitglied des Vorstands des Vereins Rettet den Stephansdom sowie Mitglied des Vorstands der Stiftung Stephansdom. Darüber hinaus war er Vorsitzender des Programmbeirats des TV-Senders ORF III–Kunst und Kultur und Präsident des Aufsichtsrats der P & V Holding AG. In dieser sind Verlage und Druckereien der Management Trust Holding AG, die mehrheitlich Josef Taus (Baj) zuzuordnen ist, zusammenfaßt. Darüber hinaus war Weis auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Vereinigten Bühnen Wien GmbH.

Weis hat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Österreichs im letzten Drittel des 20. Jahrhundert maßgeblich beeinflußt und geprägt sowie zu seiner Qualität beigetragen. Es gehört übrigens zu den besonderen Zufälligkeiten, daß Weis und sein Leibbursch Ernst Wolfram Marboe (Baj) zur selben Zeit im ORF leitende Positionen bekleideten. Seine Schwester Christiane ehelichte Hans Magenschab (Baj). Weis starb nach kurzer, schwerer Krankheit und wurde auf dem Friedhof Wien-Mauer begraben (3/4/12).

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Bajuvaria. Lebenslauf, verfaßt von Gerhard Weis, Stand Dezember 2016.
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 29. 7. 2019).
Frankfurter Allgemeine, 8. 7. 1998, S. 16 („Spiel auf der Medienorgel“).