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Univ.-Prof. Dr. Alexander Pilcz

Univ.-Prof. Dr. Alexander Pilcz

Ehrenmitgliedschaften:

Geboren: 02.08.1871, Graz
Gestorben: 30.01.1954, Wien
Universitätsprofessor (Psychiatrie und Neurologie)

Lebenslauf:

Pilcz besuchte das Gymnasium in Wien-Alsergrund (Wasagasse) und begann nach der Matura im Jahr 1889 mit dem Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (Dr. med. 1895). Nach Beendigung seines Studiums war er zuerst Assistent an der Medizinischen Klinik und dann am Neurologischen Institut. Ab 1896 war er Assistenzarzt an der damals so benannten Niederösterreichischen Landesirrenstalt in Wien-Steinhof. Ab 1898 war er Assistent und Schüler bei Julius Wagner-Jauregg an der I. Psychiatrischen Klinik in Wien. Als dieser 1902 die Leitung der II. Psychiatrischen Klinik übernahm, war Pilcz bis 1907 der provisorischer Leiter der I. Klinik.

1902 habilitierte sich Pilcz bei Wagner-Jauregg für Psychiatrie und Neurologie und erhielt 1907 den Titel eines außerordentlichen Universitätsprofessors. Gleichzeitig war er bis Ende 1909 Primarius am Steinhof. Im Ersten Weltkrieg war er als Oberstabsarzt (entsprach dem Rang eines Oberstleutnants) an der psychiatrisch-neurologischen Abteilung im Garnisonsspital Nr. 1 in Wien und zugleich Referent des Militärsanitätskomitees in Wien tätig (Auszeichnungen: Offizierskreuz des Franz-Josephs-Ordens mit Kriegsdekoration, Offiziers-Ehrenkreuz des Roten Kreuzes mit Kriegsdekoration). Schließlich wurde er am 12. August 1921 zum außerordentlichen Universitätsprofessor für Psychiatrie und Neurologie ernannt. Zusätzlich arbeitete er noch an der Heilanstalt für Kopfverletzte, Nerven- und Gemütskranke (ehemalige „Döblinger Privatirrenanstalt“).

Da Pilcz Mitglied der „Vaterländischen Front“, der St.-Lukas-Gilde (katholische Ärztevereinigung), der Leo-Gesellschaft und im Politischen Katholizismus verankert war, wurde er nach dem Anschluß mit 22. April 1938 als Universitätsprofessor beurlaubt. Zusätzlich wurde er 1938 seitens der NS-Behörden auch als „Halbjude“ bzw. „Jude“ angesehen bzw. in einer Beurteilung aus dem Jahr 1942 als „Mischling 2. Grades“ („Vierteljude“) geführt. Schließlich wurde er mit Ende März 1940 in den Ruhestand versetzt.

Pilcz war als Wissenschaftler sehr produktiv und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten. Vor allem erlangte er durch seine Studien zum periodischen Irresein sowie zum myxematösen Irresein Bedeutung. Sein Lehrbuch der speziellen Psychiatrie war über Jahre hinweg ein Standardwerk im deutschsprachigen Raum. Er war Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften (Neurological Association Philadelphia, Medico-psychological Association of Great Britain, Neurologie Tokio, Société de médico-psycholigique Paris, Gesellschaft deutscher Ärzte und Psychiater) und erhielt die Wagner-Jauregg-Medaille.

Norbert Leser erinnert sich an ihn: „Professor Pilcz habe ich noch persönlich aus meiner Kindheit in Erinnerung, denn er wohnte schräg gegenüber meiner Elternwohnung in der Alserstraße. Soweit ich mich erinnere, hat Professor Pilcz in dieser Gegend nicht nur den Ruf eines ‚zerstreuten‘ Professors, sondern auch den eines Sonderlings, der mitunter mehr seinen Patienten als den braven Durchschnittsbürgern zu gleichen schien.“ Diese Passage steht im Rahmen einer Betrachtung über Psychiater, die selber geisteskrank wurden, und nennt hierbei den Grazer Professor für Psychiatrie und Neurologie Wolfgang Holzer (Wl), der beim Begräbnis von Pilcz als ungebetener Grabredner auftrat, und seinen Innsbrucker Kollegen Hubert Urban (AIn).

Aufgrund seiner Verbundenheit mit dem Politischen Katholizismus bzw. dem Verbandskatholizismus wurde Pilcz 1909 Ehrenphilister der Austria Wien (Couleurname Celsus). Im Zuge der Gründung des ÖCV 1933 wurde diese Mitgliedskategorie abgeschafft. Seitdem wurde er bei der Austria als Ehrenmitglied geführt. Er starb angeblich verarmt in Wien, wurde aber in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt (30A/18).

Werke:

Die periodischen Geistesstörungen (1901, Habilitationsschrift).
Lehrbuch der speziellen Psychiatrie (1904, 7. Aufl. 1926).
Beiträge zur vergleichenden Rassenpsychiatrie (1906).
Spezielle gerichtliche Psychiatrie (1908).
Hygiene des Nervensystems (1925).
Über Hypnotismus, okkulte Phänomene, Traumleben (1926).
Okkultismus und Rechtspflege (1927).
Die Anfangsstadien der wichtigsten Geisteskrankheiten (1928).

Quellen und Literatur:

Verbindungsarchiv Austria Wien (Richard Huka, 1. 9. 2021)
Academia 22 (1909/10), 273,
Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938 (https://gedenkbuch.univie.ac.at/?id=index.php?id=435&no_cache=1&person_single_id=34243, Abruf 28. 9. 2021).
Leser, Norbert: Skurrile Begegnungen. Mosaike zur österreichischen Geistesgeschichte. Wien 2011, 110.