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Btsch. i.R. Dkfm. Dr. Johannes Proksch

Btsch. i.R. Dkfm. Dr. Johannes Proksch

Urverbindung: Austria-Wien (20.12.1937)

Geboren: 15.08.1918, Wien
Gestorben: 27.12.2018, Wien
Diplomat, Vorsitzender der Freien Österreichischen Studentenschaft (FÖSt)

Lebenslauf:

Proksch wurde als Sohn des Generaldirektors der Siemens-Schukert Werke in Agram (Zagreb) geboren, wuchs aber größtenteils in Wien auf. Er besuchte die Volksschule zuerst in Agram und dann die der Piaristen in Wien-Josefstadt, dann zuerst das Schottengymnasium und schließlich das Benediktinergymnsium in Admont, wo er 1937 maturierte. Danach begann er das Studium an der Hochschule für Welthandel in Wien (Dkfm. 1941; Dr. rer. comm. 1947), wo er der Austria beitrat (Couleurname Diogenes). Sein Leibbursch war Franz Finstermann (AW), der Senior des Sommersemesters 1938, der am Abend des 10. März 1938 von Nazis in Wien-Josefstadt angeschossen wurde. Proksch gehörte auch zu dieser Gruppe um Finstermann und erhielt bei dieser Gelegenheit einen harmlosen Streifschuß an der Hand.

Proksch, dessen Vater verhaftet und mit dem sog. ersten „Prominententransport“ ins KZ Dachau eingeliefert wurde, meldete sich freiwillig zur Deutschen Wehrmacht, um sich dem Zugriff der Gestapo zu entziehen, konnte aber nebenher weiterstudieren, Er war bei der berittenen Artillerie und wurde im November 1942 im Rahmen der 6. Armee vor Stalingrad schwer verletzt. Er wurde zurückgebracht und, da nunmehr frontuntauglich, in Wien bis Ende des Krieges bei der Zensurstelle für Feldpostbriefe eingesetzt.

Im Zuge der Wiederentstehung des politischen Lebens in Österreich nach dem Krieg wurden für die Interessensvertretung auch Studentenorganisationen gegründet. Aufgrund der Vorgaben der Alliierten konnten das nur solche sein, die von einer politischen Partei anerkannt wurden, Die ersten Anfänge für eine solche der ÖVP entstanden um die sog. „Peters-Platz-Gemeinde“ des Wiener Hochschulseelsorgers Karl Strobl, der auch Proksch angehörte. In der ersten Maiwoche 1945 wurde aus diesem Kreis die Freie Österreichische Studentenschaft (FÖSt) gegründet, und am 19. Mai 1945 fand die erste Plenarsitzung im Wiener Schwarzenbergpalais statt. Proksch wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt, trat aber bald wieder zurück, weil er, um das Studium zu finanzieren, arbeiten mußte. Die FÖSt ging ein Jahr später in den Wahlblock auf, 1968 fand dieser dann seine Fortsetzung in der Österreichischen Studentenunion (ÖSU) und 1982 in der Aktionsgemeinschaft (AG). Proksch stand somit am Anfang einer erfolgreichen Studentenpartei.

Nach dem Krieg beendete Proksch sein Studium und trat mit 1. November 1947 in den Dienst der Österreichischen Nationalbank. Mit 1. April 1948 wechselte er ins Bundeskanzleramt/Auswärtige Angelegenheiten und war dort zuerst im Büro des Außenministers Karl Gruber (AW) eingesetzt. Von 1949 bis 1951 war er Zugeteilter an der Österreichischen Botschaft in Rom und von 1953 bis 1956 an der in Belgrad. Die folgenden Jahre war er in Washington Botschaftsrat (erster Zugeteilter) und wieder im Außenministerium in Wien, wo er ab 1962 Leiter der Abteilung 14 wurde (zuständig für Vermögensverträge). Mit 1. Januar 1966 wurde er zum ao. Gesandten und bev. Minister (entspricht einem Ministerialrat) ernannt.

1967 wurde Proksch zum österreichischen Botschafter in Warschau ernannt. Diese Zeit war geprägt von der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 und vom Streik der Danziger Werftarbeiter Ende 1970, der blutig niedergeschlagen wurde. Daraufhin trat der polnische KP-Chef Wladyslaw Gomulka zurück. Es war dies auch die Zeit einer Verschärfung im Ostblock (Breschnew-Doktrin) und des „Kalten Krieges“. Aus diesem Grund blieb Proksch länger auf diesem Posten, nämlich über acht Jahre, was doppelt so lang als üblicherweise war. Während dieser Zeit kam es zum Durchbruch bei Restitutions- und Vermögensfragen mit Polen, und auch die Visapflicht für polnische Staatsbürger seitens Österreich wurde abgeschafft. Wegen seiner langen Zeit in Warschau war er zum Schluß Doyen des Diplomatischen Corps. Normalerweise bekam man nach einem solchen schwierigen Posten einen im befreundeten Ausland. Offenbar stand aber ein solcher gerade nicht zur Verfügung, außerdem wollte er in ein Land, wo es französische Schulen für seine Kinder gibt. So kehrte Proksch 1975 nach Wien zurück und wurde im Außenministerium Leiter der Abteilung IV/4, die für Auslandsösterreicher und Schutzmachtangelegenheiten zuständig war. Seine Stellung wurde aber bald aufgewertet, als er bereits mit 1. Februar 1976 zum stellvertretenden Leiter der Sektion IV (Rechts- und Konsularangelegenheiten) bestellt wurde.

1981 wurde Proksch zum Botschafter beim Heiligen Stuhl und beim Souveränen Malteserorden in Rom ernannt. Das war häufig eine „Belohnung“ für Katholiken zum Ende ihrer Dienstzeit im Außenministerium. In seine Amtszeit fiel im September 1983 der Besuch von Papst Johannes Paul II. in Österreich. Es war das seit 1782 (Papst Pius VI.) das erste Mal, daß ein Papst wieder in Wien war. Diesen kannte er gut aus seiner Warschauer Zeit, von ihm erhielt er das Großkreuz des Pius-Ordens. Mit Ende des Jahres 1983 ging er in den Ruhestand.

Proksch starb im 101. Lebensjahr als letzter lebender Angehöriger des ÖCV, der noch vor dem Anschluß rezipiert wurde, und wurde auf dem Hietzinger Friedhof begraben (11/55). Sein Sohn ist Christoph Proksch (AW), sein Bruder war Adolf Proksch (AW), dessen Sohn heißt auch Christoph Proksch (AW).

Quellen und Literatur:

Email von Christoph Proksch (AW), 21. 1. 2019 mit Unterlagen (u. a. Trauerrede).
Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 11. 1. 2019).
AW Facit, 36. Jg., Mai 2019, S. 16f.
Proksch, Christoph (AW): Schüsse, Verhöre, Lagerhaft… Der März 1938 als CVer, in: Österreichische Academia 69 (2018), Nr. 2 (März), S. 33–35.
Hartmann, Gerhard (Baj): Für Gott und Vaterland. Geschichte und Wirken des CV in Österreich. Kevelaer 2006, S. 526.