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BM Vors. BR LH a.D. Univ.-Prof. Dr. Anton Rintelen

BM Vors. BR LH a.D. Univ.-Prof. Dr. Anton Rintelen

Ehrenmitgliedschaften: Traungau, Babenberg Graz, Glückauf Leoben

Geboren: 15.11.1876, Graz
Gestorben: 28.01.1946, Graz
Aus dem ÖCV ausgeschlossen, Bundesminister, Nationalratsabgeordneter, Vorsitzender des Bundesrates, Landeshauptmann (Steiermark), Landtagsabgeordneter (Steiermark), Universitätsprofessor (Zivilgerichtliches Verfahren), Diplomat

Lebenslauf:

HERKUNFT UND AUSBILDUNG

Rintelen wurde als Sohn des Rechtsanwalts Anton Rintelen sen. (ehemals Cl EM) geboren. Dieser stammte wiederum aus dem westfälischen Münster und war der Sohn eines preußischen Regierungsrates. Er kam 1864 studienhalber nach Graz und ließ sich dann dort als Rechtsanwalt nieder. Er engagierte sich im katholischen Verbandswesen sowie im Politischen Katholizismus. Im Oktober 1888 wurde er Ehrenmitglied der Carolina, jedoch dann 1901 gestrichen. Der Familienname leitet sich von der Stand Rinteln (heute Landkreis Schaumburg, Niedersachsen) ab und ist in Nordost-Westfalen bzw. im südlichen Niedersachsen verbreitet.

Rintelen jr. absolvierte 1894 das II. Staatsgymnasium in Graz (Oeverseegasse) und begann danach das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz (Dr. iur. 1898). Anschließend war er zuerst Gerichtspraktikant, schlug dann in der Folge eine wissenschaftliche Laufbahn ein und habilitierte sich 1902 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz für Zivilgerichtliches Verfahren.

UNIVERSITÄRE LAUFBAHN

Bereits 1902 wurde Rintelen Supplent für dieses Fach an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der deutschen Karl-Ferdinands-Universität zu Prag und dort bereits 1903 zum ao. Universitätsprofessor für Zivilgerichtliches Verfahren sowie 1906 zum ordentlichen Universitätsprofessor ernannt. Im Studienjahr 1908/09, das vom universitären Kulturkampf geprägt war, war er Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. In dieser Zeit unterstützte er die dortigen katholischen Verbindungen Ferdinandea, Vandalia und Saxo-Bavaria. An deren Publikationskommers am 28. Oktober 1908 nahm er teil.

Mit 9. November 1911 wurde Rintelen zum o. Universitätsprofessor seines Faches an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz ernannt. Im schwierigen Umbruchjahr 1918/19 war er dort Dekan. Während des Ersten Weltkriegs war er mit einer Sondergenehmigung neben seiner Professur im Militärgerichtswesen tätig, zuerst im Reichskriegsministerium (Abteilung Militärgesetzgebung), ab 1916 beim Militärkommando Graz (Landwehrgruppe) und ab 1917 beim dortigen Landwehrdivisionsgericht (letzter Dienstgrad Landsturm-Oberleutnant-Auditor).

POLITISCHE LAUFBAHN

Da die Familie Rintelen vor 1914 im Politischen Katholizismus engagiert war, geriet Rintelen nach dem Ersten Weltkrieg in die Politik. Er wurde im November 1918 in die Provisorische Landesversammlung Steiermarks entsandt und bereits am 6. November 1918 zum Landeshauptmannstellvertreter und dann am 27. Mai 1919 zum Landeshauptmann gewählt. Darüber hinaus war er auch Landesparteiobmann der Christlichsozialen Partei der Steiermark, die er nach 1918 erst richtig organisierte. Innerhalb der Partei gehörte er zum äußerst rechten Flügel.

Als Rintelen am 25. Juni 1926 unter Bundeskanzler Rudolf Ramek (Nc) zum Unterrichtsminister ernannt wurde, trat er am selben Tag als Landeshauptmann zurück. Er war Nachfolger des bisherigen Unterrichtsministers Emil Schneider (Le), den er kritisierte und dem er u. a. vorwarf, gegenüber der Sozialdemokratie zu nachgiebig zu sein. Nachdem Rintelen bereits am 20. Oktober 1926 wieder aus der Bundesregierung ausschied, war er vorerst nur einfacher Landtagsabgeordneter. Im darauffolgenden Jahr 1927 kandidierte er zum Nationalrat, wurde gewählt und gehörte diesem vom 18. Mai 1927 bis zum 1. Oktober 1930 sowie dann vom 8. Mai 1931 bis zum 2. Mai 1934 an.

Am 23. April 1928 gelang es Rintelen, wieder zum Landeshauptmann der Steiermark gewählt zu werden, und blieb dies bis zum 10. November 1933. Zusätzlich wurde er am 20. Mai 1932 neuerlich zum Unterrichtsminister ernannt, welches Amt er unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (F-B) dann knapp mehr als ein Jahr bis zum 24. Mai 1933 bekleidete. Während dieser Zeit blieb er aber weiterhin Landeshauptmann. Darüber hinaus war er vom 1. Dezember 1920 bis zum 20. November 1923 Mitglied des Bundesrates, dessen Vorsitzender er vom 1. Juni 1923 bis zum 19. November 1923 war.

Aufgrund seiner politischen Position in der Steiermark war Rintelen ab 1925 Präsident der Steirerbank AG, von 1932 bis 1934 Präsident der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts AG (STEWEAG) sowie Mitglied des Länderkuratoriums der Versicherungsanstalt der österreichischen Bundesländer AG. Von seinen Verpflichtungen an der Universität war er als Politiker karenziert, womit er seine erfolgversprechende wissenschaftliche Karriere aufgab.

RINTELENS ZWIELICHTIGE POLITISCHE ROLLE

Rintelen bekam im Lauf der zwanziger Jahre immer mehr Kontakte zu rechtsgerichteten Kreisen, so etwa zur steirischen Heimwehr unter Walter Pfrimer, zu Ungarn und auch zu Mussolini. In der Steiermark wurde er immer mehr zu dominierenden politischen Figur, wobei auch Kritiker – wie Karl Maria Stepan (Nc) – ihm nichts anhaben konnten. Sein selbstherrliches Auftreten trug ihm den Spitznamen „König Anton“ ein.

Rintelen fühlte sich zweifellos zu Höherem berufen, was zum einen sein zweimaliger Eintritt in die Bundesregierung beweist. Zum anderen gab es im Zusammenhang mit dem Pfrimer-Putsch (Herbst 1931) Gerüchte, er wolle Bundeskanzler werden. Dollfuß entledigte sich eines Konkurrenten, indem er den aus seiner Sicht unzuverlässigen Rintelen im Oktober 1933 als österreichischen Gesandten nach Rom schickte bzw. abschob, was er dann bis Ende Juli 1934 blieb. Das förderte seine Abneigung bzw. seinen Haß auf Dollfuß, was die Kontakte zwischen ihm und Nationalsozialisten derart beförderte, daß er von den Nazi-Putschisten im Juli 1934 zum Bundeskanzler vorgesehen wäre. Rintelen traf sich mit einem von diesen am Abend vor dem 25. Juli im Hotel Imperial, wo er zum Putsch animierte.

Nach dem Scheitern des Putsches verübte Rintelen einen Selbstmordversuch, den er aber überlebte. Er wurde verhaftet und in der Folge wegen Hochverrats angeklagt. Ihm drohte eine Todesstrafe, jedoch intervenierte der damalige Justizminister Egon Berger-Waldenegg, der den steirischen Heimwehrkreisen angehörte, beim zuständigen Staatsanwalt, daß er im Prozeß so agieren solle, daß eine lebenslängliche Haft herauskommt. Dieses Urteil wurde dann am 14. März 1935 gegen Rintelen ausgesprochen, was zur Folge sein Ausscheiden aus dem Bundesdienst bedeutete. Seine Ur-Ehrenmitgliedsverbindung Traungau schloß ihn daraufhin am 23. März 1935 aus. Die anderen Ehrenmitgliedverbindungen folgten. Beachtenswert war, daß er von der Carolina kein Ehrenband erhielt, wobei die Gründe hiefür (Zufall oder bewußtes Verhalten) nicht bekannt sind. Zweifelsohne stand die erste Ehrenmitgliedschaftsverleihung durch den Traungau im Zusammenhang mit Jakob Ahrer (ehemals Trn) (siehe unten).

Im Zuge des Berchtesgadener Abkommens vom Februar 1938 wurde Rintelen kurz vor dem Anschluß amnestiert. Am 4. April traf er im Grazer Parkhotel mit Adolf Hitler zusammen. Für die Reichstagswahlen im April 1938 wurde er zwar nominiert, erhielt aber kein Mandat (so nach Agstner; andere Biographien berichten von einer Mitgliedschaft im Reichstag, was aber nicht korrekt sein dürfte). Danach lebte er zurückgezogen in Graz, wo er seine Memoiren schrieb. Nach dem Krieg war ein Prozeß gegen ihn (vor dem sog. „Volksgerichtshof“) geplant, doch bevor es dazu kam, verstarb er.

Rintelen wird als unruhiger und zu einem perfekten Intrigenspiel neigender Charakter beschrieben. Der Staatsanwalt bei dem Prozeß verwendete in Bezug auf seine Person das Eigenschaftswort „dämonisch“. Es wundert daher nicht, daß er im Mai 1921 in St. Lorenzen (Mürztal) von sozialdemokratischen Arbeitern tätlich angegriffen wurde. Sein alter ego in der Landesregierung war anfänglich der für Finanzen zuständige Landeshauptmannstellvertreter Jakob Ahrer (ehemals Trn), der dann von 1924 bis 1926 unter Bundeskanzler Ramek Finanzminister war, jedoch wegen eines Finanzskandals sein Amt zurücklegen und außer Landes gehen mußte.

Sein Bruder war Max Rintelen (KV Winfridia Graz), Professor für Deutsches Recht und Österreichische Verfassungsgeschichte in Graz.

Werke:

(Auswahl)
Berufungsgrund nach dem neuen österreichischen Zivilprozeßrecht (1901).
Die einstweilige Verfügung (1905).
Das österreichische Konkursrecht (1910).
Grundriß des Verfahrens außer Streitsachen (1914)
Erinnerungen an Österreichs Weg. Versailles, Berchtesgaden, Großdeutschland. Memoiren (1941)

Quellen und Literatur:

Zu Anton Rintelen sen. siehe Academia 14 (1901/02), 191.
Academia 21 (1908/09), 271.
Jagschitz, Gerhard: Der Putsch. Die Nationalsozialisten 1934 in Österreich. Graz 1976, 102–116 und 175f.
Binder, Dieter A.: Anton Rintelen d. Ä. und d. J., in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 9, Wien 1988, 171f.
Ableitinger, Alfred: Die Erste Republik – Erinnerung und Erfahrung, in: Die Landeshauptleute der Steiermark. Hg. von Alfred Ableitinger, Herwig Hösele und Wolfgang Mantl. Graz 2000, 23–37.
Peter Gorke: Anton Rintelen (1876–1946). Eine polarisierende steirische Persönlichkeit. Versuch einer politischen Biographie. Graz phil. Diss. 2002.
Binder, Dieter A.: Anton Rintelen der Jüngere, in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 641–642.
Bezüglich des Ausschlusses Rintelens aus dem den Traungau Mitteilung von Helmut
Haidacher (Trn) an Gerhard Hartmann (Baj), 27. 4. 2004.
Agstner, Rudolf–Enderle-Burcel, Gertrude–Follner, Michaela: Österreichs Spitzendiplomaten zwischen Kaiser und Kreisky. Biographisches Handbuch des Höheren Auswärtigen Dienstes 1918 bis 1959. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und der Österreichischen Gesellschaft für Quellenstudien. Wien 2009, 388f.
Bauer, Kurt: Hitlers zweiter Putsch. Dollfuß, die Nazis und der 25. Juli 1934. Wien 2014, bes. 31–40.
Fraydenegg-Monzello, Andreas: Landesfürst und Hochverräter. Anton Rintelen. Eine österreichische Karriere. Wien 2023.