Lebenslauf:
HERKUNFT, AUSBILDUNG UND KATHOLISCHE JUGEND
Sassmann wurde als Sohn eines Restaurantbesitzers in Wien-Favoriten und ehemaligen Dragoneroffiziers („Windischgrätz-Dragoners“) geboren. Sein Vater vermittelte ihm eine katholisch-österreichische Gesinnung und – wohl berufsbedingt – eine offene Gastfreundschaftshaltung. Sassmann besuchte die Volksschule der Schulbrüder und danach das Gymnasium in der Rainergasse (5. Bezirk). Sozialisiert und geprägt wurde er in der Katholischen Jugend seiner Heimatpfarre „Maria Königin des Friedens“.
Seine weltanschauliche Fundierung führte ihn nach dem Anschluß in den Widerstand. So war Sassmann einer der jüngsten Teilnehmer an der Kundgebung im Wiener Stephansdom am Rosenkranzfest, dem 7. Oktober 1938. Nach einem Wehrertüchtigungslager und der sog. „Kriegsmatura“ wurde er am 4. Februar 1943 zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und Anfang 1944 an die Ostfront versetzt. Bereits nach wenigen Wochen wurde er an beiden Knien und am Oberschenkel so schwer verletzt, daß er am 17. November 1944 nach einem mehrmonatigen Lazarettaufenthalt aus der Wehrmacht entlassen wurde. Er mußte noch lange nach Kriegsende auf Krücken gehen.
Bis zum Kriegsende besuchte Sassmann den Vorsemesterlehrgang an der Wiener Universität und nahm sein Engagement für die Katholische Jugend wieder auf. Nach Kriegsende begann er mit dem Studium der Geschichte und Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Dr. phil. 1949). Sein Doktorvater war Hugo Hantsch (Fd). Neben dem Studium war Sassmann am Aufbau der Katholischen Jugend beteiligt. Zu Weihnachten 1945 wurde er vom Theodor Kardinal Innitzer (NdW) zum Diözesanführer der Katholischen Jugend Wiens ernannt. Später wurde er Bundessekretär und schließlich bis 1951 Bundesführerstellvertreter der Katholischen Jugend Österreichs.
SEIN BERUFLICHER WERDEGANG
Nach seiner Promotion wurde Sassmann Redakteur der Wochenzeitung der Katholischen Jugend „Die Wende“. Der damalige Generaldirektor der Styria, Karl Maria Stepan (Nc), holte ihn am 1. September 1951 in das Unternehmen. In der Folge führten ihn verlegerische Wanderjahre nach Köln, wo er u. a. Parlamentsredakteur bei der „Kölnischen Rundschau“ und Lektor beim Verlag Kiepenheuer & Witsch war. Dort betreute er den Roman „Und sagte kein einziges Wort“ von Heinrich Böll. Mit 1. Mai 1954 war er wieder als Direktionssekretär in Graz, wo dann sein Karriereweg begann.
Im April 1959 wurde Sassmann Direktor des Zeitungsverlages. In den folgenden Jahren begannen der Aufstieg der „Kleinen Zeitung“ zur größten Bundesländerzeitung Österreichs und damit auch der wirtschaftliche Erfolg der Styria. In diese Zeit fiel auch das führende Engagement der „Kleinen Zeitung“ beim Rundfunkvolksbegehren (1965). Bereits 1964 zum Zentraldirektor ernannt, übernahm Sassmann dann am 1. Mai 1968 die Generaldirektion von Karl Maria Stepan. Diese Funktion bekleidete er bis zu seinem Ausscheiden am 31. Dezember 1994 durch 26 Jahre und acht Monate.
In diesen Jahren prägte Sassmann als Zeitungs- und Buchverleger durch seine besondere Persönlichkeit das Unternehmen in katholischer Offenheit und führte es zu Erfolgen. So zählte die Styria bereits in den siebziger Jahren zu den 100 größten Wirtschaftsunternehmen Österreichs. Diese Jahre waren auch geprägt vom steirischen Zeitungskampf („Kronen-Zeitung“) und vom Versuch, die damals noch renommierte Wiener Tageszeitung „Kurier“ zu retten, indem zwischen 1972 bis 1974 die Styria dort die Geschäftsführung übernahm. Sassmann konnte 1973 Hubert Feichtlbauer (Kb) als Chefredakteur für den „Kurier“ gewinnen. Verschiedene Umstände, wobei der ÖVP-Politiker Leopold Helbich (Nc) eine nicht ganz durchsichtige Rolle spielte, konnten letztlich die „Elefantenhochzeit“ zwischen „Kurier“ und „Krone“ (Mediaprint) nicht verhindern.
Das Anliegen Sassmanns bzw. der Styria war es immer gewesen, die Meinungsvielfalt in Österreich zu sichern. Dazu gehörte auch das Bemühen, die Styria frei von Beteiligungen zu halten. Das wurde durch eine gesunde Finanzpolitik im Hause unterstützt. Unter seiner Führung wurde die Styria zum größten katholischen Medienunternehmen des deutschsprachigen Raums. Erst Mitte der achtziger ging dieser Rang durch den raschen Aufstieg der Augsburger Weltbild-Gruppe verloren. Bemühungen Sassmanns, mehr Synergien mit anderen katholischen Verlagen Österreichs zu erreichen, scheiterten an manchen Engstirnigkeiten.
Sassmann bzw. die Styria engagierten sich ab 1976 bei der Rettung der von Friedrich Funder (Cl) gegründeten Wochenzeitung „Die Furche“, für die 1978 als Chefredakteur Hubert Feichtlbauer (Kb) gewonnen werden konnte, und dann 1991 der renommiertesten österreichischen Tageszeitung „Die Presse“. Daß ein über viele Jahrzehnte hindurch liberales und gar nicht kirchenfreundliches Blatt von einem katholischen Verlag übernommen wurde, stellt eine besondere historische Pikanterie dar.
Sassmann engagierte sich in vielen Branchen-Verbänden. Von 1970 bis 1974 war er Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungsherausgeber, von 1969 bis 1979 war er Präsident des Verbandes Katholischer Publizisten Österreichs. 1980 wurde er zum Präsidenten der Weltunion der Katholischen Presse (UCIP) gewählt, welche Funktion er bis 1986 ausübte. Nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben war er noch Organisator des Weltkongresses der UCIP in Graz.
Sassmanns Nachfolger für vier Jahre als Generaldirektor der Styria wurde der Professor an der Technischen Universität Graz, Reinhard Haberfellner (BbG). Danach wurde die Styria einem Umorganisationsprozeß unterworfen, der zum einen zwar den strukturellen Veränderung im ökonomischen wie im Medien-Bereich geschuldet war. Zum anderen glaubte man, nach der langen Ära Sassmann schon aus diesem Grund Änderungen durchführen zu müssen. Letzteres zeichnete sich schon in den letzten Jahren seiner Amtszeit ab, was dann zu menschlich betrüblichen Konflikten innerhalb des Unternehmens bzw. mit den Eigentümervertretern (Katholischer Preßverein in der Diözese Graz-Seckau) führte. Der Bruch der bisherigen jahrzehntelang gepflogenen besonderen Unternehmenskultur in der Styria wurde dann vor allem ab 1998 deutlich.
SASSMANN UND DER CV
Der spätere Finanzminister Wolfgang Schmitz (Nc) wollte Sassmann bereits 1945 zum CV keilen. Wegen des Studiums und seines Engagement in der Katholischen Jugend kam es aber nicht dazu. Nun war die Steiermark ein „klassisches“ KA-Land, wo der CV nur eine untergeordnete Rolle spielte und von Exponenten der Katholischen Aktion oftmals angefeindet wurde. Sassmann hielt sich hier bewußt zurück, und in innerbetrieblichen Konflikten Ende der sechziger erfuhr er Loyalität von CVern. Das führte dann schlußendlich zur ersten Ehrenmitgliedverleihung im Juni 1972 (Couleurname Dr. cer. General), dem in der Folge weitere hinzukamen.
Im Herbst 1978, im Vorfeld der steirischen Landtagswahlen, erschien in der „Kleinen Zeitung“ eine Wahlkampfanzeige der SPÖ, in der es u. a. hieß: „In einer übermächtigen ÖVP wäre auch Landeshauptmann Niederl kein Garant dafür, daß Scharfmacher und CVer in machtpolitischem Übermut die Gesprächsbasis mit den Sozialdemokraten und den Vertretern der Arbeitnehmer zerstören.“ Bedeutsam war nun, daß dieses Inserat in einer Zeitung eines katholischen Verlags mehrmals erschienen ist, obwohl von den zuständigen Organen des Preßvereins genaue Richtlinien für die Annahme von Wahlinseraten erlassen wurden, wonach dieses Inserat nicht hätte aufgenommen werden dürfen. Sassmann hat die Zurückziehung des Inserates verfügt. Diese Maßnahme wurde jedoch von der Redaktion bzw. vom Chefredakteur Fritz Csoklich als Gefahr für die unabhängige Linie des Blattes angesehen. Diese vorerst nur betriebsintern geführte Diskussion wurde in der Folge öffentlich bekannt, wobei auf die personelle Verflechtung Katholischer Preßverein – Katholische Aktion – Landes-VP hingewiesen wurde. Der Obmann des Preßvereines riet Sassmann, das Inserat weiter erscheinen zu lassen.
Das Inserat der SPÖ hatte begreiflicherweise im steirischen CV große Empörung ausgelöst. Der damalige Vorsitzende des steirischen Altherrenlandesbundes des ÖCV, Walter Holzer (Rd), protestierte beim Obmann des Preßvereins. Auch die Verbandsführung des ÖCV beschäftigte sich mit diesen Vorfällen, die eine gewisse Symptomatik der manchmal überschwenglich gepriesenen „Steirischen Breite“ widerspiegelten.
In den siebziger Jahren propagierte Sassmann – enttäuscht von der politischen Situation in Österreich ab 1970 – die Errichtung eines Nationalkomitees in Anlehnung an das Zentralkomitee deutscher Katholiken, wobei er dabei auch vom CV unterstützt wurde. Vertreter der Katholischen Aktion hingegen lehnten diesen Vorschlag vehement ab.
In seiner Ära war auch eine Reihe von CVern im Unternehmensbereich der Styria tätig, wie z. B. Wolfgang Auner (Trn), Hubert Feichtlbauer (Kb), Gerald Grinschgl (Cl), Gerhard Hartmann (Baj), Karl Hans Haysen (Nc) und Kurt Vorhofer (Nc). Sassmann wurde am 14. Dezember 1988 der ÖCV-Ehrenring verliehen – bislang als einzigem Ehrenmitglied einer ÖCV-Verbindung.
Sassmann war ein häufig geladener und gern gehörter Redner bei CV-Veranstaltungen. Er gehörte auch zu jener immer seltener werdenden Spezies von Menschen im mittleren und auch fortgeschrittenen Alter, die sich in einer geselligen Runde vom Uhrzeiger nicht irritieren ließen und oft bis zum Schluß, manchmal sogar darüber hinaus, blieben. Mit seinem kräftigen Bariton war er der Mittelpunkt so manchens Inoffiziums. Unvergeßlich dabei blieb immer seine Solodarbietung der Prinz Eugen Ballade von Ferdinand Freiligrath mit der Melodie von Carl Loewe.
Sassmann war wohl eine der bedeutendsten Gestalten des österreichischen Katholizismus des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts. In seiner beruflichen Stellung verband er in herausragender Weise ökonomischen Sachverstand mit einer offenen Intellektualität, wie man es im deutschsprachigen Verlagswesen heute kaum mehr findet. Er war auch ein höchst musischer und im besten Sinne des Wortes geselliger Mensch. „Bis zuletzt blieb er offen für alles Neue und zum Gespräch bereit, eines der raren Beispiele eines katholischen Intellektuellen.“ (Dieter A. Binder)
Sassmann war ihm ein wohlverdienter Ruhestand nicht vergönnt. Nach einem intensiven Berufsleben war er offenbar nicht imstande, den notwendigen Abstand zu finden. Das und der Umstand, daß man ihn wohl als Kettenraucher bezeichnen konnte, führten dazu, daß er von einer heimtückischen Krankheit heimgesucht wurde, der er zwei Wochen vor seinem 73. Geburtstag erlag. Er wurde auf dem Friedhof von St. Johann bei Herberstein (Steiermark), seinem Tusculum, beigesetzt.
Werke:
Hic et nunc. Hanns Sassmann Reden. Ausgewählt und herausgegeben von Maximilian Liebmann (Cl) und Dieter A. Binder (1994)Betrachtungen über die Kultur des Weintrinkens (2000, posthum).
Quellen und Literatur:
Hanns Sassmann zum 60. Geburtstag. Festgabe des Hauses Styria. Hg. von Maximilian Liebmann (Cl) und Dieter A. Binder (1984).Csoklich, Fritz: In memoriam Hanns Sassmann, in: Geschichte und Gegenwart 16 (1997), S. 131–134.
Binder, Dieter A.: Hanns Sassmann, in: Faszinierende Gestalten der Kirche Österreichs. Hg. von Jan Mikrut. Band 8. Wien 2003, S. 291–296