Lebenslauf:
HERKUNFT UND AUSBILDUNG
Resch wurde als Sohn eines Glasermeisters geboren und besuchte in Wien-Hernals die Volks- und Bürger(Haupt)schule. Danach erlernte er im Betrieb seines Vaters zuerst das Glaserhandwerk, wo er früh die Nöte der arbeitenden Bevölkerung kennenlernte. Mit dem Wunsch, Priester zu werden, trat er später in das Knabenseminar Hollabrunn ein und absolvierte dort 1901 das Gymnasium.
Da sich Resch doch nicht für den Priesterberuf geeignet fühlte, begann er 1901 das Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (abs. iur. 1905, Dr. iur. 1907). Nebenher besuchte er Kurse für Versicherungstechnik, Sozialhygiene, Unfallverhütung und Unfallheilkunde. Ebenso erwarb er eine Lehrbefähigung für Kurzschrift. Bereits während seines Studiums trat Resch Ende 1903 in den Dienst der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt, wo er 1923 zum Direktorstellvertreter und dann 1933 zum Direktor aufstieg. Bereits 1929 wurde ihm aufgrund dieser Funktion der Titel Hofrat verliehen.
Seit 1911 war Resch publizistisch auf den Gebieten des Arbeiterschutzes und der Sozialversicherung aktiv. Ebenso fand er den Weg zur Christlichsozialen Partei, wo er bald zu einem Experten in diesen Fragen avancierte, und zu den Christlichen Gewerkschaften. Auch war er im Katholischen Volksbund vor allem als Referent aktiv tätig. Im Ersten Weltkrieg mußte er nicht einrücken.
SOZIALPOLITIKER DER CHRISTLICHSOZIALEN
Aufgrund seiner Fachkenntnisse wurde Resch auf Empfehlung der Christlichen Gewerkschaften am 1. November 1918 als Unterstaatssekretär (entsprach einem heutigen Staatssekretär) des Staatsamtes (Ministerium) für Soziale Fürsorge in die Provisorische Staatsregierung Karl Renner berufen. Dieses Amt übte er bis zum 15. März 1919 und dann vom 4. April 1919 bis zum 24. Juni 1920 sowie vom 7. Juli 1920 bis zum 20. November 1920 aus. Aufgrund seiner politischen Position kandidierte Resch bei den Wahlen für die Konstituierende Nationalversammlung und den Nationalrat, denen er vom 4. März 1919 bis zum 20. November 1923 angehörte.
Bei der ersten Bundesregierung unter Bundeskanzler Michael Mayr (AIn EM) wurde er am 20. November 1920 zum Bundesminister für Soziale Verwaltung bestellt und übte dieses Amt bis zum 21. Juni 1921 aus. Auf seine Initiative wurde damals das Hausgehilfinnengesetz beschlossen. Dann war er wieder vom 20. November 1924 bis zum 26. September 1929, vom 4. Dezember 1930 bis zum 15. April 1931, vom 20. Juni 1931 bis zum 11. März 1933 sowie vom 14. Mai 1936 bis zum 11. März 1938 Bundesminister für soziale Verwaltung. Resch bekleidete dieses Amt unter den Bundeskanzlern Michael Mayr (AIn EM), Rudolf Ramek (Nc), Ignaz Seipel (Nc EM). Ernst Streeruwitz, Otto Ender (AIn), Karl Buresch (Wl EM), Engelbert Dollfuß (F-B) und Kurt von Schuschnigg (AIn).
Zusammengerechnet war Resch insgesamt neun Jahre und knapp mehr als vier Monate Sozialminister. Durch seine insgesamt lange Amtszeit prägte er die Sozialpolitik Österreichs der Zwischenkriegszeit wie kein anderer. Es war dies die drittlängste Amtszeit als Sozialminister in der bisherigen Geschichte Österreichs. Vor ihm liegen die SPÖ-Sozialminister Anton Proksch und Karl Maisel nach 1945. Er „verband hohe fachliche Qualitäten mit politischen Fähigkeiten und prägte durch mehr als 15 Jahre das sozialpolitische Geschehen in Österreich. In seinen Publikationen bemühte er sich vor allem, die noch neue Institution der Sozialversicherung bekannt und verständlich zu machen.“ (Theodor Tomandl [AW])
In seiner Amtszeit wurde eine Reihe von Gesetzesvorhaben vor allem im Bereich der Sozialversicherung verwirklicht (z. B. Angestelltenversicherungsgesetz 1926, Krankenkassenorganisationsgesetz 1927). Allerdings waren den Bemühungen von Resch aufgrund der Währungssanierung (Ausgabenreduzierung) und der wirtschaftlichen Krisensituation der damaligen Jahre Grenzen gesetzt.
Bei den Christlichsozialen gab es immer einen Flügel, der sich der Gründungsidee dieser Partei verpflichtet fühlte und sich der Arbeiter anzunehmen versuchte. An der Spitze dieser Personen ist zweifellos der christliche Arbeiterführer Leopold Kunschak (Nc EM) zu nennen. Dazu zählten aber auch der christliche Gewerkschaftsfunktionär Franz Hemala (Nc) und vor allem Resch. In diesem Zusammenhang war er u. a. auch um eine Wiederherstellung einer Großen Koalition bemüht und hatte gute Kontakte zur Sozialdemokratie und den Gewerkschaften.
DIE JAHRE 1933 BIS 1939
Im Februar 1934 wurde Resch zum außerordentlichen Regierungskommissar für die Arbeiter- und Unfallversicherungsanstalten in Wien, Graz und Salzburg bestellt. Im Mai 1935 übernahm er das Amt eines Präsidenten des Reichsverbandes der Sozialversicherungsträger. Ab 1935 war er auch Generalrat der Österreichischen Nationalbank. Ab 1929 hatte er auch einen Lehrauftrag für Sozialpolitik an der Hochschule für Welthandel. 1931 habilitierte er sich als Privatdozent für Sozialverwaltung und Sozialpolitik an der Technischen Hochschule Wien und erhielt 1937 den Titel eines ordentlichen Hochschulprofessors.
Obwohl Resch wegen der verfassungsrechtlichen Entwicklung nach der sog. „Selbstausschaltung des Nationalrats“ im März 1933 sein Ministeramt zurücklegte (da seiner Meinung nach in dieser Epoche ein „neuer Mann“ wirken müsse), blieb er loyal gegenüber dem „Ständestaat“. So wurde er mit 1. November 1934 zum Mitglied des Staatsrates bestellt. Dieser wählte ihn zum einen zum Ersten Vizepräsident und zum anderen am 27. November 1934 zum Mitglied des Bundestages. Diese Funktionen ruhten ab dem 14, Mai 1936 aufgrund seiner neuerlichen Ernennung zum Bundesminister. Ende 1937 unterbreitete Resch der illegalen Sozialdemokratie das Angebot von freien Wahlen in der Einheitsgewerkschaft, um deren Koalitionsbereitschaft zu testen.
Resch litt seit 1936 an Darmkrebs, wovon er vorerst keine Kenntnis hatte. Anfang Februar 1938 wurde diese Krankheit akut, und er mußte sich ins Krankenhaus (Klinik Prof. Wolfgang Denk) begeben, wo er den Anschluß im März erlebte. Dieser Aufenthalte bewahrte ihn von der Verhaftung, die er wegen seiner politischen Positionen (Minister) und auch seiner Mitgliedschaften im CV hätte erleiden müssen. Prof. Denk verweigerte entschieden seine Auslieferung aus medizinischen Gründen. Vom Krankenhaus aus suchte er am 6. April 1938 um Versetzung in den Ruhestand an, dem mit 1. Mai stattgegeben wurde. Doch nachträglich wurde er wegen seiner politischen Funkionen in der „Systemzeit“ und u. a. auch wegen seiner Mitgliedschaft im CV im Juli 1938 fristlos entlassen sowie die Kürzung seiner Pension auf die Hälfte verfügt. In seiner Wohnung wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt.
Resch und seine Frau lebten bescheiden. Einen Teil seiner Einkünfte widmete er Bedürftigen. Außerdem unterstützte er die Renovierungen der Lourdes-Grotten in Maria Enzersdorf sowie in den Pfarrkirchen von Hinterbrühl sowie von Maria Lanzendorf. Er gehörte seit seiner Jugend dem III. Orden des hl. Franziskus an. Seit 1934 hatte er auch das Amt eines „Syndicus apostolicus“ des Franziskanerordens inne. Seine Ehe blieb kinderlos – nach Aussagen Dritter führte er eine sog. „Josefsehe“ – , nahm jedoch nach dem Ersten Weltkrieg zwei kleine Schwestern aus Ungarn (entfernte Verwandte) als Ziehtöchter auf.
Anfang 1939 wurde Resch in das Krankenhaus zum „Göttlichen Heiland“ (Wien-Hernals) überstellt, wo er nach insgesamt 14-monatigem Krankenhausaufenthalt seinem Krebsleiden erlag. Nach einem feierlichen Requiem in der Franziskanerkirche Wien-Innere Stadt wurde er nach Hinterbrühl (Niederösterreich, damals jedoch Groß-Wien) überführt, wo er und seine Frau ein Haus besaßen, und am dortigen Friedhof bestattet. Am Begräbnis nahm Altbundespräsident Wilhelm Miklas (AW EM) teil. Nach Resch wurde in Wien-Hernals ein Platz benannt.
Sowohl in der ersten Auflage von „Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45“ (1988, siehe unten) wie auch in Gertrude Enderle-Burcel „Christlich–ständisch–autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–1938“ (1991) wird angegeben, daß Resch nach dem Anschluß verhaftet worden und im Gefängnis verstorben sei. Dies ist nicht richtig, wie vorhin dargestellt.
„Farbe tragen“ beruft sich dabei auf Fried, Nationalsozialismus und katholische Kirche (S. 78, siehe unten), wo erwähnt wird, daß Resch im Gefängnis an mangelnder medizinischer Behandlung verstorben sei. Da es auch im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) und auch sonstwo keine Hinweise auf eine Verhaftung gibt, ist anzunehmen, daß der Hinweis bei Fried auf einem Irrtum beruht. Möglicherweise hat dieser seine Ursache in dem Umstand, daß Resch während des Anschlusses im Krankenhaus lag.
Werke:
AuswahlDer gesetzliche Arbeiterschutz in Österreich (1911, 3. Aufl. 1927).
Die Unfallversicherung in Österreich (1917).
Das Wohnrecht in Österreich (1923, 9. Aufl. 1929).
Die Krankenversicherung in Österreich (1925).
Die Arbeiter-Unfallversicherung in Österreich (1925, 2. Aufl. 1929).
Die Arbeitslosenversicherung in Österreich (1926).
Grundzüge der Finanzwissenschaft und der österreichischen Abgaben (1934).
Einführung in die Sozialversicherung (1935, 2. Aufl. 1936).
Die gewerbliche Sozialversicherung (1935, 3. Aufl. 1938).
Die Volkswirtschaftliche Bedeutung der Sozialversicherung (1935).
Quellen und Literatur:
Fried, Jakob: Nationalsozialismus und katholische Kirche in Österreich. Wien 1947, S. 78.Coulon, Rainer: Dr. Josef Resch, Sozialminister. Versuch einer Biographie. Seminararbeit bei Univ.-Prof. Dr. Ludwig Jedlicka, Sommersemester 1965. Universität Wien, Philosophische Fakultät. Typoskript (Kopie im Besitz des Verfassers).
Holik, Johanna: Sozialminister Dr. Josef Resch (1880–1939). Ein Beitrag zur Sozialgeschichte der Ersten Republik. Wien 1986 (Als Manuskript vervielfältigt), bes. 1–7.
Farbe tragen, Farbe bekennen. 1938-1945. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz u. a. Wien 1988.
Thomandl, Theodor (AW): Josef Resch, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Band 9, Wien 1999, S. 84f.
Enderle-Burcel, Gertrude: Christlich–ständisch–autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–1938. Biographisches Handbuch der Mitglieder des Staatsrates, des Bundeskulturrates, des Bundeswirtschaftsrates sowie des Bundestages. Unter Mitarbeit von Johannes Kraus. Hg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und der Österreichischen Gesellschaft für Quellenstudien. Wien 1991, S. 198f.
Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Hg. von Herbert Fritz und Peter Krause (Rt-D). Wien 2. wesentlich verb. Aufl. 2013, S. 487.
Steiner, Günther: Sozialversicherung unter dem Primat der Wirtschaft. Sozialminister Josef Resch und die österreichische Sozialversicherung 1918–1938. Studie im Auftrag des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherung. Wien 2014. – Besprechung dieses Buches von Georg Schmitz (Nc) in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich. Neue Folge 81 (2015), erschienen 2016, S. 354f.